Bewaffnet mit einer 1:2'200'000 Strassenkarte von Peru (das beste, was wir kriegen konnten in Lima) machten wir uns also frühmorgens los vom Nationalpark Paracas (Pisco) Richtung Nazca (220km) auf dem Panamericana Highway, welcher sich von Nazca über 1000km weiter südlich durch eine bizarre Wüstenlandschaft nach Chile erstreckt. In Nazca angekommen, wollten wir natürlich die berühmten Nazca Linien betrachten, welche auch ausgiebig von Maria Reiche studiert wurden. Wir haben uns entschieden keinen 30 Minuten Flug über diese Landschaft zu buchen (Kostenpunkt, je nach Tourist und Saison $30 – 70 USD pro Person). Also haben wir beim stählernen Aussichtsturm an der Panamericana (Km 421) Halt gemacht, um uns die Figuren anzugucken. Zugegeben, es hat uns nicht gerade den Atem geraubt. Wir hätten uns die Figuren um einiges grösser erwartet. Man kann vom Aussichtsturm aus zwei Figuren erkennen. Weiter vorne kann man dann noch so einen kleinen Hügel besteigen, von welchem aus man sprichwörtlich Linien quer durch die Landschaft gezogen sieht. Alles in allem finden wir diese Sehenswürdigkeit nicht notwendigerweise „a must“. Wir können uns vorstellen, dass es mit dem Flieger um einiges imposanter sein muss. Das Problem mit dem Flieger ist jedoch, dass man erstens einen guten Tag erwischen muss ohne Dunst und zweitens muss man im Flieger durch die Scheiben fotografieren.
Wir sind dann in die Stadt Nazca gefahren, um etwas zu essen und eventuell eine Unterkunft zu finden. Gegessen haben wir in der Gosse, aber da uns die Stadt nicht sonderbar gut gefallen hatte, entschieden wir uns weiter Richtung Puquio (155km entfernt) durch die Pampas Galeras die Sierra hoch zu fahren. Auf dem Weg dorthin wollten wir uns noch eine der grössten Sanddünen der Welt, Cerro Blanco, angucken. Die Idee war vom Prinzip her gut, die Ausführung, sprich, mit dem Auto da hin zu fahren, selten dämlich. Roberto dachte, dass der Fiat auf magische Weise vielleicht seine bis anhin unbekannte 4WD Fähigkeit entfalten könnte und uns sicher zum Fuss der Sanddüne bringen könnte. Weit gefehlt: das einzige, was wir stolz entfalteten, waren Sandwolken die von allen vier Rädern unseres Automobils hervorsprühten und das arme Ding vollends in Feinstaub (Staub daher, da der Sand auf der Sandstrasse so fein war, dass man in der Schweiz vermutlich schon Feinstaubalarm geschlagen hätte) einwickelten. Zudem sind wir dann noch kurz stecken geblieben, da sich die Räder tief in den Sand gegraben hatten und den weiteren Dienst verweigerten. Das Resultat sieht dann in etwa so aus:
Die Pampa Galeras beinhaltet die Vicuña Reservation, in welcher man offensichtlich Vicuñas antreffen kann. Gemäss dem „The rough Guide to Peru“ Buch sind diese jedoch schwierig zu finden, da sie sehr scheue Tiere sind. Wir hatten jedoch Glück, sehr viel Glück, wenn man dem Buch Glauben schenken will, denn wir haben auf dem Weg nach Puquio Dutzende von Vicuñas gesehen. Diese Llama-ähnlichen Tiere leben hier schon seit Jahrhunderten, und die Sierra ist ihr natürliches Habitat.
Puquio ist ein auf rund 3000 Metern über Meer liegendes kleines Dörfchen, in welches sich nur äusserst selten Touristen verirren. Dementsprechend sind wir natürlich sofort aufgefallen. Wir haben uns entschieden dort zu übernachten und haben dann auch bald eines der wenigen Hostals gefunden. Wie schon vorher erwähnt, sind sich die Leute hier oben in der Sierra keine Touristen gewöhnt, daher sind wir auf eher prüde Art behandelt worden. Nichtsdestotrotz haben wir eine weitere Nacht in einem stinkenden Bett mit kalter Dusche und was sonst so zum Backpackerleben gehörende Ambiente verbracht. Vor dem Einschlafen guckten wir uns noch den Hostel 2 Film an; da Sebnem nach solchen Filmen meistens nicht so gut schlafen kann, haben wir uns dann noch den „The Simpsons“ Film nachgeschoben. So nebenbei, das schönste an diesem Ort Puquio war, wie so oft, der „Plaza de Armas“ Platz.
Am folgenden Tag kauften wir uns bei der „Ferreteria“ einen 5 Gallonen Plastikkanister und beim Trödelladen gegenüber einen übergrossen Trichter. Der Grundgedanke dahinter war, dass wir vermutlich auf der uns bevorstehenden Reise tiefer in die Berggegend hinein keine Tankstelle mehr finden würden und auch nicht genau wussten, wie viele Kilometer wir schlussendlich fahren würden, bevor wir die Schleife über die Sierra zum Meer und zurück zu Nazca schliessen konnten. Also sind wir schnell zur Tankstelle zurückgefahren und haben uns mit reichlich Benzin (Gasolina 90) eingedeckt. Im gleichen Zug haben wir versucht unser Auto ein wenig zu reinigen, damit man auch wieder durch die Fensterscheiben gucken konnte.
Die Fahrt durch das Hochgebirge bis hin zur Laguna Parinacochas führte durch eine unglaublich schöne und abwechslungsreiche Landschaft. Gesäumt von Pflanzen in allen Formen und Farben, getränkt in gelblichen, rötlichen, bräunlichen, grünlichen Steinformationen durch Täler und Höhen, kleinen Gebirgsbächen, einigen fast verlassenen Weiler, deren Häuser aus Lehm (Adobe) gefertigt sind, Äcker und Weiden mit Schafen, Ziegen, Pferden, Kühen und Eseln.
Hier bei den Hochlandleuten (Bauern, welche direkte Verwandte der Inkas sind) ist man immer willkommen. Es sind überaus hart arbeitende, freundliche, wissensbegierige und lustige Leute. Wir waren am Sonntag unterwegs und wie es so Brauch ist in Südamerika, wird am Sonntag (oder meist auch an jedem anderen Tag) Fussball gespielt. Dabei kommt es nicht draufan, ob man über 3000 Meter über Meer ist und nicht einmal Grass wächst. Das einzige was man braucht ist ein Ball und einen Haufen enthusiastischer Leute und schon gibt’s ein halbes Volksfest. Was erstaunt, ist die Tatsache, dass die Leute eine herbe Kondition an den Tag legen, denn wenn wir nur schon 100 Meter den Berg hinauflaufen, atmen wir wie kurz vor dem Erstickungstod; die spielen Fussball auf dieser Höhe!
Etwa 60 Kilometer nach Coracora eröffnet sich eine Sicht auf den See Parinacochas, welcher nach den vielen Flamingos, die dort leben, benannt ist. Die Strasse führt nicht direkt an den See. Man trifft weiter oben auf eine Verzweigung, bei welcher man links (praktisch gerade aus, gesehen aus Coracora) Richtung Incuyo fährt und rechts Richtung Pullo, bei welcher man am besten links fährt, um ein paar Kilometer weiter unten auf einen kleinen Weiler (der Name dieses Ortes fängt mit Ul… an) direkt am See zu gelangen. Dort angekommen trafen wir auf einen netten alten Einheimischen bei der Arbeit, bei welchem wir uns bezüglich des Weges Richtung See erkundigten. Er war sehr freundlich und erlaubte uns über sein Land bis hin zum See Parinacochas zu laufen. Er bot uns zusätzlich an, auf seinem Land zu campen. Für Flamingo-Begeisterte ist dies ein Paradies auf Erden. Hunderte von Flamingos, wohin man auch schaut. Leider sind die Tiere sehr scheu, weshalb wir sie nur von weitem beobachten und mit unserer limitierten Kamera auch keine guten Bilder schiessen konnten. Macht Euch selbst ein Bild von der Schönheit dieses Sees und der umgebenden Landschaft:
Weiter ging es nach Pullo, einem kleinen Dorf, bei welchem wir unerwartet übernachteten. Die Unterkunft war ein Loch mit drei Betten und die schlimmste Bleibe, in welcher Sebnem in ihrem Leben je übernachtet hatte. Sie kroch sofort in ihren Schlafsack und kam bis am nächsten Morgen nicht mehr hervor J. Es gab ein provisorisches Bad und keine Dusche, dafür war es billig ($5 USD für beide zusammen). Die Leute waren ausserordentlich nett dort und Roberto unterhielt sich noch eine Weile mit den Dorfleuten. Es war sehr lustig, vor allem weil sie ihm die ganze Zeit eine Frau andrehen wollten (una paysana). Sebnem war ihnen für ihre Verhältnisse viel zu dünn. Als unsere Gastgeberin Sebnem das erste Mal sah, fragte sie ganz erschreckt, ob sie denn krank sei J. Roberto hat ihr dann erklärt, dass wir nur einmal pro Woche essen.
Am nächsten Tag standen wir um 5.15 Uhr auf, um möglichst früh auf der Piste zu sein. Nach einem warmen Kaffe mit Brot und Ziegenkäse machten wir uns auf den Weg Richtung Chala, welches sich am Meer befindet. Leider hatten wir an diesem Tag etwas Pech. Nur fünf Minuten nach der Abfahrt kam uns auf der schmalen Bergstrasse ein kleiner Bus mit hohem Tempo entgegen und Roberto konnte nur noch Richtung Felsen ausweichen, welcher sich schmiegsam in der seitlichen Autotür verewigte. Auf der anderen Seite wäre es ein paar Hundert Meter den Berg hinunter gegangen. Wir waren sonst eigentlich immer alleine unterwegs, begleitet von Sonnenschein und einer wunderschönen Landschaft. Manchmal traf man Einheimische bei der Arbeit; Freuen, die Kleider im Bach wuschen oder auf dem Feld arbeiteten, Männer, die die härtere Ackerarbeit verrichteten. Aber morgens um 6.00 Uhr trafen wir auf diesen blöden Bus. Nun, ausser ein paar Kratzer im Blech war ja nichts geschehen. Das Glück blieb uns diesen Tag aber etwas ferner als sonst. Irgendwie hatten wir es geschafft, irgendwo falsch abzuzweigen und landeten so auf einer Strasse, die zwar auch nach Chala führte, aber viel länger war und vor allem viel steiniger. Das Auto litt stark und der Auspuff wurde ziemlich zerwurstelt. Wir hoffen auf Kulanz und unsere zusätzliche Versicherung die wir vertraglich abgeschlossen haben.
Nach einer langen und eher mühsamen Fahrt sind wir dann dennoch in Chala angelangt und wurden sogleich wieder enttäuscht. Die Stadt ist potthässlich und dient eigentlich nur der Bleibe der Mineros (Leute, die in den verschiedenen Minen hier arbeiten und Gold, Silber, Zink und Kupfer befördern). Wir haben uns entschieden weiter nach Puerto Inca zu fahren. Dieser Ort wurde schlichtwegs für den Tourismus errichtet. Es gibt ein überteuertes Hotel direkt am sehr schönen Strand und hinter dem Hotel den Berg hinauf liegen die Überbleibsel und Ruinen eines Inkadorfes. Das perfide am Ganzen ist, dass man an diesem archeologischen Ort überall hintrampeln kann, oder so zumindest suggerieren es die unzähligen Fussabdrücke, welche sich überall wieder finden. Da wir kein Geld mehr hatten (wir hatten nicht damit gerechnet, dass es keine ATMs gibt oder diejenigen, die es gibt, kein Geld hatten) entschieden wir uns, weiter nach Nazca zu fahren. Dort angekommen, kurz Geld abgehoben, fuhren wir weiter zurück zur Oase Huacachina. Der Grund dafür war, dass wir wussten, dass man da billig und gut übernachten kann, wir nochmals Sandboarden und mit den Tieren spielen können. So sind wir dann so gegen fünf Uhr abends bei der Oase angekommen und haben prompt das gleiche Zimmer bekommen. Hier noch die Bildergalerie dieser unvergesslichen Fahrt: