Dienstag, 29. Juli 2008

Australien: Roadtrip Lakefield Nationalpark via Lakeland und Savannah Highway

Vorsichtiges Fahren war am heutigen Morgen angesagt mit dem Ziel ohne eine weitere Panne den Lakefield Nationalpark hinter uns zu lassen. Unsere erste Priorität war es, irgendwo einen Occasions-Reifen als Ersatzreifen zu kaufen. Wenn man sich in Australien auf alternative Routen begibt, sollte man auf jeden Fall einen, besser zwei, dabei haben. Das erste Dörfchen  nach dem Verlassen des Nationalparks ist wie schon im vorhergehenden Bericht erwähnt Musgrave. Musgrave ist ein Durchgangsdorf zur Spitze von Cape York und ist die Drehscheibe für den Einkauf von Proviant und Benzin. Von hier aus sind es noch ca. 500 km bis an die Spitze. Wir hielten uns hier kurz auf, entsorgten unseren kaputten Reifen und machten uns auf den Weg in die nächst grössere Stadt Laura.

Unsere geplante Route wäre aber ganz anders verlaufen. Wir wollten 24km südlich von Musgrave auf eine alternative Route einschlagen, welche sich bis nach Dunbar erstreckt. Von dort aus wollten wir auf der 4WD Strecke "Savannah Way (alternate Route)" zum 258km entfernten Dörfchen Normanton gelangen. Aber seit Tagen war die Strecke zwischen Dunbar und Normanton geschlossen und wir bekamen nirgends korrekte Infos darüber, wann die Strecke wieder geöffnet würde. Von Musgrave aus bis nach Normanton über die die 4WD Strecke sind es 488 km. Wir waren wegen der bis auf weiteren Schliessung der Strasse nun gezwungen über Lakeland / Mareeba / Ravenshoe / Mount Surpise über den Savannah Highway nach Normanton zu fahren, was sich über eine Strecke von 1034 km hinauszieht. Das ist ein lästiger Umweg von 546 km oder eine Tankfüllung oder AUD $ 150.00!  Dieser Umstand hat uns doch sehr geärgert, zumal wir uns mit der alternativen Route fast eine ganze Tankfüllung hätten ersparen können und weil diese Route sicherlich interessanter gewesen wäre. Nun, zum Meckern blieb keine Zeit übrig und wohl oder übel nahmen wir diesen Umweg in Kauf und machten uns von Musgrave aus Richtung Laura auf die Suche nach einem passenden Ersatzreifen. Im verschlafenen Dörfchen von Laura – von hier aus kann man den Split Rock anschauen – machten wir nicht all zu langen Halt. Wir erkundigten uns nach einem Ersatzreifen, jedoch standen nur neue Reifen für AUD $ 200.00 zum Kauf. Mit auf dem Weg bekamen wir den Tipp in Lakeland bei Chris vorbeizuschauen, er sei "The Man", was Autoteile anbelange. Bis auf Lakeland waren es weitere 62 km und wir machten uns auf den Weg dorthin. Unterwegs fragten wir noch bei lokalen Geschäften an, ob sie ein Gebrauchtreifen zum Verkauf hätten, leider war für unseren Landcruiser nichts dabei, jedoch auch hier erhielten wir den Rat, bei Chris vorbeizuschauen. Chris the Swiss, wie wir dann herausgefunden haben, scheint in einem Umkreis von über 200 km einen super Ruf zu haben. Eigentlich ist er zwischen Cairns und der kompletten Cape York Halbinsel als der Mechaniker von Dieselmotoren und 4WD Autos bekannt.

In Lakeland angekommen, tankten wir erst wieder Mal unseren Tank voll und erkundigten uns über den Wohnort von Chris. Er wohnt zusammen mit seiner Frau Rösli, ebenfalls Schweizerin, 8 km südlich von Lakeland Richtung Mareeba und hat sich vor über 10 Jahren hier Land gekauft und sich eine Existenz aufgebaut. Er führt eine sehr moderne und typisch schweizerisch aufgeräumte Garage, die man so in ganz Australien vermutlich nicht mehr finden würde, und seine Frau arbeitet mehrheitlich draussen im Feld. Die beiden züchten nebenbei erfolgreich … & Passionsfrüchte, die bei gelangter Reife an spezielle BIO-Läden in Melbourne, Sydney und Brisbane verkauft werden. Während sich Roberto mit Chris über das Auto unterhielten, nahm mich seine Frau mit auf einen kleinen Rundgang um die Felder. Wir kauften schlussendlich bei Chris einen neuen Reifen für AUD $ 185.00. Er meinte, dass man hier in der Gegend sich gar keine Mühe machen müsse, einen Gebrauchtreifen finden zu wollen. Die Vorschriften diesbezüglich seien in den letzten Jahren sehr strikt geworden und sogar er als Garageführer bekäme vom Händler keine Gebrauchtreifen mehr über. Es gibt Vorschriften bezüglich der Profilabnutzung und diese Regelung steht für die Sicherheit der Strassen. So gaben wir das Geld für einen neuen Reifen aus und sind nun wieder auf der sicheren Seite, wenn es wieder Mal eine Panne geben sollte. Chris erläuterte uns noch, dass das Business mit der Garage nicht mehr so gut laufe wie in den guten alten Zeiten. Seine Theorie dafür sind zwei Faktoren: der Alkohohlverbot, der vor ein paar Jahren auf der Cape York Peninsula erhoben wurde und dass das Fischen an vielen Orten limitiert wurde. Es seien nicht mehr so viele Leute in dieser Gegend unterwegs wie früher. Das mag wohl sein, aber nach wie vor ist Chris auf der ganzen Cape York Peninsula bekannt und die Anlaufstelle überhaupt. Als wir eine andere Person auf dem Caravanpark nach Chris fragten und ihm erzählten, dass er nicht mehr so viel arbeite, meinte der nur: er kenne ihn ja eigentlich nur seit kurzem und weiss gar nicht, wie er ein Mensch ein noch grösseres Pensum an Arbeit als das heute bewerkstelligen kann. Wieder einmal eine kleine Diskrepanz zwischen dem, was die Einheimischen unter Arbeit verstehen und was wir Schweizer darunter verstehen. Kurz bevor wir uns auf die Weltreise begaben, lasen wir noch in der Zeitung die Statistiken der durchschnittlich geleisteten Überstunden per Capita in der Schweiz und wie wir mit grossem Abstand die Spitze halten; wir werden diese Statistik wohl etwas gegen unten korrigieren.

Da es nun bereits Abend war, entschieden wir uns im Caravanpark in Lakeland zu übernachten und bezahlten AUD $ für eine "powered site". Glücklicherweise waren wir nur für eine Übernachtung in diesem Caravanpark. Ich wäre lieber im Outback irgendwo im Gebüsch auf die Toilette gegangen als auf diese! Überall hingen irgendwelche Viecher herum und während meiner Dusche bekam ich Besuch von zwei Kakerlaken. Ich mag diese herumkrabbelnden Viecher einfach überhaupt nicht und werde mich wohl nie an sie gewöhnen.

Am nächsten Morgen machten wir uns dann auf den Weg auf die Savannah Way, welche zumindest in Theorie von Cairns bis nach Broome führt, zumindest aber den Pazifik mit dem indischen Ozean bei Normanton verbindet. Während der Fahrt waren wir ziemlich alleine auf der Strasse bzw. mit der Geschwindigkeit mit der wir unterwegs waren, konnten die Wohnmobile nicht mehr mithalten. Bis auf eine Ausnahme. Wir überholten ca. 50 km vor Mount Surprise einen roten Sportswagen mit einer Dame am Steuer und hatten sie ab diesem Zeitpunkt immer dicht hinter uns. Unglaublich, wie sie auf einmal Gas geben konnte, als sie überholt wurde :). Auf jeden Fall leistete sie gute Arbeit und holte uns immer wieder ein. Sie muss also zwischenzeitlich über 150 km/h gefahren sein. In Mount Surprise gönnten wir uns einen Burger und nach ca. 5 Minuten kam ein älteres Pärchen auf uns zu und die Dame fragte uns: "Are you the driver of this car" auf unseren Landcruiser zeigend. Roberto meinte dazu, ob sie die Dame sei, die wie eine Verrückte gefahren sei und sie meinte nur: "I always tried to catch up with you guys". Sie war wirklich eine sehr witzige Persönlichkeit und musste bestimmt so um die 60-65 Jahre alt sein und in ihrem früheren Leben eine Raserin gewesen sein :). Die beiden sind einfach Mal so 500km gefahren, um ein paar Freunde zu besuchen. Die Distanzen in Australien sind einfach enorm. Wir fahren im Moment sozusagen täglich die Distanz von Zürich-Genf. und zurück. Wenn es mal eine Strecke von 200 km zu fahren gibt, ist das ein "piece of cake":).

So fuhren wir der Savannah Highway entlang bis nach Normanton und kamen dort kurz vor Dunkelheitseinbruch an und liessen unseren Wagen voll tanken. Von hier aus führt eine 4WD Strecke (immer noch die Savannah Way) via Borroloola nach Darwin. Da Roberto noch ziemlich fit war, entschieden wir uns noch bis in das 383 km entfernte Städtchen Cloncurry zu gelangen. Der heutige Tag stand also voll im Zeichen des Fahrens und Vorwärtskommens. Es war auch das erste Mal, wo wir gefahren sind und ich möchte diese Tat ungern wiederholen. Die Strecke zwischen Normanton und Cloncurry auf der Burke Development Route war am Abend voll mit herumhoppelnden Kängurus. Und das auf einer Strecke von über 300 km. Die Kängurus können von gut Glück reden, dass Roberto ein sehr vorsichtiger Fahrer ist und eine gute Reaktionsgeschwindigkeit besitzt. Nach unserer Zählung sind knapp 34 Kängurus dem sicheren Tot entkommen, weil wir ausgewichen sind oder abgebremst haben (Anmerkung von Roberto: ich hätte eigentlich bei keinem angehalten, aber Sebnem zu liebe wollte ich kein Massaker veranstalten). Eines hat es dann leider doch nicht geschafft. Roberto hat von Weitem vier die Strasse überquerende Kängurus gesehen und stark abgebremst. Drei der Kängurus sind im Gebüsch verschwunden. Das eine blieb stehen, hoppelte einmal rechts, dann links und dann auf unser Auto zu, welches immer noch mit etwa 40km/h unterwegs war und gut 2.5 Tonnen wiegt. Impulserhaltung lehrt uns Masse mal Geschwindigkeit im Quadrat durch zwei für die Energie, den Rest kann man sich denken bei einem Massenunterschied von 1 zu 50. Es tut mir extrem Leid für das Känguru, aber das scheint hier in Australien kein grosses Dilemma zu sein. An den Strassen liegen sie zu Dutzenden tot herum und werden von den Vögeln gänzlich eliminiert. Ein Lastwagen oder Lastzug nimmt hier überhaupt keine Rücksicht und fährt einfach die Strasse entlang ohne Rücksicht auf Verlust. Ich mag die Kängurus wirklich sehr gerne, aber wenn sie einfach auf die Strasse rennen und sich nicht entscheiden können, wohin genau, da kann ich nur sagen, was für ein dummes Vieh das ist. Man weiss nie, ob jetzt von irgendwoher ein Känguru auf die Strasse hoppelt und somit ist das Fahren für mich in der Nacht abgehackt. Roberto ist sich das von früher her gewohnt und ihm scheint das Umfahren von Kängurus nicht so sehr zu beschäftigen. Das angefahrene Känguru hat uns auch mit einem neuen Defekt beschert. Eine der vorderen Lampen ist defekt. (((((Der Kopf des ziemlich grossen Kängurus wurde durch die Bullbar gezwängt und hat eines der Spotlichter getroffen und es wurde dadurch ziemlich beschädigt; ansonsten gab es nicht den kleinsten Kratzer am Auto. )))))Hätte man nicht den dumpfen Bums gehört und das Känguru etwa 10 Meter weit weg schleudern sehen, hätte man nicht einmal gewusst, dass man etwas angefahren hat. Das gibt einem auch zu denken, wenn man mit so einem schweren Gefährt unterwegs ist, das ab einer gewissen Geschwindigkeit einfach durch alles durchfährt wie ein Panzer. Wir haben ja mit unserem Landcruiser schon öfters neue Strassen durch das Gebüsch gebaut; man stelle sich vor, für einen kurzen Moment nicht alles zu sehen auf einem Parkfeld oder bei einer Strassenüberquerung und man trifft einen Menschen.

In Cloncurry wechselten wir auf die Barkly Highway und fuhren noch ca. 30 km Richtung Mount Isa bis wir einen Ausruhplatz fanden und dort die Nacht verbrachten. Die Nacht war hier im Outback ziemlich kalt und wir froren uns den Arsch ab. Puhhh, heute sind wir von Lakeland über die Savannah Highway bis nach Cloncurry gefahren. Das ist eine Strecke von 1246km. Leider war unser Auto auch nicht mehr im besten Zustand, denn die lange Strecke praktisch ohne Halt hatte ihm ziemlich zugesetzt und der Riss im Ansaugschlauch des Turbos wurde zu einem grossen Loch, welches wir nun mit Elektrikklebeband abzudichten versuchen. Zudem überhitzte unser Motor ein wenig, denn die komplette Kühlflüssigkeit war aus dem Reservoir verschwunden und kam auch nach dem Abkühlen nicht mehr zum Vorschein. Des Weiteren hatten wir ein ernstes Problem mit dem Luftansaugmechanismus über den Luftfilter und ein übles Problem mit der Getriebepumpe. Leider hat Roberto das erst später richtig entdeckt und so kam es, dass der Motor im Turbobetrieb über 3700 U/min einfach abschaltete; nichts wirklich Erfreuliches, wenn man sich mit 110 km/h auf dem Highway befindet. Zum Glück hat Roberto jedoch das Haynes Toyota Landcruiser Repair and Maintenance Handbuch gekauft, wo man, gegeben genügend Zeit, alles über dieses Auto herausfinden kann. Darwin ist immer noch über 1600 Kilometer entfernt.

Viele Fotos gibt es zwar nicht von unserer Durchreise, aber die ein paar wenigen wollten wir Euch natürlich nicht vorenthalten: