Endlich sind wir in Chile angekommen und zwar für ein paar Stunden in San Pedro, dem Grenzstädtchen zu Bolivien. Nach der sehr unterhaltsamen und wunderschönen Fahrt durch das Uyuni Gebiet und dem vulkanischen Altiplano Boliviens versuchten wir direkt weiter nach Calama zu kommen. Was uns natürlich sofort auffiel, waren die exorbitanten Preise in allem, was man gegen Entgelt bekommen konnte: Chile schien dem Ruf eines sehr teuren Landes gerecht zu werden. Dafür offeriert Chile einem auch die Qualität, welche man sich in Europa gewohnt ist; und dies in fast allen belangen, was wir bis jetzt erfahren haben.
Angefangen hat dies schon einmal beim Kauf des Bustickets nach Calama. Oh Schock, es gibt eine offizielle Verkaufsstelle mit Leuten, die sogar für die Busfirma arbeiten und so gekennzeichnet sind. Kreditkarten werden so nebenbei auch akzeptiert. Wir sind gleich ein wenig verwirrt und suchen noch etwas nach einer Falschinformation oder einer Abzockerei, doch irgendwie scheinen die Chilenen diese Phase der Evolution überwunden zu haben. San Pedro selbst mag für einige Touristen sehenswert sein, wir können es nicht beurteilen, aber bei unseren Gängen durch die Strassen des Dorfes ist uns nur aufgefallen, dass sich die Leute in San Pedro auf Tourismus spezialisiert haben. Wie wir auch später erfahren haben, muss der Norden Chiles noch um einiges teurer sein, als der Süden. Dies rührt daher, dass im nördlichen Chile zur Grenze Boliviens einige Minen zu finden sind (Kupfer, Silber und Nitrat). San Pedro, wie auch Calama, sind eigentlich schon fast Erzgräberstädtchen.
Die Fahrt nach Calama war sehr angenehm und obwohl wir einfach den erst besten Bus genommen hatten (bei der "Tur-Bus" Firma), hatten wir den weitaus höheren Komfort als denjenigen, welchen wir mit der besten Busgesellschaft je hatten in Bolivien. Die 90 Minuten Fahrt kostete uns zusammen etwa $6.50 USD. Wie gesagt, die Preise hier in Chile sind im Schnitt etwa 4 Mal so hoch wie in Bolivien. Der Busbegleiter war sehr kommunikativ und natürlich, wie auch der Fahrer, mit Hemd und Kravatte bekleidet.
Endlich kamen wir in Calama an: 27° Celsius Aussentemperatur und eine wunderschöne (im Vergleich zu anderen Ländern Südamerikas) Busendstation. Unser erster Gehversuch startete mit dem Auffinden eines Taxichauffeurs, welcher bereit war, uns mit unserem dreckigen Gepäck mitzunehmen. Man muss sich vorstellen, dass die Taxis (eigentlich alle Fahrzeuge) hier in Calama einfach im besten Zustand sind und förmlich vor Sauberkeit glänzen. Das letzte Mal haben wir so etwas in der Schweiz gesehen.
Die Taxichauffeure machten keine Anstalten für ihre Dienste zu werben, sie schauten uns nur verdutzt an und dachten wahrscheinlich, wo zum Kuckuck diese Verbrecher abgehauen sein müssen. Nach einer kurzen Verhandlung und der Versicherung, dass Robertos Surfbrett wirklich "chico" (klein) ist, luden wir alles ein und fuhren Richtung Stadtzentrum, um ein Hotel zu finden.
Die Suche nach einem Hotel gestaltete sich als etwas mühsam und zugleich demotivierend. Grund dafür war, dass es in Calama scheinbar keine wirklich günstigen Unterkünfte gibt. Unser Ziel ist es, im Prinzip zusammen nicht mehr als $30 USD pro Nacht auszugeben und wenn möglich immer ein Doppelzimmer mit eigenem Bad kriegen. In Chile ist dieses Unterfangen jedoch stark gefährdet. Wir fanden zwei Hostels, welche Zimmer in unserer Preisklasse anboten, das "El Loa" (Lonely Planet Hinweis), welches komplett ausgebucht war und das "Residencial Casa de Huespedes", welches uns für $16 USD zusammen pro Nacht ein Dreierzimmer anbot mit separatem Bad und Dusche. Es blieb uns nichts Weiteres übrig und so nahmen wir das Zimmer.
Auf den ersten Blick war das Zimmer mit den drei Betten unterer Standard, aber nachdem man es sich etwas gemütlich macht und die Matratzen auf den Boden schmeisst, kriegt man ein herrliches Doppelbett in einem tief angesiedelten Rotlichtmilieu erscheinendem Ambiente.
In Calama gibt es eigentlich nichts zu sehen, ausser der Silbermine. Die haben wir uns aber nicht angesehen, sondern haben die restlichen vier Tage vor dem Flug nach Santiago im leicht ausserhalb der Stadt gelegenen Einkaufszentrum verbracht. Der Tagesablauf war eigentlich sehr simpel: Ausschlafen, bis die Sonne uns im Gesicht kitzelte, ab zur "Panaderia Alemania" (Bäckerei) und uns ein superfettes Schinken-Käse Sandwich mit Kaffee und Tee bestellt. Dann machten wir uns so gegen 11 Uhr auf den Weg Richtung Mall, entweder per Taxi colectivo für 80 Rappen oder mit dem Bus für 60 Rappen. Die eine Busfahrt war für Roberto der Hit, da der Busfahrer ein ACDC Fan war und während der ganzen Fahrt ein Best-of Album laufen liess. Im Shopping Center angekommen, besuchten wir immer zuerst den "Maui and Sons" Surfladen und kauften etwas Neues und dann versuchten wir irgendwo gratis Wireless Internet zu kriegen. Der beste Ort, den wir empfehlen können, ist zweifelsohne die Bühne mit den Tischen beim Eingang zum Kinokomplex im zweiten Stock. Man hat gratis Wifi und Strom, kriegt um die Ecke günstig Eis und Getränke und die Leute stören einen nicht. Der zweitbeste Platz ist das sehr teure Gatsby Restaurant, welches einem kulinarisch zu verwöhnen weiss (vor allem der Schokolade-Nuss Cheesecake ist der Hammer). So haben wir wirklich drei volle Tage im Shopping Center verbracht, von morgens bis abends. Kein Witz!
Wer das jetzt gelesen hat, denkt wohl, dass wir nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Da sind die Leute auf einer Weltreise und vertreiben ihre Zeit in einem Shopping Mall. Ja, das mag wohl sein, aber wir hatten im Moment einfach wieder einmal den Drang nach geordneter Zivilisation und wollten uns auch mit neuen Kleidern und Surfutensilien eindecken. Roberto hat sich einen 3.2 Wetsuit und ein neue Badehose geleistet, Sebnem hat auch eine sexy Surfbadehose gekriegt, eine schöne Maui Mütze und einen Pullover. Zudem kaufte sich Roberto endlich einmal eine Sonnenbrille, die theoretisch zumindest länger als zwei Wochen halten sollte. Ausserdem gab es in Calama wirklich nichts zu sehen und wir konnten den Flug nicht mehr vorverschieben (die Geschichte ersparen wir Euch, sonst kocht Sebnem wieder vor Wut; sie kreiert definitiv neue Wortformationen zur Beschreibung weiblicher LAN Chile Angestellter, wobei Schlampe noch zum gesitteten Vokabular gehört). Wir wollten auch nicht mehr zurück nach Bolivien; die einzige Stadt, in welche wir hätten gehen wollen, wäre sowieso Santa Cruz gewesen und diese ist etwa 1500km von Calama entfernt.
Wir haben uns aber prächtig amüsiert im Mall und immer wieder neue Dinge entdeckt und neue Accesspoints gefunden. Bei einem konnten wir am Schluss sogar den Router direkt konfigurieren, ein Servicetechniker oder ähnlich kam dann am letzten Tag vorbei und versuchte uns vergeblich aus dem System auszuschliessen, in dem er den DNS abschaltete. Glücklicherweise gibt es in Südamerika nicht viele Leute, die fundiert etwas über Netzwerktechnologie verstehen J.