Am Morgen sind wir in Bulls abgefahren Richtung Taupo. Auf der Fahrt dorthin haben wir die Werbung des "Gravity Canyons" gesehen und wir sind spontan der Anzeige gefolgt. Nach 15 minütiger Fahrt kamen wir bei der Gravity Canyon, Tel. (gratis): 0800 802 864 , Taihape, an und erkundigten uns über die angebotenen Aktivitäten. Zur Auswahl standen: Bungy Jump (von einer 80 Meter hohen Brücke), Tandem Swing (80m), Flying Fox (170m / 160kmh). Wir entschieden uns für einen Solo Bungy Jump und den Giant Swing Combo. Irgendwie war das Wetter an diesem Tag perfekt für einen Sprung und ich fühlte mich wieder nach einem, nachdem ich das schon jahrelang nicht mehr gemacht hatte. Sebnem wollte nicht so richtig, aber meine Überredungskunst und die Geschwindigkeit mit welcher ich die Kreditkarte zog, liess keine Zeit, um bei ihr Zweifel aufkommen zu lassen. Im Nachhinein würde ich sie vermutlich nicht mehr so schnell dazu bringen einen Bungyjump zu machen J. Die Preise sind verglichen mit dem Rest Neuseelands eher am unteren Ende anzusiedeln: Bungy NZ $ 125.00, Giant Swing: NZ $ 110.00, Combo: Bungy/Swing NZ $ 200.00. Vorab: die Leute sind sehr professionell aber auch sehr jung, welche dort arbeiten.
Die Sonne schien perfekt in den Canyon hinein, als wir auf die Plattform zugingen und es war einfach ein herrlicher Morgen für einen Sprung in die Tiefe Richtung Fluss. Es hatte praktisch keine Leute und alles war sehr friedlich; für mich wirklich ein nahezu perfektes Sprungambiente. Wir entschieden uns den Bungy Jump zuerst zu machen und Sebnem wollte zudem als erste springen. So marschierte sie mit der Instruktorin hinaus zur Absprungplattform, wurde an die Seile gelegt, doppelt überprüft und dann ging das Tor auf Richtung Abgrund. Ich lasse hier Sebnem zu Wort kommen, damit sie die Erfahrung ihres ersten Bungy Sprungs beschreiben kann:
Ich brauchte ziemlich lange, bis ich mich getraute die Brücke hinab zu springen. Ich fragte den Instruktor immer wieder, ob wirklich alles ok sei und ich wirklich springen könne. Ich forderte den Instruktor dann auch auf, mich zu schubsen, da ich von alleine einfach nicht springen konnte. Ich war den Tränen nahe und wollte das ganze einfach annullieren und schaute verloren zu Roberto. Er ermutigte mich das letzte Mal und irgendwie sprang ich dann von dieser Brücke. Erklären kann ich mir das bis jetzt nicht… Ich war wirklich so Nahe dran den Sprung einfach nicht zu machen und zurückzutreten. Der Sprung erschien Sekunden zu dauern und es war einfach toll – in Worten gar nicht erklärbar. Man fällt hinunter und spürt erst Sekunden später, dass man von einem Seil gehalten wird. Unten angekommen, kribbelte mein ganzer Kröper und ich musste einfach vor Freude Schreien. Der Giant Swing war auch ganz toll, aber der Bungy Jump war ganz speziell, da man hier einfach die Überwindung braucht zum Springen. Beim Giant Swing wird man sitzend die Brücke hinunter gestossen.
Ich fotografierte meine liebe Frau sich in den Abgrund stürzend und gefilmt wurde von einem Herren, dem wir zuvor unsere Kamera in die Hand gedrückt hatten; er machte übrigens einen hervorragenden Job. Danach war ich an der Reihe und da ich schon gesehen hatte, das Sebnem den Sprung überlebte, was es um ein Vielfaches einfacher J. Auch wenn ich es schon ein paar Male gemacht hatte in Vergangenheit, ist es doch immer wieder etwas Spezielles und im ersten Moment fühlte ich mich auch nicht gerade pudelwohl. Aber sobald ich in der Luft war, genoss ich es wieder und ich taumelte zufrieden die Landschaft geniessend den Canyon hinunter zu Sebnem, welche auf einem Ponton wartete. Unten angekommen, wurde ich von den Fesseln befreit und wir beide durften in das Lufttaxi steigen, welches uns die 80 Meter wieder herauf beförderte, damit wir noch den Giant Swing machen konnten.
Das Prinzip des Giant Swing ist simpel: Man nehme eine Seil, welches als Pendel fungiert, befestigt es an einem lang gezogenen Stahlseil quer über den Canyon etwas weiter von der Absprungstelle und am anderen Ende hängt man eine Klettergarnitur ("Gstältli") und schon kann die Riesenschaukel funktionieren. Wenn man es geschickt macht, hat man noch etwas einen freien Fall bevor es in die Pendelschwingung übergeht. Das haben die hier im Gravity Canyon genau so gemacht. Aber nach so einem Bungy Sprung ist das halt nicht mehr das gleiche und sogar Sebnem nahm es sehr gelassen und locker.
Wir gönnten uns noch einen Kaffee und eine Cola und waren dann auch schon wieder weg Richtung Tongariro Nationalpark, wo wir das mehr oder minder imposante Schloss besichtigten, welches als Hotel funktioniert und soweit ich mich noch erinnere nicht dermassen überteuert ist; natürlich gemessen am Standard und des Ortes. Wir entschieden uns dann noch einen der zahlreichen Wasserfälle zu besuchen, aber wieder einmal war es mehr ein Reinfall als alles andere. In Neuseeland sind die Leute wirklich stolz auf jedes kleine Bächlein, das sich über einen Meter in die unendlich tiefe Schlucht stürzt J.
So und dann kamen wir wieder einmal in Taupo an. Taupo besuchten wir schon für eine Nacht bei der Fahrt mit Pat von Auckland nach Wellington. Taupo bietet an und für sich nichts Besonderes, aber ist dennoch ansehnlich mit dem anliegenden See. Irgendwie war das Hostel, in welchem wir zuvor logierten schon voll und alle anderen waren auch voll oder schlicht und einfach zu teuer, so dass wir etwas verloren in der Gegend herumirrten. Auf magische Weise landeten wir dann im Micro Tel, Compact Luxury, 76 Kaimanawa Street in Taupo und seinem massiv übergewichtigen Hausherr aus Fiji. Die Geschichte ist wirklich witzig und sehr zu unseren Gunsten ausgefallen. Wir waren etwas verwirrt, dass das Hotel oder Motel so leer stand, wo doch alle anderen gut besucht oder schon komplett ausgebucht waren. Als ich dann in die Lobby ging, um mich nach den Preisen zu erkundigen, kam so ein bekiffter 210kg schwerer Rastaman aus Fiji angewatschelt, sein dunkler Hintern passte nicht mehr so ganz in die übergrosse Trainerhose und somit offenbarte sich mir die wohl grösste Arschspalte, die ich je in meinem Leben gesehen hatte. Ich fühlte mich sofort sehr heimlig und wohl hier und war mir sicher, dass wir über einen Preis verhandeln konnten J. Und wie ich den Preis verhandeln konnte!
[Me as relaxed as possible] Hey mate, how's it going?
[Even more relaxed] Good bro', yourself?
[Sighs] Ohhh, not too shabby, not too shabby; bloody weather is driving me nuts though.
[Chuckles] Yeah, that's why I'm smokin' bro'! You wanna taste? He he he …
[Shrugs] Um … yeah, maybe later. Hey, I've seen the prices here but we're a bit tight on the budget.
[Puffing up using a high pitched voice] That's fine bro', it's NZ $100.00 a night for a double room but make me an offer.
[Me winding] Well, you know … I don't even want to bother you with my offer since this is way out of our league.
[Pulls up his pants] Make me an offer, bro'! He he he …
[Me winding] See, we've got this budget of NZ $60.00 a night but I'd be willing to pay NZ $ 65.00 for a double.
[Exhaling the essence] Ya maaaan, that's fine bro', 65 it is then.
[Exhausted but really relaxed] Wow, ok, mate, hell, we'll take it then!
Wir fuhren vor und nahmen unsere ziemlich noble aber auch etwas kleine Behausung in Beschlag. Ich bezahlte dem Rastaman NZ $65.00 und er verschwand wieder, um etwas Kleines zu essen; nicht aber bevor ich ihm noch versprechen musste, am Abend eine zu quarzen und ein Bier zu trinken. Ich willigte ein unter der Bedingung, dass ich das Bier besorge. Wir fuhren sodann los, um uns etwa mit Lebensmittel und Bier einzudecken, da wir so eine Vorahnung hatten, dass wir eventuell einen Mitesser mehr haben werden und die Küche war in vorzüglichem Zustand mit einem LCD Fernseher an der Wand. Die ganze Hotelanlage gehört einem reichen Amerikaner, der aber nie da ist und noch einige weitere Hotels besitzt. Der gewichtige Fidschianer war einfach als Hotelmanager angestellt und wohnte zugleich dort; hatte aber soweit ich das sehen konnte (und ich habe sogar seinen Computer konfiguriert und mir die Finanzen angeguckt) uneingeschränkte Handlungsfreiheit, offensichtlich inklusive der Preispolitik. Wer nicht da ist, kann auch nicht beurteilen, ob wirklich Gäste im Hotel waren oder nicht (na, geht das Licht auf?).
Leider passierte uns auf dem Parkplatz beim Supermarkt noch ein kleines Missgeschick. Ich fuhr, um besser in einen freien engen Parkplatz zu kommen, etwas zurück und stiess mit einem Auto zusammen, welches gerade um die Ecke gesaust kam. Natürlich, wie es sich später bei der Polizei herausstellte, war ich im Unrecht, da ich retour gefahren bin und besser hätte aufpassen sollen. Der andere Fahrer jedoch interessierte sich nicht dafür irgendwelche Schadensersatzforderungen zu erheben, zumal seinem Auto keinen Kratzer zugefügt wurde. Pats Auto hingegen hatte schon eine kleine Beule nach diesem weichen Zusammentreffen. Was sich jedoch auch noch heraus stellte, war, dass wir gerade mit dem Dorfidioten zusammengetroffen waren (lustig, wie ich immer wieder direkt auf die Dorfidioten treffe in Neuseeland) und er bei der Polizei als Delinquent schon mehrfach bekannt war. Er wurde auch kurz nach unserem Zusammenstoss ziemlich unfreundlich und drohte mir gleich auch; er wollte auch nicht, dass ich die Polizei benachrichtige J. Jedenfalls kauften wir schlussendlich alles ein, was wir benötigten und eine Packung Bier.
Nach dem Essen schlenderte ich zu unserem neuen Freund und er war gerade am Playstation spielen und sich eine am Bauen. Er freute sich sichtlich über meine Ankunft und das Bier und so zogen wir uns Fiji Gras rein und tranken ein paar Bier, während er mir seine unglaubliche Story erzählte. Er war vor 5 Jahren bei den All Blacks (das Rugby Team in Neuseeland) und hatte überall auf der Welt gespielt. Er hatte einen Sixpack und war sehr athletisch und fit. Dann brach er sich bei einem Spiel die Schulter und konnte nicht mehr spielen und damit hatte es sich auch mit der Karriere. Aus Frust und weil der Körper immer noch ans harte Training gewöhnt war, fing er an zu Essen und zu Essen und bald wog er 290kg. Er zog dann etwas die Notbremse und ist jetzt wieder auf angenehmen 210kg, wie er das so zu pflegen sagt. Er ist gut 30, hat einige Kinder mit zwei Frauen und eine ziemlich witzige Freundin, die auch schon mehrere Kinder in die Partnerschaft mitbringt von ehemaligen Verhältnissen. Er ist wirklich ein friedlicher Zeitgenosse, wenn auch etwas zu relaxt. Wir kamen dann nochmals ins Gespräch bezüglich der Übernachtungspreise und er offenbarte mir, dass wenn wir nochmals eine Nacht bleiben würden, wir für NZ $35.00 bleiben könnten. Ich sagte, dass ich zuerst mit Sebnem sprechen würde, aber wenn das Wetter nicht besser sei, würden wir bleiben. Zudem kannte er noch einen Fallschirmspringer, der mir eventuelle verbilligt einen Sprung offerieren könnte. Er rief ihn an, aber wegen dem schlechten Wetter flogen sie auch am Morgen nicht los. Ich erwähnte dann, dass wir morgen etwas kochen werden und er sich nicht ums Essen kümmern müsse. Als ich das erwähnte, fragte er mich, ob ich ihm nicht noch kurz von KFC etwas bringen könne. Also fuhr ich wieder los, um für gut NZ $20.00 einen kleinen Nachtlunch für den Mann zu besorgen, den er dann auch zusammen mit 4 Bieren ass. Ich verabschiedete mich dann, weil ich es nicht gewohnt bin zu kiffen und mich schon etwas wirr fühlte und weil ich Sebnem nicht so lange alleine lassen wollte.
Am nächsten Morgen war das Wetter immer noch elend beschissen und wir entschieden uns den Tag mit Berichte schrieben, Fotos sortieren und ins Internet laden zu verbringen. Glücklicherweise standen da in einer Ecke gleich zwei Computer mit dem leicht auszuhebelnden Internetkiosk Konzept. Dieses Mal war es jedoch noch viel einfacher. Da die Computer ja im Prinzip immer ans Internet gebunden sein müssen, damit der bezahlende Kunde auch wirklich für die Zeit Internet bekommt, wenn er zahlt. Das heisst, die ADSL Leitung ist immer am Laufen, ein Timer hinter einem simplen Javaprogramm blockiert einfach die Tastatur und den Bildschirm, bis man die Münzen eingeworfen hat. Hier hat uns jedoch nichts davon abgehalten, einfach den Netzwerkstecker auszuziehen und ihn bei unserem Laptop einzustecken. Dem Rastaman war das sowieso egal und wir hatten gratis ziemlich schnellen Internetzugang. Manchmal wurde es geblockt, da eine simple MAC-Überprüfung gemacht wurde, aber kurz die OEM MAC-Adresse im EEPROM der eigenen NIC geändert, war das auch kein Problem mehr. Ich habe mir dann überlegt, ob es wirklich möglich wäre, sicher so einen Service anzubieten und bin auf die wirrsten Ideen gekommen, aber keine war wirklich genügend sicher, so dass man sich nicht mehr aushebeln könnte. Das einfachste wäre immer noch adäquate Preise zu verlangen und alle wären zufrieden. Wir würden uns keine Sekunde die Finger schmutzig machen, um irgendwelche blöden simplen Mechanismen auszuhebeln, sondern einfach bezahlen.
Irgendwann stand dann nette Kollege aus Fiji im Flur und schon von weitem konnte man seine dunkle Arschspalte erkennen, denn es wurde sichtlich dunkler im Raum, da die Masse vermutlich die Lichtstrahlen beugten und absorbierten (ja, ja, Einstein war gut aber nicht allwissend). Er hielt mir eine 50 Dollar Note ins Gesicht und fragte mich, ob ich ihm nicht das Morgenessen einkaufen gehen könnte. Kein Problem, was er denn benötigte? Ahh, eine Packung Steaks (2 Stück zu je 400 Gramm), ein Sixpack Eier und ein halbes Kilo Brot sollten reichen bis zum Mittag. Zudem benötigte er noch spezielle Zigarette für seine Freundin, welche ich dann auch endlich einmal zu Gesicht bekam und wirklich sehr lustig und nett war. Ich fuhr also los, um das kleine Frühstück zu besorgen und kam auch heil wieder an. Mein neu gewonnener Freund verabschiedete sich kurzerhand und machte sich daran, die Steaks zu braten ohne jedoch vorher die Bratpfanne vom vorhergehenden Tag zu reinigen. Wieso auch, das Öl ist kostbar und der Geschmack wird sicherlich noch intensiviert. Sebnem und ich entschieden, dass wir so langsam anfangen würden mit der Tomatensauce für die überbackenen Teigwaren und versuchten uns in etwa vorzustellen, wie viel wir denn jetzt benötigen würden. Wir mussten schlussendlich wohl sicher 2kg Teigwaren und 1kg Sauce gemacht haben und füllten eine riesengrosse Blechbackform randvoll mit den an Sauce angereicherten Teigwaren. Noch etwa ein Kilo Käse untergemischt und drüber verteilt, ein paar Tomatenscheibchen und Pfeffer drauf und ab ging die Sache in den Ofen. Es war mittlerweile Nachmittag und unser Freund kam in immer kürzeren Abständen in die Küche, um nach dem Essen zu gucken. Wir luden die beiden natürlich ein und wer würde es glauben: Es blieb noch gut die Hälfte übrig, welche dann aber zu einem Minimalanstandsrest dezimiert wurde, als wir am nächsten Morgen in die Küche blickten. Wir waren glücklich, jemandem so geholfen zu haben und dass uns jemand mit dem Preis so entgegen gekommen war. Schlussendlich sind wir sicherlich auch auf die knapp NZ $60.00 gekommen pro Tag, aber wir hatten gratis Internet, eine neue Freundschaft mit einem Ex-Footballstar und immer wieder eine billige Bleibe. Apropos billig: wären wir noch einen Nacht geblieben, hätten wir nichts mehr bezahlen müssen; ich muss schon sagen, lineare Regression!
Der Rastaman wollte uns noch mit Gras eindecken, aber wir liessen es bleiben, obwohl es wirklich ziemlich fein im Geschmack war und auch nicht kratzte im Rachen. Wir bedankten und für die Gastfreundschaft und verliessen Taupo wieder Richtung Norden nach Auckland.
Ein paar wenige Bilder, vor allem vom Gravity Park, findet ihr hier: