Mittwoch, 20. Februar 2008

Chile: Osterinsel

Te parauti'a 'ina he aŋarahi.

"In Wahrheit ist es nicht so schwierig"; eine Weisheit welche arme Schulkinder beim Erlernen der relativ einfachen polynesischen Sprache Rapa Nui einverleibt bekommen. Diese stammt aus dem ersten Buch einer linguistischen Analyse über die Pragmatik der Sprache Rapa Nui mit dem Titel "Te ti'ara'a tano mo pāpa'i i te re'o rapa nui", welches mir zum Studium derselben Sprache von einer Rapa Nui Naturheilärztin geschenkt wurde.

Die mystische Osterinsel oder Rapa Nui (in der einen offiziellen Sprache Rapa Nui) oder Isla de Pascua (in der anderen offiziellen Sprache Spanisch) benannt nach dem holländischen Seefahrer Jacob Roggeveen, welcher die Insel an Ostern 1722 entdeckte und ihr den Namen verlieh, liegt wohl am weitesten von der nächsten Zivilisation entfernt. Die nächste Landmasse Richtung Norden sind die Galapagos Inseln mit 3800km Entfernung, Richtung Westen sind 2000km entfernt die Pitcairn Inseln (dazu gab es einen sehr beeindruckenden und zugleich traurigen Artikel im Januar 2008 erschienenen Vanity Fair Magazin über die Misshandlung der jungen Frauen im zarten Kindesalter als Normalität und Kultur) und 4000km entfernt liegt Tahiti. Im Süden träfe man nach rund 5000km Fahrt übers Meer auf die Antarktis und schlussendlich nach Osten blickend Richtung Heimatstaat könnte man nach 3700km die Küste Chiles erkennen.

Entstanden ist die Insel durch unzählige Vulkane und heute noch zeugen drei grosse Vulkane von der Geburt der geheimnisvollen Insel. Gemäss Sagen waren die ersten Bewohner der Osterinsel umherirrende Seefahrer von der versunkenen Insel Hiva, die nach langer Seefahrt auf diese Insel trafen. Die heutigen Bewohner sind neben unzähligen Schweizern und Franzosen (natürlich als Touristen) hauptsächlich Mestizen (aus Chile) und einige direkte Abkömmlinge der letzten 118 Rapa Nui Ureinwohner. Die Osterinsel ist die am Östlichsten gelegene Insel Polynesiens.

Dieser Artikel wird unter Umständen genauer unter die Lupe genommen, da so viele Schweizer diese Insel für ein paar Tage besuchten und vermutlich absolut genau überprüfen werden, ob alle Angaben stimmen oder nicht J. Leute, die mehrere Tage auf dieser Insel waren, haben so die Tendenz für sich den Anspruch des alten Hasen zu erheben und kennen jeden Moai (die witzigen Steinfiguren, welche Gesichter verkörpern) und haben jeden Stein umgedreht. Vor allem trifft man in der Unterkunft Kuna Tau, welches auch unsere Unterkunft während unseres 12-tägigen Aufenthalts war, fast ausschliesslich äusserst viel bereiste Charakteren; und zumindest einige, dies meinen es zu sein. Es ist wirklich sehr interessant sich die vielen Gespräche der Backpacker zu Gemühte zu führen.

Man findet auf dieser Seite ein kleines Glossar der Sprache Rapa Nui, damit die Leute sich von den allfällig genannten Namen in diesem Beitrag ein Bild machen können. Zusätzlich füge ich hier eine Mappe (aus dem Wikipedia geklaute und unter creative commons gestellte SVG Datei) ein.


Die meisten Leute bleiben nach unserer Erfahrung ungefähr vier Tage auf der Insel und im Prinzip würde ich sagen, dass diese Zeit ausreichend ist, um 80% - 90% der Dinge auf der Insel zu sehen und sich ein wenig mit der Geschichte von Rapa Nui auseinander zu setzen. Es erlaubt einem auch, sich etwas unter die lokale Bevölkerung zu mischen und näheres über die faszinierende Insel zu erfahren. Geschrieben wurde schon sehr oft und sehr vieles über die Insel, so dass ich mich nicht mit falschen Erläuterungen in die Nesseln setzen möchte. Stattdessen erzähle ich etwas von unserem traumhaften Aufenthalt auf der Insel.

Wenn man auf der Insel landet, möchte man sofort zur ersten Moai Statue sprinten und diese für die Ewigkeit auf Bild einfangen. Man läuft über das Ende des Rollfeldes zum sehr kleinen  Flughaufenausgang und erblickt kurz bevor man hinaus schlendert den ersten Moai; oder doch nicht? Es gibt auf der Osterinsel eben nicht nur berühmte Moai sondern auch gut erhaltene oder restaurierte Petroglyphen (Steinfiguren und in Stein gemeisselte Figuren). Die ganze Insel dreht sich in erster Linie um verschiedene Lavasteine und was man alles damit machen kann. Man zückt also die Kamera hervor, wie das fast alle Touristen machen, die das erste Mal auf der Osterinsel landen und schiesst unzählige Fotos von Steinen und dem Flughafen und alle Gesichter ziert ein in den Bann gezogenes Lächeln. So magisch ist die Insel nur schon am Flughafen J. Fliegt man von der Osterinsel weg, beachtet kaum jemand mehr die schönen Steinfiguren rund um den Flughafen, die Kameras sind übervoll mit Bilder in allen Formen und Farben und Stellungen der Moai und der Petroglyphen.

Ein typischer Service vermutlich jeder Unterkunft in Hanga Roa (der Ort, wo die Rapa Nui Einwohner und die Touristen hausen) ist das persönliche Abholen am Flughafen und bei einigen inkludiert es noch ein Begrüssungsgeschenk in Form einer typisch polynesischen Blumenkette um den Hals. Unser Vertreter des Kuna Tau Hostels war Gonzalo, ein Chilene, der 10 Jahre lang für LAN Chile gearbeitet hatte, aus persönlichen Gründen nach dem Führungswechsel bei LAN Chile kündigte und sich in eine halbe Eremitenposition auf Rapa Nui begeben hatte. Sein Ziel ist es möglichst viele weibliche Touristen zu treffen, den Sinn des Lebens zu erkennen, ein guter Gastgeber zu sein (der Besitzer des Hostels ist ein Mathematikprofessor, den wir nur kurz kennen gelernt hatten) während der Absenz der Besitzer und seine Aufgaben so in die Länge zu ziehen und kompliziert zu erledigen, so dass es aussieht, als ob er den ganzen Tag mit Schwerstarbeit beschäftigt sei; bei einigen stösst sein Arbeitspensum auf Staunen, ob man so jedoch die Frau seiner Träume findet, bleibt dahin gestellt. Jedenfalls war Gonzalo, nebst einem wirklich sehr netten und hilfreichen Gesellen, ein zwiespältiger Genosse für mich, den man nur schwer durchschauen konnte.

Die immer besser werdende Beziehung zwischen mir (wenigstens) und Gonzalo begann mit einem Lapsus auf seiner Seite, welchen er scheinbar öfters bei Neuankömmlingen probiert. Wir haben gut zwei Monate im Voraus ein Doppelzimmer für 15 Tage gebucht und eine Bestätigung von Gonzalo bekommen, dass wir das Zimmer kriegen würden und alles paletti wäre. Nachdem alle Neuankömmlinge am Flughafen aufgegriffen waren, wurden Sebnem und ich nicht mit dem Kuna Tau Bus ins Hostel gefahren, sondern in letzter Minute wurde uns von Gonzalo mitgeteilt, dass wir bei seiner Kollegin oder Geschäftspartnerin logieren würden, da alles belegt war. Der Grund dafür war, dass sich die meisten Leute entschieden hatten, länger zu bleiben und somit immer noch alle Zimmer gebucht waren. Wir würden das gleiche Angebot zum gleichen Preis kriegen und nach einer Woche könnten wir dann ins Hostel Kuna Tau wechseln. Auf den ersten Blick erschien uns dies eine plausible jedoch wenig zufrieden stellende Erklärung zu sein und gegeben durch die sehr kleine Bedenkzeit stimmten wir der Sache zu. Unsere Gastgeberin fuhr uns etwas im Städtchen herum und erwähnte immer wieder, dass wenn uns die Unterkunft nicht gefallen würde, wir nichts bezahlen müssten und dass ihr oberstes Ziel sei, den Leuten einen möglichst unbeschwerlichen Aufenthalt zu offerieren.

Indem sie diese Sätze jede Minute wiederholte, stiess bei mir ein erstes Unbehagen auf und auch ihre unsichere Stimme läutete bei mir die Alarmglocken, dass wir einem Schwindel zum Opfer gefallen waren. Das Zimmer war eigentlich ganz in Ordnung, aber trotzdem nicht so zufrieden stellend, wie es im Hostelbookers beschrieben war. Wir beschlossen uns am Abend auf die Suche nach dem Hostel Kuna Tau zu machen, um wenigstens Klarheit in der Angelegenheit zu schaffen. Wir trafen den äusserst relaxten Besitzer (der erste langhaarige Mathematikprofessor, den ich kenne, nebst meiner Wenigkeit vor einigen Jahren), der gerade im Begriff war, neue, noch schönere Doppelzimmer zu meistern. Als wir ihm unser Leid klagten und die Geschichte erzählten, war er ziemlich erstaunt darüber, dass in seiner Unterkunft kein Doppelzimmer mehr zur Verfügung stünde und Leute, die zwei Monate im Voraus gebucht haben, nicht das Recht auf ihr Zimmer hätten. Er offerierte uns das am nächsten Tag frei werdende Doppelzimmer und entschuldigte sich für den Lapsus indem er uns versicherte, dass er Gonzalo schicken werde, um uns persönlich punkt 10 Uhr morgens abzuholen. Ob er wirklich nichts davon wusste, oder die beiden dieses Spiel so treiben und hoffen, dass einige der Touristen darauf hinein fallen, wussten wir bis am Ende nicht, aber wenigstens waren wir sehr glücklich, dass wir am nächsten Tag in die von uns gebuchte Behausung wechseln durften. Sebnem war sichtlich erleichtert und freute sich sehr die nächste Zeit im wirklich schönen Kuna Tau Hostel zu übernachten.

Am nächsten Morgen verkündeten wir der Tochter der Besitzerin die Hiobsbotschaft und diese wollte uns nicht einmal mehr sehen und kommunizierte fortan bis kurz vor unserem Wechsel über ihre Tochter. Uns war es recht und somit fuhren wir punkt 10 Uhr mit Gonzalo in das gut 200 Meter weiter oben gelegene Kuna Tau Hostel und richteten uns zufrieden ein.

Leider kam schon der nächste Ärger (Brasilienliebhaber sollten diesen Abschnitt überspringen) nachdem ich mein Boardbag öffnete und das zwischen zusätzlich zur Schaumstoffdecke zwei dicken Schaumstoff-Trennungen eingepackte Surfbrett in meinen Armen hielt: Irgendwie hatten es die Grobiane von LAN geschafft, mein Surfbrett so herum zu schmeissen und zu misshandeln, dass es wieder in den Reparaturzustand gefallen war. Was mich zusätzlich äusserst wütend machte, war die Tatsache, dass ich das erste Mal so viel für den Transport bezahlen musste, weil die Brasilianer immer denken, dass sie etwas Besseres sind. Ein Land, das sich unter anderem Surfnation Südamerikas nennt; so ein Witz! Ich habe fast USD 80$ für den Transport bezahlt (ein Snowboard kann man übrigens gratis transportieren, egal ob es schwerer oder länger ist als ein Surfbrett) und nun durfte ich nochmals gut USD 20$ hinblättern, um es reparieren zu lassen, vorausgesetzt es gibt jemanden auf der Insel, der Surfbretter repariert. Im Drittweltland Bolivien, einem der zwei Länder Südamerikas, welche nirgends an einen Ozean grenzen, fragten mich die Flugangestellten äusserst nett, ob ich nicht einen "fragil" Sticker auf mein Boardbag kleben möchte und behandelten das Surfobjekt mit liebevollen Handgriffen. Ich verstehe es nicht! Brasilien ist definitiv ein Land für reiche Touristen und das geben die einem auch zu spüren; ich jedenfalls werde es meiden, bis ich genügend Kleingeld habe, um mir nach jedem Transport ein Surfbrett und dessen Exzessgewicht leisten zu können J. So, fertig gemeckert, die Leute wissen jetzt, dass ich vermutlich zu Unrecht nicht ein Anhänger Brasiliens bin.

An diesem Tag nach dem ersten Frust sind wir etwas umhergelaufen und haben einige Moai (ich kenne den Plural schlichtweg nicht) fotografiert und uns versucht Infos zu holen beim Infohäuschen hinter dem "Hauptbadestrand" mit 20 Zentimeter breitem Sandstrand und Surfspot für Anfänger und in der Nähe der beiden Tauchzentren. Wir schlenderten der Küste entlang dem Informationspfad von Hanga Roa bis nach Hanga Kio'e. Wir haben unter anderem den Ahu Tahai gesehen, welches eines der bekannten Lokalitäten für den Sonnenuntergang ist. Hanga Roa ist übrigens so am Rande erwähnt die einzige Stadt und gleichzeitig logischerweise die Hauptstadt der Insel, weshalb fast alle Einwohner hier zu finden sind (vereinzelt gibt es einige Häuser mit Bewohner im Zentrum der Insel und dem Strand entlang zwischen Anakena und Hanga Roa).

Die Informationsstelle ist nicht wirklich informativ genug für Leute, die nicht im gewöhnlichen Touristenstrom leben. Nebst vielen Backpackern gibt es nämlich eine grosse Anzahl meist älterer Leute, die vielleicht einen Monat unterwegs sind und Chile und die Osterinsel besuchen oder ein Arrangement Tahiti und die Osterinsel haben. Diese Leute können ganz offensichtlich signifikant mehr Geld ausgeben, als wir armen Backpacker und dementsprechend ist der Tourismus auch so angelegt. Der Durchschnittstourist bleibt kaum eine Woche und daher sieht auch das Marketing komplett anders aus und wie vorhin erwähnt, bleiben dann die wirklich interessanten Informationen aussen vor. Ein Beispiel, damit die Leser hier nicht dauernd nur meinen Behauptungen ausgesetzt sind: Ich marschiere also da in das Informationszentrum hinein und erkundige mich über verschiedene Aktivitäten, die meinem Aktivitätenprofil entsprechen (zum Beispiel halt nicht Golf spielen oder mit einem überfüllten Altersheimbus einen 500 Meter hohen Vulkan hochfahren) und brauche sicherlich 15 Minuten, bis die Dame langsam versteht, dass ich mich für die Machbarkeit einiger Touren auf der Insel interessiere. Sebnem und ich haben uns nämlich fest vorgenommen, einen grossen Teil der Insel, welcher nicht befahrbar ist, zu Fuss zu erkunden; ein Vorhaben, das uns im Nachhinein gesehen erstaunlich viel unserer Fitness abverlangte. Ich fingerte also auf der sehr guten gratis abgelieferten Landkarte herum und frage die Dame, ob man halt dem Strand entlang laufen kann von Anakena bis nach Hanga Roa. Sie schildert mir das ganze dann in etwa so: Man könne es schon laufen, aber es sei äusserst schwierig, da es keinen Weg gäbe und man eventuell einen Guide benötige. Es gäbe aber immer wieder Europäer, welche diesen Weg alleine marschieren. Sie hat mir dann von einer Spanierin erzählt, welche diesen Weg in zwei Tagen (sie schlief über Nacht in einer der zahlreichen Höhlen) erst kürzlich hinter sich gebracht hatte. Auch die Angaben bezüglich der Anzahl Kilometer variierten stark. Völlig nutzlos meiner Meinung nach! Punkt eins: wenn man gemütlich marschiert, dann ist die Strecke gut in 5-6 Stunden machbar. Punkt zwei: man wird es kaum glauben, aber ausser kurz nach Anakena und kurz nach dem höchsten Punkt der Klippenformation, wo man schon wieder auf die Strasse Richtung Hanga Roa sieht, gibt es unzählige Trampelpfade von Kühen, Menschen und den Pferdetouren, welche im Allgemeinen die einzigen Besucher dieses Inselabschnittes sind. Nach ein paar guten Lachern über die horrenden Preise der Reittouren ins Inland der Insel, hatten wir dann die Sache mit der lokalen Information auch abgehakt.

Nächster Tag oder zweiter Tag; ich weiss es nicht mehr so genau
J. Jedenfalls haben wir um 12.00 Uhr eine Tour gestartet an der Küste entlang zum Krater Rano Kau im Südwesten der Insel. Und zwar gibt es hier bereits eine "vorgeschriebene" Trekkingmöglichkeit auf dem Weg "Te ara o rapa nui" mit 23 tuki (points of interest) entlang, dessen wir jedoch nur bedingt gefolgt sind. Genauer gesagt gibt es zwei Wege mit insgesamt 23 tuki, welche total eine Strecke von rund 8km aufweisen und die Geschichte und Bräuche der ehemaligen Stämme von Rapa Nui aufzeigen. Der eine Wegabschnitt führt von der Stadt Hanga Roa über 4.4 km bis hin zu … und nennt sich "Hanga Roa Urbano" und der zweite Wegabschnitt führt über 3.6km den Berg hinauf zum Orongo, nennt sich "Te ara o te ao" und beschreibt das Tangata-Manu Ritual der Vogelmänner auf dem Krater Rano Kau. Die überlieferte Geschichte der Vogelmänner wird im Film "Rapa Nui" von Kevin Costner in einen packenden Plot verpackt und im lokalen Heimkino in Hanga Roa auf Englisch und Französisch (freitags) gezeigt. Kurz gefasst, lebten zur damaligen Zeit verschiedene Clans auf der Insel, die sich nicht besonders gut mochten. Aufgeteilt wurden die Bewohner von Rapa Nui in zwei Gruppen, den Langohren und den Kurzohren. Jedes Jahr (im Film nach 12 Monden, obwohl ich eher glaube, dass es 13 Monde waren, denn zu dieser Zeit kannten die Leute den heutigen dämlichen gregorianischen Kalender mit 12 Monaten nicht) wurde ein Oberhäuptling gewählt aus allen Clans und dieser bestimmte dann, was so auf der Insel lief. Im Film ist der Jefe ein Langohr und dementsprechend müssen die Kurzohren-Clans die Moai aus dem Stein hauen und aufstellen, um die Götter zu besänftigen. Dabei müssen sie immer grössere Moai "schnitzen" und nach einem kleinen Zwischenfall wird der Vorarbeiter oder Masterschnitzer sogar gebeten, den Figuren Hüte zu versetzen. Deshalb sieht man heute einige Moai mit Hut und einige ohne J. Um die grossen und sehr schweren Steinfiguren an den Ort zu transportieren, wo sie scheinbar hin müssen, werden sie wie schon bei den Griechen und Römer üblich auf Baumstämmen transportiert, bzw, gerollt. Da das Gewicht die Palmenstämme mit der Zeit zerdrückt, müssen immer mehr Palmen gefällt werden und das ist der Hauptgrund, weshalb man auf der ganzen Insel nur noch eine Handvoll Palmen sieht und im Gebiet rund um den Vulkan und in einem Gebiet kurz vor Anakena ein Wiederaufforstungsprojekt im Gange ist.

Die Wahl dieser tragischen Figur des Häuptlings wird durch einen Wettstreit der Vogelmänner, dem so genannten Tangata-Manu Ritual durchgeführt, was bedeutet, dass ein auserwählter fitter Junggeselle den bescheuerten Vulkan an einer sehr steilen Stelle hinunterklettern, mit einem aus Palmenblättern gebauten Surfbrett als Schwimmhilfe gegen die herbe Strömung zur vorliegenden Insel schwimmen und dort einem Vogel ein Ei klauen, dann zurück schwimmen und den blöden Vulkan wieder hochklettern und schlussendlich das Ei dem zukünftigen Oberhäuptling unversehrt in die Hand legen muss. Wenn man oben am Krater die Strecke zum Meer hinunterguckt, kann man Darwins Theorie wieder vollen Glauben schenken. Zurück zu unserem ersten Marsch.

Zuerst stiessen wir auf den Ahu Riata beim Hafen (ja ja, den gibt es auch, obwohl es einige Einwohner von Hanga Roa bestreiten). Die diesbezügliche Broschüre erhält man bei Sernatur im Zentrum. Nach dem Hafengelände sind wir an einer Lavasteinküste entlang gelaufen und auf den Steinen herumgeklettert und haben dadurch wunderschöne natürliche "Pools" entdeckt. Warnung an dieser Stelle an weniger erfahrene Wellen- und Gezeitenleser: Das Baden in diesen Pools kann sehr schön und interessant sein, ist aber unter Umständen lebensgefährlich. Die Wellen, welche auf die Osterinsel treffen, sind teilweise ungebremst mehrere 100km bis einige 1000km weit gereist und tragen dementsprechend viel Wasser mit sich. Die Springflut und einige Gezeitenwellen können einen arg überraschen und wenn man einmal davon erfasst wurde, kann man nur noch beten, dass man im Labyrinth schroffer und nadelspitzer Lavasteinformationen optimal durchgespült wird. Im guten Fall wird man mit herben Schnittwunden am ganzen Körper und bei Bewusstsein über eine Fangklippenformation gespült, im wahrscheinlicheren schlechten Fall ins tosende Bad der auf die Lavasteinformation preschenden Wogen gezogen und ertrinkt schlichtweg nachdem man sich an den ausgehöhlten Brandungswänden den Schädel gespalten hat J. Ich übertreibe hier bewusst ein wenig, denn wir wurden mehr als einmal etwas unerwartet von einer grossen Welle und ihrer Kraft überrascht. Es existieren ein Film und etwas Bildmaterial, wo ich mich bewusst und kalkuliert in eine moderate Gefahrenzone begebe, um die Wucht der Brandung eindrücklich zu demonstrieren (wir werden den Filmausschnitt bei Gelegenheit ins Internet stellen). Ich bitte an dieser Stelle alle Leser, welche diesen Schmarren nachmachen wollen, sich das genaustens zu überlegen; ich habe mir trotz Kontrolle einige Verletzungen in Form von kleinen Schnittwunden und einer heftigen Beule am Kopf zugezogen.

Wie vor einigen Abschnitten erwähnt waren wir also unterwegs den Vulkan hinauf, nahmen jedoch eine etwas unkonventionelle Route, welche wir uns selbst ausgedacht hatten und sich wieder einmal als äusserst kräfteraubend herausstellte. Vorallem meine arme Sebnem findet es gar nicht lustig in der prallen Sonne einen Vulkan zu besteigen, wo die erste mathematische Ableitung gegen unendlich geht. Wir kamen nach tuki 14 bei der Höhle Anakai Tangata Manu an und besuchten diese. Vorsicht bei Flut, da kann es einem passieren, dass man vom ansteigenden Wasser überrascht wird.

Irgendwann kamen wir dann am Krater an und trafen auf die Altersheimbusse, welche in Strömen gebrechliche Menschen an den Krater entlaufen liessen. Ganz oben angelangt bezahlt man den Eintritt in den Nationalpark, welcher symbolisch für alle Nationalpärke auf Rapa Nui gilt und mit rund USD 10$ pro Person zu buche schlägt. Viele Leute meiden es dort hoch zu gehen und das Ticket zu kaufen, da sie entweder wissen, dass man nirgends sonst auf der Insel nach diesem gefragt wird oder es einfach nicht wissen. Ich empfehle es jedem, so ein Ticket zu kaufen, dann die Parkwächter auf Rapa Nui sind ausgebildete Leute und lieben es einem alle Details der Geschichte ihrer Insel zu erzählen. Mit dem Coupon kann man auch alle archäologischen Sites auf der Insel besuchen (wir wurden jedoch nie nach dem Ticket gefragt). Ein Vorteil des Tickets ist der Besuch von Orongo, einem Zeremoniedorf, welches unter permanenten Schutz der CONAF steht. Kleiner Tip(p): Falls man sich etwas unterschätzt hat mit dem Marsch auf den Vulkan kriegt man, sofern man ganz höflich fragt, auch Wasser bei der Bergstation von den Parkwächtern.

Am darauf folgenden Tag haben wir nicht viel unternommen, da er sehr im Zeichen eines unermüdlichen Regens stand. In dieser Sache möchte ich es nicht unterlassen ein paar Worte über die faszinierenden Mikroklimas (ich dachte immer der Plural sei Klimata, aber Microsoft Word hat mich eines Besseren belehrt) auf dieser Insel zu sprechen. Wenn man sich zum Beispiel in den Rano Raraku Vulkan begibt, kann es sein, dass es innerhalb des Vulkans regnet und man sieht von innen her einen Regenbogen, da ausserhalb des Vulkans Richtung Landesinnere zum Beispiel eitler Sonnenschein herrscht. Fährt man von Anakena nach Hanga Roa oder umgekehrt, kann es sein, dass man für einige Kilometer in einer Regenwand fährt und man sich danach plötzlich wieder bei 30° und wolkenlos auf der Strasse befindet. Manch ein Tourist, welcher sich ein Fahrrad oder Moped ausgeliehen hat, um die Insel zu erkunden wurde herb vom Regen überrascht.

Wie eingangs des Abschnittes erwähnt, blieben wir zu Hause an diesem Tag und schrieben Postkarten. Etwas, was wir ansonsten nie machen. Einige Leute, die sich Richtung Strand gewagt hatten erzählten uns, dass es dort einigermassen warm und sonnig war; da wären wir wieder beim Mikroklima. Wir haben uns auch überlegt, ein Auto oder Scooter zu mieten, da wir einmal die Runde auf der Insel machen wollten, die die Touristen auch bei der Tagestour absolvieren. Man kann die Sehenswürdigkeiten dem Strand entlang sehr gut per gemieteten Fahrobjekt erkunden, erfährt aber äusserst wenig über die Geschichte der Relikte, geschweige denn über einige der Errungenschaften und Ingenieurskünste der einstigen Bewohner der Insel. Die Fahrobjekte können entweder für 8 Stunden, einen Tag oder für mehrere Tage gemietet werden. Preise für die Autos bewegen sich im Normalfall so zwischen $70 USD bis $90 USD pro Tag; die 8 Stunden sind nicht wesentlich günstiger. An die Preise der Fahrräder möchte ich mich nicht mehr erinnern, aber ich weiss noch, dass uns zwei Fahrräder das gleiche gekostet hätten, wie ein Scooter. Dreimal darf der aufmerksame Leser raten, für was sich so ein waschechter Durchschnittsschweizer entscheidet; Hinweise darauf gibt es in einem unserer Beiträge über Chile.

Der nächste Tag stand im Zeichen einer neuen Bekanntschaft und zwar mit der fröhlichen und jungen Yanina, welche für LAN Chile arbeitet und sich so die Reise auf die Osterinsel leisten konnte. Leider hat sich LAN Chile während ihres Aufenthaltes bezüglich der Mitarbeiterkonditionen umentschieden und bescherte Yanina ein übles Problem, doch mehr dazu weiter unten. Nebst Yanina haben wir noch die sehr interessante Australierin Justine und zugleich Yaninas Zimmergenossin kennen gelernt, die bis zu ihrem einmonatigen Sabbatical über 10 Jahre lang für Kanal 7 in Sydney geschuftet hatte. Justine hatte sich ein Auto gemietet und Yanina, welche alles zum ersten Mal sah und erlebte, eingeladen mit ihr die Insel zu erkunden. Da die zwei Mädels das Auto noch einen halben Tag zur Verfügung hatten, fragten wir sie, ob wir nicht mitfahren könnten und so die Kosten teilen würden. Alle waren von der Idee begeistert, zumal sich unsere Ziele mit deren von den Ladies überdeckten. Wir erkundeten mit ihnen zuerst die Südküste der Insel. Wobei dort nicht sehr viel zu sehen war, ausser ein paar Überresten einiger Moai.

Danach fuhren wir zum Vulkan Rano Raraku und bewunderten die vielen Moai rundherum. Dies ist die Geburtsstätte der Moai resp. der Steinkolosse. Hier meisselten die Rapa Nui die gigantischen Moai aus dem vulkanischen Gestein, um sie später auf rollenden Baumstämmen an ihren Zielort zu ziehen. Das Gebiet bietet einem eine atemberaubende Aussicht über die Ahu von Tongariki. Man kann sogar in den natürlich nicht mehr aktiven Vulkan hinspazieren. Anscheinend sei das erlaubt, aber man darf nicht überall hingehen, was wir natürlich grosszügig übersahen. Es existieren bei den Touristentrecks rund um den Vulkan auch einige Hausdrachen mit massiven Megaphonen, welche nicht parierende Touristen mit einem massiven lautstarken Gebrüll durch das Megaphon zur Raison bringen. Witzigerweise sind die Parkwächter an dieser Stelle Frauen und diese sehen ziemlich furcht erregend aus. Der Trick für den bewussten Wanderer ist natürlich die Sache ganz früh morgens anzugehen, wenn der Hausdrache mit dem Megaphon noch friedlich in seiner Höhle schläft. Sobald man im Krater ist, kann man sich in einen der Tierpfade begeben und im Schutz der höheren Sträucher in der Nähe des Kratersees herumlaufen. Es gibt einen sehr imposanten Aussichtspunkt auf dem Kraterrand, welcher nur von innen her zu erklimmen ist. Es befinden sich dort eine Art natürlicher Unterstand und ein umgekippter Moai. Als wir oben ankamen überraschte uns das Mikroklima und wir wurden Zeugen eines heftigen Regens, während man von der Anhöhe hinter dem liegenden Moai wunderschön die Sonne über dem Meer erblicken konnte. Auf dem Rückweg passierten wir einen Parkranger, welcher es nicht unterlassen konnte uns darauf hinzuweisen, dass es nicht erlaubt sei, dort hinauf zu marschieren. Ich fand es etwas übertrieben.

Danch ging es zurück nach Hanga Roa. Sie mussten leider bereits um 13.00 Uhr das Auto abliefern bei einer gewissen Monica. Zu Monica möchte ich nicht allzu viele Worte verlieren, ausser dass sie mich schon nach 5 Minuten sehr gut mochte. Monica ist eine umoperierte Frau, die/der sehr auf Männer aus der Schweiz oder Deutschland steht. Dummerweise bin ich weder original Schweizer noch stehe ich auf umfunktionierte Männer (wer weiss, was da noch alles nicht fertig umoperiert ist). Ausserdem war Monica nebst ihrer äusserst sensiblen und extrovertierten Art (erste Offerten bezüglich einer Übernachtung mit persönlicher Massage kam nachdem ich sie 5 Minuten kannte und etwa 20 Meter von Sebnem entfernt war) keine Schönheit und auch nicht mit viel Intelligenz gesegnet. Monica war der Mittelmann einer Autovermietung mit genau einem Auto und mehr wollten wir eigentlich nicht wissen. Sie besitzt den Beautysalon am Pier unten und er ist eigentlich trivial zu entdecken. An der einen Wand hat jemand "la perra" (aus minimalem Respekt erspare ich ihr die Übersetzung ins Deutsche) hingeschmiert.

Sebnem und ich entschieden uns das Auto nochmals zu mieten ab 16.00 Uhr bis zum nächsten Tag und nach ein paar Telefongesprächen von unserer neuen Freundin Monica war alles geregelt. So gingen wir vorher noch kurz was Essen in einem Hamburgerladen. Danach erklärte sich Yanina bereit, mit uns kurz ins LAN Büro zu kommen. Sie wollte uns mit der Umbuchung unserer Flüge behilflich sein, da sie ja für LAN Chile arbeitet. Die Angestellten bei LAN auf der Osterinsel sind überaus nett und hilfreich und haben uns die Flüge von Auckland – Nadi und Nadi - Sydney zeitlich umgebucht und dies ohne Entgelt. Leider jedoch hatte Yanina ein paar Probleme mit ihrem Rückflug. Da sie bei LAN Chile angestellt ist, konnte sie fast gratis auf die Osterinsel reisen und eigentlich auch zurück. Aber der Rückflug gestaltete sich ein bisschen komplizierter als ihr ursprünglich versprochen wurde. Mit ihrem im Voraus gekauften Ticket konnte sie leider nicht mehr zurückfliegen, da es genau an diesem Tag eine Änderung der internen Regelung gab. Anscheinend machen zu viele LAN Angestellte Urlaub auf der Osterinsel und sie wollen das anscheinend auf eine absurde Art unter Kontrolle bringen. Somit hat der neue CEO von LAN Chile entschieden, dass neu Mitarbeiter nicht mehr zu vergünstigten Konditionen oder nur noch wenn es wirklich freie Plätze hat, zurück ans Festland fliegen können. Das alleine ist schon ziemlich übel, aber jetzt kommt der Hammer. Die Regelung wurde rückwirkend festgelegt, so dass die sich auf der Osterinsel befindenden Mitarbeiter entweder nochmals ein Ticket kaufen mussten oder aber darauf warten mussten, bis wirklich ein Platz frei wurde auf einem Retourflug; bei der konstanten Überbuchung dieser Linie ein etwas schwieriges Unterfangen. Zusätzlich musste Yanina noch ein paar Batzen draufzahlen, was wir sehr ungerecht fanden, aber schlussendlich halt doch wieder in die Geschäftsmentalität der Südamerikaner passt. Sie nahm es erstaunlich gelassen und hoffte einfach, dass sie vor dem Arbeitsantritt am folgenden Montag wieder in Santiago de Chile sein würde. Das Hostel musste sie auch wechseln, denn sie hatte ja nicht vor, so lange zu bleiben. Zurück zum Auto, welches wir ja für einen Tag gemietet hatten.

Als Justine das Auto abholen ging, sagte ihr Monica, dass wir es nicht wie abgemacht für 24h sondern für nur 5h haben können. Die liebe Monica hatte uns Falschinformationen gegeben. So fuhren wir am späteren Nachmittag noch zum Ahu Akivi, den sieben Moai, deren Gesichter zum Ozean zeigen; das sind übrigens die einzigen Moai, welche Richtung Meer blicken. Danach fuhren wir Richtung Westküste. Unterdessen gingen wir auf Höhlensuche und entdeckten drei Höhlen.

Auf dem Rückweg haben wir Yanina noch Autofahren beigebracht. Sie hat das ganz gut gemacht und fuhr dann fast bis in Zentrum zurück. Dies war übrigens ihre erste Reise und zudem unternahm sie sie alleine. Wir machten Halt beim Ahu Tahai und warteten auf den so berühmten Sonnenuntergang.

Danach begaben wir uns nach einem kleinen Einkauf ins Hostel zurück und kochten uns Vieren was leckeres, bzw. ich & Sebnem kochten. Monica wurde inzwischen bereits wütend, weil wir ihr den Wagen nicht rechtzeitig zurückgebracht hatten; da kam nur noch eine Person in Frage, um ihr den Wagen zurück zu bringen J. Viel Lust hatte ich nicht wirklich und schleppte Sebnem mit. Als mich Monica erblickte, war sie schon wieder ganz beruhigt und alles war weniger schlimm als es noch am Telefon klang. Wir haben uns dann nett verabschiedet und ihr gesagt, dass wir dann eventuell noch bei ihr vorbeischauen würden auf einen Drink.

An dieser Stelle bin ich mir bewusst geworden, dass es noch rund ein Dutzend Anekdoten zu beschreiben gäbe, der Bericht aber schon eine unangenehme Länge angenommen hat und alle anderen Berichte blockiert. So beschränke ich mich auf ein paar Sehenswürdigkeiten und Dinge, die uns aufgefallen sind und ein paar Worte über Surfen auf der Osterinsel und die kleine aber eingeschworene Surfcommunity von professionellen Big Wave Riders.

Wenn wir zu den weiteren Sehenswürdigkeiten im Generellen auf der Insel kommen, dann gibt es meiner Meinung nach noch folgendes zu erwähnen: Die "Stehenden Moai" findet man überall verstreut auf der Insel. Die Moai, die uns am meisten beeindruckt haben sind der Ahu Nau Nau in der Nordküste bei Anakena und diejenigen bei Tongariki, welche bei Sonnenaufgang am besten anzusehen sind. Der Ahu Nau Nau aus dem Grund, weil dieser an einer wunderschönen Lage am Strand neben Palmenbäumen steht und einer der am besten erhaltene ist. Tongariki ist wegen seiner 15 Moais sehr speziell und wurde Ende der 90er Jahre komplett restauriert, da ein Tsunami im Jahre 1960 den Ahu zerstörte. Man sollte auf keinen Fall einen Sonnenuntergang beim Ahu Tahai verpassen während eines Aufenthaltes auf der Insel. Speziell ist auch der Ahu Akivi, auf welchem sieben Moai stehen, die auf das Meer blicken und welcher sich im inneren des Landes befindet. Auch dieser Ahu wurde in den 60-er Jahren restauriert. Die restlichen Moai sind mehrheitlich direkt an der Küste anzutreffen. Anderseits kann man auch viele zerstörte Moai entdecken, wie z. B. der Südküste entlang. Natürlich lohnt es sich die Südküste ausgiebig zu erkunden, jedoch ist es in diesem Fall wohl intelligenter einen Guide dabei zu haben, der einem über die zerstörten Moai aufklären kann. Ansonsten wurde man wahrscheinlich einfach an einem solchen vorbeifahren, ohne zu realisieren, dass es sich bei den Steinbrocken um zerstörte Moai handelt.

Petroglyphen findet man auch auf der Insel. Diese widerspiegeln teilweise die Schriftsprache Rongo Rongo, welche leider schon sehr lange ausgestorben ist. Dummerweise wurde sie nicht übertragen und es fehlen zu viele Semantik und Pragmatik Hinweise, als dass jemand die Zeichen komplett entziffern könnte.

Zum Thema Strände. Die gibt's natürlich auf jeder Insel zuhauf, jedoch Sandstrände sind auf der Osterinsel rar. Es gibt zwei ganz bekannte Strände im Norden, den grossen Anakena und den kleinen Ovahe Sandstrand. Andere gibt es auch der Ostküste entlang, jedoch sind diese nicht so imposant und auch nicht für jedermann erreichbar. Der Anakena Strand, da grösser und mit Moai Kulisse, ist an schönen Tagen und Wochenenden sehr voll. Wir haben natürlich auch je einen Tagesausflug an die Strände Anakena und Ovahe im Norden gemacht. Beide Strände sind sehr schön und es lohnt sich eine kleine Auszeit zu nehmen und eine Runde im Wasser zu schwimmen. Die kleinere Bucht bei Ovahe jedoch bietet bessere Schnorchelmöglichkeiten. Wir gingen zwei Mal länger hier schnorcheln und konnten das wunderschöne Korallenriff und Unterwasservulkane (befindet sich ausserhalb des Riffes und ist nur für geübte Schnorchler oder Schwimmer machbar) bewundern. Fische gibt es leider nicht sehr viele, aber dafür sind die Korallenriffe wirklich sehr schön. Zudem findet man östlich der Strände den grössten jemals transportierten Moai namens Ahu Te Pito Kura; leider wurde dieser auch umgestürzt.

Ebenfalls haben wir eine "kleine" Wandertour durch den Norden der Insel gemacht, um einmal zu sehen, wie viele Steine noch nicht weggeräumt wurden. Der Vorteil ist, dass es praktisch garantiert keine Touristen mehr hat oder nur noch solche, die wirklich etwas fitter sind. Der Marsch vom Anakena Strand bis Tepeu (danach kann man wieder Autostop machen) dauert im gemütlichen Tempo mit ein paar kurzen und einem längerem Stop garantiert 4-5 Stunden. Da es ausser Höhlen praktisch keinen natürlichen Sonnenschutz gibt, muss man sehr viel Wasser mitschleppen, die Sonnencreme als Infusion parat halten und sich bewusst sein, dass die Sonne von hinten her auf den Körper scheint. Das ist perfekt, um fortlaufend gute Fotos zu schiessen, ohne sich umdrehen zu müssen, wirkt sich aber fatal auf alle Körperteile aus, die man in Unachtsamkeit vergessen hat einzucremen. Sebnem hat dies leider bitterböse bezahlt, als ihr nach gut 4 Stunden die Wadenbeine abgebrannt waren. Dummerweise merkt man dies nicht so schnell, da die Wanderschuhe mit den Socken eng am Bein anliegen und den Blutzufluss etwas mindern und daher das Schmerzempfinden etwas gelindert ist. Der Spaziergang ist wirklich sehr interessant, man kommt an vielen Höhlen vorbei, welche man auch zum Übernachten benutzen kann, sollte man es nicht mehr rechtzeitig zurück nach Hanga Roa schaffen. Gut zur Hälfte des Weges trifft man auf eine grosse Vieh- und Pferdeherde und danach auf eine Art (unbewohnter) Bauernhof. Kurz danach kommt der stetige Anstieg immer an den Klippen entlang bis man von ganz oben herab in weiter Ferne die Strasse des Rundwegs erkennen kann. Von dort aus sind es gut nochmals 90 Minuten Marsch. Des Weiteren kommt man vereinzelt an einer Palme vorbei und fragt sich, wie und wieso gerade die dort überlebt hat. Es gibt einige Bananenstauden, Avocadobäume und ich habe noch so einen Fruchtstrauch gefunden, dessen Früchte ich genossen habe, Sebnem jedoch keine essen wollte J; ich lebe immer noch. Immer wieder schlendert man an umgestürzten Moai auf ziemlich zerstörten Ahus vorbei, meist teilt man sich die Sehenswürdigkeit mit irgendwelchen Hühnern. Da Sebnem am Schluss wirklich leiden musste und fast nicht mehr gehen konnte, haben wir uns entschieden auf der Strasse von Tepeu nach Hanga Roa eine Rapa Nui zu fragen, ob sie uns mitnimmt. Die erste Person war auch gleich so nett und hat uns freundlicherweise bis zurück in das Dorf mitgenommen. Sie baut gerade ein Ecohotel in Hanga Roa und scheint die lokale Geschäftsfrau zu sein. Jedenfalls ist sie sehr viel herumgereist in der Welt und kommt immer wieder zurück auf die Osterinsel. Ihren Namen habe ich leider vergessen.

Wie schon öfters in diesem Bericht erwähnt, gibt es unzählige Höhlen auf dieser Insel. Gasblattern in erkaltenden Lavaströmen haben dazu geführt. Die meisten findet man relativ schnell, einige weniger. Es gibt im Internet von einer deutschen Person eine Abhandlung über die rund ein Dutzend Höhlen, welche man besuchen sollte, inklusive Beschreibung des Auffindungsortes. Die für uns am beeindruckenste Höhle ist die Ane Te Kohe. In der Mitte ist ein Avocadobaum herausgewachsen und man kann nur mit einem Seil und Taschenlampe hinunterklettern. Diese ist unweit von Ane The Pahu gelegen, die auch als Banana Cave bekannt ist, weil dort Bananenstauden aus einem Ende der Höhle wachsen. Sehr interessant ist auch die Höhle Ana Kakenga mit ihren zwei Höhlenfenstern; auf Spanisch wird diese aus diesem Grund "dos ventanas" genannt.

Dazu gibt es noch eine kleine Anekdote: Wir suchen also diese "dos ventana" Höhle, zusammen mit zwei Schweizern und zuvor schon einmal mit Yanina und Justine, aber können die nicht finden, obwohl sie eine der meist besuchten Höhlen der Insel sein soll. Wir fahren nun denn an den Ort, wo es viele Radspuren anderer Besucher der Höhle hat und halten gut 20 Meter vor einem kleinen Loch mit Treppe nach unten an: eine Höhle und ich steige ein paar Stufen hinunter und sehe, dass es stockfinster ist und entscheide, dass dies sicherlich nicht die berühmte Höhle sein kann. Also gehen wir auf Entdeckungstour. Mindestens eine halbe Stunde lang irren vier Schweizer umher und entdecken alles andere, nur nicht diese Höhle. Schlussendlich entschieden wir uns zu sehen, wie weit man denn in dieser dunklen Höhle kommt, wenn man sich einfach weitertastet. Ich voran mit dem zweiten Kollegen, der mit dem Blitz seiner Kamera Lichtfunken erzeugt und uns so den Weg um zwei Ecken in die eigentliche Höhle bahnt. Wir hatten sie endlich gefunden, diese blöde Höhle. Ich haschte zurück, um Sebnem zu holen und vertrampte mir meinen Fuss. Was für ein Idiot, nun konnte ich nicht mehr Surfen! Zugegeben, mein Surfbrett war ja auch noch kaputt vom Transport, aber die Wellen waren wirklich unglaublich gut. Als wir alle wieder draussen waren, entschied ich, dass wir den Ort im Rapa Nui Style beschriften müssen, damit andere Suchende die Höhle schneller finden würden. Wir haben dann kurzerhand eine 2 und ein fensterähnliches Gebilde mit einem Richtungspfeil aus herumliegenden Lavasteinen gebaut. Ich habe mittlerweile schon ein Email gekriegt von jemandem der auch im gleichen Hostel war und so die Höhle gefunden hatte. In der Zwischenzeit hat schon jemand einen Totenschädel auf den Pfeil postiert. Ich bin jedoch stolz darauf, der Osterinsel etwas beigetragen zu haben und wer weiss, vielleicht rätselt man in 1000 Jahren über diese Skulptur nach.

Was bleiben sind noch ein paar Stichwörter, wie zum Beispiel Wind of Change. Da das lokale Radio nicht über die Ressourcen verfügt, über welche andere Stationen verfügen, werden die Musikstücke alle paar Stunden repetiert; oder zumindest scheint das der Fall zu sein, denn das vorhin genannte Lied wurde sicher einmal pro Tag gespielt.

Zu guter Letzt gibt es noch die tragikomische Geschichte mit meinem Surfbrett und der lokalen Surfcommunity. Wenn es ums richtige Surfen geht, dann gibt es auf Rapa Nui einen zentralen Ansprechspartner: Oscar. Oscar ist alles, Surfer, Maler, Philosoph, Händler und Regisseur. Was aber am Wichtigsten ist, Oscar ist die einzige Person auf der Osterinsel, die Surfbretter repariert. Bis zum Zeitpunkt, als ich mit meinem kaputten Surfbrett auftauchte, konnte man noch Spezialpreise aushandeln. Jetzt kostet jedes kleine Ding mindestens USD 20$. Der Grund: Er ist der einzige, der repariert und kann das halt so bestimmen. Zudem warteten zum Zeitpunkt meiner Reparatur rund 20 andere Surfbretter auch auf deren Reparatur. Oscar liebt es zu philosophieren und zwar stundenlang. Er ist ein sehr intelligenter Zeitgenosse, aber leider auch etwas ein langweiliger, wenn es um Abmachungen geht; vermutlich so ein typisches Merkmal von Künstlern (ohne, dass ich hier meiner Schwester zu Nahe treten möchte oder sie sogar diffamieren wollte). Ich brachte also mein Surfbrett am Freitagabend und wollte wissen, bis wann ich es denn haben könnte. Tja, mein Junge, das ist nicht so einfach. Weißt Du, ich arbeite Samstag meistens nicht so oft und gerne und widme mich lieber der Malerei. Gut, wie steht es mit Sonntag? Eigentlich schon, aber an diesem Sonntag kommt gerade ein Riesenswell angebraust und dann muss ich natürlich raus aufs Meer surfen. Ok, verstehe ich, wie steht es mit Montag? Ja Montag könnte ich es machen, und dann hast Du es am Dienstag. Gut, ich bezahl dem guten Mann das Geld und zische ab. Am Sonntag kommt tatsächlich ein Monsterswell rein und beschert uns auf der Südostseite (wo die richtigen Surfer die Wellen bekämpfen) 5 bis teilweise 7 Meter hohe Wellen. Sebnem und ich fahren so von Vinapu nach Vaihu und entdecken diesen Surfspot, wo genau ein Surfer drinsitzt und die fettesten Wellen absahnt. Diese alleine mussten schon 4 Meter gross gewesen sein. Am Dienstag fahre ich zu Oscar und er labert mir die Ohren voll, dass es am Montag immer noch einen guten Swell gab und die Jungs raus mussten, um den Dokumentarfilm fertig zu drehen. Mein Surfbrett wäre am Mittwoch gegen Mittag bereit. Ich frage ihn natürlich nach dem Film und so sitzen wir Minuten später mit zwei weiteren Jungs in seiner Wohnung und gucken uns an, wie die 5 lokalen Jungs (darunter ist ein brasilianischer gesponsorter Profisurfer dabei) per tow-in (das bedeutet, dass man den Surfer per Jetski in die Wellen zieht, da diese so gross sind, als dass man sie mit Muskelkraft alleine anpaddeln könnte) massive Wände surfen. Definitiv zu gross für mich und somit bin ich überzeugt, dass es ruhig noch ein Weilchen dauern kann, bis mein Surfbrett fertig ist. Ein weiterer lokaler Surfer kommt hinzu und erzählt mir von einem Projekt, das er mit der chilenischen Regierung durchführt, wobei sie einen Ecosportfilm drehen, der den Tourismus auf der Osterinsel mehr auch Richtung Extremsport treiben möchte. Dabei muss er möglichst viele Arten von Extremsportarten aufzeigen, die man auf der Osterinsel betreiben kann und was er so macht, ist sehr beeindruckend. Das ganze soll im 2009 herauskommen.

Was haben wir nicht gesehen: Die Poike Halbinsel haben wir leider nicht besucht. Dort befindet sich die so genannte Jungfrauenhöhle. Sie spielte früher eine wichtige Rolle. Auserwählte Jungfrauen wurden dort über Wochen eingesperrt um ihre Haut zu bleichen.

Die Energie, um so langsam zu Schluss zu kommen, ist auf der Osterinsel sehr kostbar und die chilenische Regierung sucht noch Sponsoren, die Windkraftwerke errichten können. Es gab diese früher einmal, aber die waren nicht so gut und waren der Bevölkerung zu laut. Energie scheint eine der treibenden Kostenfaktoren zu sein auf der Insel und wer in seinem Garten vielleicht noch ein paar Turbinen übrig hat, soll die doch dort installieren. Da ist ein enormes Potential vorhanden als Energielieferant. Ein weiteres Potential ist mit dem Internet vorhanden. Ich habe den lokalen Internetprovider kennen gelernt und Zugang zu nicht öffentlichen Skizzen über Vernetzungen des Drahtlosen Internets auf der Insel gehabt, als ich zusammen mit dem Sohn des Geschäftführers auf ein paar WLAN Sniffingtouren ging. Ziel war es, zu einem Fixtarif Wireless Internet zu unserem Hostel zu liefern. Der schematische Aufbau der Internetzufuhr ist äusserst interessant. Die Osterinsel wird per Satellit mit Internet beliefert und dann verteilen im Moment 12 aktive Wireless-Antennen gut pla(t)ziert ums Dorf das Internet unter die Haushaltungen. Der Jüngling mit seinem Laptop verwaltet alles, der Vater handhabt das Geschäftliche. Die Standorte und Ausrichtungen der Antennen war besondere Ingenieurskunst, da es auf der Osterinsel einen erhöhten Umfeldmagnetismus gibt und die starken Felder die Wireless-Funkstrahlen biegen. Alles in allem verbrachte ich mit dem netten Kerl gut einen halben Tag und habe einiges gelernt über Internet auf der Osterinsel. Die Familie selbst betreibt auch ein unscheinbares Internetkaffe, welches sie aber in Begriff sind, stark auszuweiten. An den Namen kann ich mich nicht mehr erinnern, aber es steht an der Hauptstrasse fast gegen Ende der Strasse, wo die Hauptstrasse in die Strasse mündet, welche an Oscar's Laden zur Kirche führt ein mit Atanet gekennzeichnetes Schild an der Strasse. Hier vielleicht noch ein Hinweis, an alle Reisenden mit Laptop, welche versuchen, den WEP Schlüssel zu knacken: Spart Euch die Mühe, der Sohnemann der Familie hat MAC-Filter eingerichtet und IP whitelists konfiguriert. Wer das nicht versteht, soll sowieso einfach ins Internetkaffe und bezahlen J.

Während des Erfassens dieses Berichts habe ich einmal per Zufall CNN geschaut und meinen Augen fast nicht getraut. Scheinbar hat sich so ein finnischer Trottel erlaubt ein Stück Ohr eines gut 500 jährigen Moai abzureissen. Nicht einmal wenn ich komplett besoffen wäre, käme ich auf so eine bescheuerte Idee und ich glaube auch kaum, dass es jemand wirklich witzig fand. Gemäss CNN kann er mit bis zu 7 Jahren Haft und $19'000 USD Busse bestraft werden. Das ist meiner Meinung nach noch zu wenig, aber so wie ich die Bürokratie in Chile vermute, wird das Bürschchen mit einer kleinen Geldstrafe davonkommen. Ich bin einfach fasziniert von dieser Insel und generell von antiken Kulturen und kann es nicht verstehen, wie blind und bescheuert einige Leute durch die Welt stampfen. Solche Leute sind vielerorts der Hauptgrund, dass man fast nichts mehr machen kann oder sich frei bewegen kann. Früher konnte man auf der Osterinsel überall frei campen, ausser auf historischen Stätten. Man konnte jeden Berg besteigen und um jeden Vulkan herumlaufen. Heute ist das ganz anders: Campieren ist nur noch mit Spezialbewilligung erlaubt oder auf einem der wenigen designierten Campingplätze der Insel. Generell wird das Übernachten im Freien von den Verantwortlichen so gehandhabt, dass man bei einer Nacht ein Auge zudrückt. Ein Grund dafür ist, dass es einige Touren gibt, bei welchen man im Freien übernachtet, ein weiterer Grund ist, dass es immer wieder Touristen gibt, welche den Rückweg zu Fuss nicht mehr vor Einbruch der Dunkelheit schaffen und sich dann entscheiden in einer der zahlreichen Höhlen entlang der Küste zu übernachten. Einige der Höhlen haben sogar Stroh ausgelegt, was vermutlich eher für die Tiere gedacht wäre, jedoch im Ausnahmefall sehr bequem sein kann. Die Restriktion kam irgendwann einmal vor wenigen Jahren, als immer mehr Abfall von im Freien übernachtenden Touristen liegen blieb. Solche Geschichten höre ich immer wieder, wenn ich so herumreise und vergleiche mit früher. Vor rund 10 Jahren habe ich einmal das Operahouse in Sydney beklettert. Ich habe zwar einen heftigen Zusammenschiss gekriegt, aber trotzdem nahmen es alle Polizisten ziemlich locker (die Idee dazu kam von meinem 60-jährigen australischen Freund Joseph Mack, der gleiches ein paar Jahre zuvor gemacht hatte). Irgendwann wurde es zu einem kleinen Trend und andere Idioten wollten das Operahouse hochklettern. Dabei hatte auch einen besonderen Idioten, welcher nicht nur einfach zum Spass und ohne gross Spuren zu hinterlassen da hinaufkletterte, sondern politisches Material oben anbrachte. Sobald Leute anfangen dummes Zeugs zu machen und grobe Spuren hinterlassen oder Aufmerksamkeit suchen werden diejenigen bestraft, welche es einfach zum Spass machen.

Die restlichen Bilder kann der aufmerksame Leser in folgenden Alben finden:

Sonntag, 17. Februar 2008

Brasilien: Rio de Janeiro

Rio de Janeiro. Es gäbe vermutlich unendlich zu schreiben über die ungeahnt schöne und interessante Stadt. Da wir uns verleiten liessen nur kurze Zeit in dieser Stadt zu verweilen und alle wichtigen Sehenswürdigkeiten in zwei Tagen zu besuchen, halte ich mich hier etwas kürzer J.

Sebnem hat natürlich innerhalb kurzer Zeit ihren Schönheitsschlaf gefunden und ich habe begonnen die inexistenten Strassenlaternen auf der Autostrasse von Florianópolis nach Saõ Paulo zu zählen. Wir hatten Sitz 3 & 4 direkt vorne am Bus mit Blick auf die dunkle Strasse und optimalen Blendverhältnissen, wenn wieder einmal ein Lastwagen mit Flutlicht entgegen kam. Ich war kurz vor der Erblindung als wir in Saõ Paulo ankamen und sichtlich müde. Es sind solche Momente, in welchen man in einer Partnerschaft reisend versuchen sollte, möglichst nicht viel zu sprechen oder sich zu nahe zu kommen. Man ist einfach auf alles empfindlich. Wir haben uns jedoch zusammengerauft und sind gleich hoch in den zweiten Stock des Busterminals, wo man die Tickets kaufen kann. Bei der erst besten Gesellschaft haben wir sodann die Tickets nach Rio de Janeiro gekauft und uns auf den Weg zur Plattform 14 gemacht. Dann kommt meistens der typische Ablauf nach einer Busreise: Im Tumult der sich nach vorne preschenden Lokalen sein Gepäck ergattern, gestaffelt Toiletten aufsuchen und Geschäft verrichten, Kaffeestand suchen und einen Kaffe Latte und ein Eingeklemmtes verdrücken und sich dann versuchen zu erholen. Die Wartezeit war kurz und wie so üblich war unser Bus zu spät, vielleicht eine Viertelstunde, aber die uns in der Schweiz einzementierte Pünktlichkeit lässt sich doch schwierig ausmerzen; wir sind und bleiben auch nach gut Dreivierteljahr Südamerika zeitbewusste Europäer. Die Laxheit der Lateinamerikaner imponiert, die traditionelle Genauigkeit und das leicht militante Ordnungsbewusstsein jedoch sind indoktriniert und weichen Ersterem nicht.

Die 5-Stunden Fahrt nach Rio de Janeiro verging wie im Fluge und auch die Sitze fühlten sich viel bequemer an. Ich fand sogar ein paar Stunden den dringend nötigen Schlaf. Ironisch; behaupte ich doch immer, dass wenn einer nicht schlafen kann, er auch nicht wirklich müde ist. Fährt man von Saõ Paulo nach Rio de Janeiro erwartet man als vorbereiteter Tourist jederzeit entweder die Christ Redeemer Statue oder den Zuckerhutberg zu erblicken. Meiner Meinung nach habe ich bis beim Busterminal angelangt keine der beiden Sehenswürdigkeiten gesehen. Man darf aber auch die Grösse und die Topologie von Rio de Janeiro nicht unterschätzen.

Wir oder besser gesagt Sebnem wieder einmal haben uns das Ace Hostel (Tel: (21) 2527 7452, Rua São Clemente 23, 1st Floor, Botafogo, http://www.acehostels.co.br/) im Stadtviertel Botafogo ausgesucht. Im Nachhinein gesehen für die zwei Nächte die wir nur in Rio de Janeiro verbrachten haben, eine weise Entscheidung. Das Hostel ist sehr zentral gelegen direkt am Praia Botafogo. Busse ins Zentrum und Copacabana / Ipanema sind in unmittelbarer Nähe, jedoch sind sich die Leute in der Umgebung nicht immer einig, in welche Richtung ein Bus fährt; die Buschauffeure jedoch sind unglaublich hilfsbereit und geduldig. Wir haben uns ein Doppelzimmer geleistet und abgesehen davon, dass es keine Fenster hatte und eher einem Bunker glich, war es anständig sauber und mit air conditioning. Wir hatten Glück mit dem Wetter in Rio de Janeiro; wie einer der Angestellten uns erzählte, hatte es die vorherigen 10 Tage konstant geregnet und als ich nach unserem Abflug auf die Osterinsel wieder die Wettervorhersage überprüfte, regnete es wieder in Rio.

Wir haben uns gleich auf den Weg gemacht, um die nötigen Lebensmittel einzukaufen und uns etwas zu organisieren in der Stadt. Es wurde uns empfohlen, den Pan de Azucar (Zuckerhut) gegen Abend zu besuchen, denn mit etwas Glück könne man Zeuge des wunderschönen Abendrotes über Rio werden. Zur Talstation des Pan de Azucar kann man zu Fuss gehen von unserem Hostel aus. Dort bezahlt man gesalzenen Preis (ca. USD 20$ pro Person), um dann zur Mittelstation und Endstation zu fahren. Bei der Mittelstation steigt man aus, macht einen Besichtigungsrundgang und geht dann zur zweiten Seilbahn, welche einem zur Endstation befördert. Oben angekommen hat man einen wunderschönen Rundblick auf viele Stadtviertel von Rio, inklusive den beiden berühmten Stränden Copacabana und Ipanema. Oben angelangt findet man auch noch eine Snackbude, die entsprechend der Lage angenehm günstig ist. Was noch speziell ist, ist die Tatsache, dass man immer wieder einmal jemanden von unten her die Wand heraufklettern sieht; der Zuckerhut ist ein beliebtes Kletterobjekt und es werden sogar Klettertouren für alle Grade (bis 8c+) angeboten. Da ich als Hobbykletterer sehr daran interessiert war, liefen wir zu zwei jungen lokalen Kletterern, die gerade eine 7a Wand Free Solo geklettert waren (für die Nichtkletterer unter den Lesern: Freeclimbing bedeutet nicht wie fälschlicherweise immer angenommen, das Klettern ohne Seil; Solo Klettern bedeutet klettern ohne Seil.) Die zwei gaben mir ihre Adresse für den Fall, dass ich noch Zeit und Lust finden würde, so eine Pan de Azucar Besteigung in Angriff zu nehmen.

Wir genossen noch den wenig spektakulären Sonnenuntergang und fuhren dann mit einem der letzten Talfahrten hinunter in das nicht mehr so hektische Rio de Janeiro. Wir nahmen den erst besten Bus, dessen Chauffeur uns bestätigte, dass er ins Botafogo Stadtviertel fahren würde und brausten los. Leider fuhr der Bus eine Strecke, die wir überhaupt nicht kannten in einer Stadt, die wir nicht kannten und so war es sehr schwierig abzuschätzen, wo man denn aussteigen sollte. Wie durch einen Zufall entschieden wir uns korrekt uns der Bus hielt nicht unweit vom Hostel entfernt an. Mittlerweile war es schon Nacht und wir waren froh, nicht noch lange durch die Strassen Rios zu irren.

Am darauf folgenden Tag standen wir sehr früh auf mit dem Ziel die berühmte Christusstatue, den Christ Redeemer, zu besuchen. Wir sind beide sehr fern von religiös und besitzen auch unterschiedliche Religionswurzeln, aber so eine berühmte Sehenswürdigkeit muss man sich schon angucken gehen. Es gibt von unserem Hostel aus in Botafogo zwei Busse, den 584 und den 583 Richtung Zentrum, welche einem in die Nähe der Talstation fahren. Von dort aus gibt es mehrere Möglichkeiten, den Berg hinauf zum weissen Christussymbol zu gelangen. Einen Touristenzug, ähnlich zu Machu Picchu, man kann zu Fuss oder mit dem Fahrrad hinauf fahren, oder man mietet sich ein Taxi. Bei letzterem gibt es zwei Varianten: Die normalen Taxis, welche man mit bis zu 3 oder 4 Personen teilen kann und dann gibt es noch so einen speziellen Taxiservice von Leuten, welche einen Kleinbus besitzen und einen an noch an verschiedene weitere Aussichtsorte transportieren. Sie stehen in direkter Konkurrenz zur Bahn und verlangen in etwa USD 2$ weniger für ihren Service. Dafür fahren sie aber auch nur, wenn es genügend Leute hat oder die Leute schon genügend lange warten mussten. Als uns so ein Vertreter dieses Services mit einer laminierten Tafel entgegen rannte, läuteten bei uns schon die Alarmglocken. Im Gespräch stellte es sich heraus, dass der Typ offensichtlich alles sehr legal angeht und die Touristen einfach früh abpassen muss, damit sie nicht alle auf den Zug rennen. Wir entschieden uns daher kurzfristig für den Kleinbus, ohne Aufschrift eines Reiseveranstalters oder dergleichen. Mit von der Party war noch eine junge dynamische Familie aus Saõ Paulo, welche auch etwas Zweifel hatte bei der Aktion aber vermutlich wie wir dachten, dass man halt im Notfall USD 10$ pro Person verlieren würde. Die ganze Angelegenheit entpuppte sich als den perfekten Transportservice, um die Christ Redeemer Statue zu besichtigen.

Wir fuhren zuerst zur Statue hoch, da am Morgen früh die ersten Leute oben vor dem ersten Zug und eventuell vor den unzähligen Tagestourbussen noch die Möglichkeit haben, Fotos zu schiessen, ohne darauf Dutzende von Touristenköpfen zu haben. Als wir ankamen, war es relativ ruhig, 5 Minuten danach kamen die Massen schon in Strömen hinauf geschossen und machten innerhalb wenigen Minuten ein Durchkommen zum Ausgang (ein Liftservice führt hoch und runter zur Statue auf der Bergspitze) zum Albtraum. Wir schossen noch ein paar Fotos von der Familie, da diese nicht so eine gute Kamera hatten und wir ihnen versprachen, dass sie die Fotos dann später herunterladen können. Wir hatten eine sehr amüsante Zeit mit der Familie (ein sportlicher Vater mit seinen zwei Söhnen im Mittelschulalter und seiner jungen Geliebten, die vermutlich noch jünger als ich war) und standen auf der gleichen Wellenlänge. Eigentlich wollten die uns 1.5 Stunden Zeit geben auf dem Berg, aber es fanden sich dann alle schon nach gut einer halben Stunde wieder auf dem Parkplatz ein, sehr zur Freude des Busfahrers, welcher schon bei der Abfahrt fluchte, dass es zu wenig Touristen seien für eine Kleinbusfahrt den Berg hoch. Er fuhr auch dementsprechend schnell, was für uns wiederum vorteilhaft war, denn somit kamen wir früher bei den Sehenswürdigkeiten an. Die nächste Station war ein Aussichtspunkt auf den Pan de Azucar und danach ging es weiter zu einem weiteren schönen Aussichtspunkt mit angebundenem Helikopterlandeplatz. Wir schossen ein paar Fotos und waren dann rund 2 Stunden nach der Abfahrt wieder beim Parkplatz unten angelangt.

Wir erzählten der Familie, dass wir nur zwei Tage in Rio de Janeiro bleiben würden und unbedingt noch die beiden berühmten Strände Ipanema und Copacabana sehen wollten. Sie offerierten uns kurzerhand, dass sie uns an den Copacabana Strand fahren würden; ein Angebot, das wir dankend annahmen. Nach einer kurzen Irrfahrt kamen wir beim Strand an, tauschten die Email-Adressen aus und verabschiedeten uns Richtung Strandleben.

Ich weiss nicht so recht, wie ich das Strandleben in Rio de Janeiro an den berühmten Schauplätzen beschreiben soll (man könnte Bücher darüber schreiben), daher beschränke ich mich auf ein paar kleine Details. Was uns natürlich immer wieder auffällt in Brasilien sind die Männer, die keine Mühe scheuen, um sich und ihr bestes Stück in die engsten knapp transparenten weissen oder rosaroten Badehosen zu zwängen. Wir haben versucht, das etwas auf Bild festzuhalten, jedoch wollten wir uns nicht wie Paparazzi verhalten. Nach ein paar guten Lachern waren auch schon am Ende des Strandes angelangt, wo wir der lokalen Marine einen kleinen Besuch abstatteten. Es gibt zwei Eintrittspreise für Touristen, einen mit internem Museumsbesuch gekoppelt und einer nur für die äusseren Begebenheiten. Wir entschlossen uns einstimmig, das Museum nicht zu besuchen J. In der Marina gibt es ein nettes sehr teures Kaffee, welches einem eine ruhig Ambiente mit Sicht auf den Copacabana Strand bietet.

Wir schlenderten danach weiter Richtung Ipanema Strand, welcher mir persönlich viel besser gefiel. Ich ging auch kurz ins etwas kalte Wasser, nur um sagen zu können, dass ich in Rio gebadet habe, einmal in meinem Leben. Ich würde mich niemals dazu entscheiden in diese Hektik zurückzugehen, wo man Schulter an Schulter mit Surfern (inmitten der badenden Leute), Bodysurfen, pissenden Kleinkindern und muskelbepackten Enghosenträgern den Ozean teilen muss. Die Südamerikaner stehen einfach auf geselliges Zusammensein und diese Tradition ändert sich nicht im Geringsten in Brasilien.

Nach ein paar obligatorischen Fotoschüssen mit etwas nackter braungebrannter Haut nahmen wir wieder einen Bus zurück zum Hostel und fingen an, uns auf die Weiterreise auf die Osterinsel vorzubereiten. Dies würde unsere letzte Station in Südamerika sein und wir freuten uns ungemein auf diese mystische Insel.

Rio selbst bleibt uns, obwohl nur sehr kurz besucht, in sehr guter Erinnerung: Freundliche Menschen in einer sehr interessanten vibrierenden Stadt und ich bin mir sicher, dass man ein halbes Leben in Rio verbringen könnte und immer wieder etwas Neues entdecken oder erleben würde.

Die Bilder (die Nacktbilder der Topmodels haben wir nicht hochgeladen) der Strände und den Besuchen der Sehenswürdigkeiten findet ihr hier:

Sonntag, 10. Februar 2008

Brasilien: Florianópolis

Wie im vergangenen Bericht erwähnt fuhren wir Richtung Florianópolis, um etwas von den berühmten Stränden Brasiliens zu sehen. Für mich ist das Strandleben in Brasilien immer mit viel nackter Haut in Erinnerung gebrannt und so wollten wir doch einmal sehen, ob sich wirklich die schönsten Menschen der Welt an der brasilianischen Sonne räkeln.

Es gibt so ein paar Mythen, die man als Reisender immer wieder mitbekommt: In der Schweiz gibt es nur Schnee und kaltes Wetter, alle in der USA lebenden Leute sind Bush-Liebhaber und/oder fettleibig, Argentinien besitzt das zarteste und schmackhafteste Fleisch auf der Welt, alle Leute in Südamerika sind braun oder dunkelhäutig mit schwarzen Haaren, alle Australier sind Surfer, Asiaten vertragen keinen Alkohol, Türken sind Araber, in Afrika sind alle schwarz und arm … ich könnte fast beliebig weiterfahren. Die Leute haben wirklich unglaublich lustige Meinungen über andere Kulturen und manche Meinungen halten sich vehement fest, weil alle Reisenden schon mit dem Vorurteil in ein Land reisen und es dann solange suchen, bis sie es für sich bestätigen können. Dann wird es frohlockend weiter geleitet. Zwei für mich interessante Beispiele: Erwähnst Du in einem Hostel, dass Du nach Kolumbien fährst oder dort warst, kommen alle sofort mit der FARC und der ungezähmten Gewalt. 99% dieser Leute waren nicht einmal in Kolumbien, kennen nicht mal dessen Staatsoberhaupt oder wüssten geschwiegen dann, was FARC bedeutet. Prädominant jedoch halten sich die folgenden Aussagen, wenn man sich über Argentinien unterhält: Das Fleisch ist das Beste auf der ganzen Welt und die Frauen sind die Schönsten von ganz Südamerika. Jeder wird das schon gehört haben, wenn er mit jemanden über Argentinien diskutiert hat. Es ist jedoch beruhigend zu wissen, dass niemand jede Frau in Argentinien kennt und sicherlich auch nicht in jedem Land Fleisch gegessen hat. Die Frauen in Argentinien sind wirklich sehr schön und das Fleisch im Normalfall auch sehr gut, aber mindestens so gutes Fleisch kann man in Texas, Kroatien oder Australien essen. Die Frauen in Kolumbien sind auch wunderschön und im Gegensatz zu den Frauen in Argentinien sehr zugänglich und freundlich. So, jetzt haben wenigstens unsere Leser neue Mythen zu verbreiten.

Wie gesagt fuhren wir mit dem Bus über Nacht nach Florianópolis. Die Fahrt dauerte in etwa 12 Stunden und wir kamen ziemlich pünktlich auf der sonnigen Insel an. Obwohl wir schon des öfteren erwähnt hatten, dass uns 12-Stünder im Bus nichts mehr ausmachen, sind wir doch erleichtert zu wissen, dass die Busreisen in nicht allzu ferner Zukunft der Vergangenheit angehören werden, denn schon in wenigen Wochen werden wir Südamerika verlassen und in die Kulturen und Sprachen Polynesiens eintauchen.

Ein paar Tage zuvor hatten wir aus dem Hostel in Sao Paulo per Zufall die Adresse des Hotels Pousada do Marujo in Florianópolis gefunden und ich rief prompt dort an und war zuerst schon über das fast perfekte Englisch der mit einer gelassen-ehrlich antwortenden Frau (Ida) erstaunt. Wir verstanden uns per Telefon schon prächtig und Ida gab mir das Gefühl, dass wir einen guten Ort gefunden hätten, was sich im Nachhinein auch bestätigte. Hier zuerst einmal die Adresse:

Hotel Pousada do Marujo (Ida & Erich), Rod. João Gualberto Soares, 17.421 –Barra da Lagoa, Florianópolis – Iiha de Santa Catarina, www.guesthousemarujo.net, Tel.:0055 48 3232 33 57, 0055 48 3232 7638

Ida hatte volles Verständnis für unsere finanzielle Lage und kam uns mit dem Preis sehr entgegen (auch weil ich ihr versprach, dass wir sicherlich 10 Tage dort bleiben würden). Das Problem war, dass sie eigentlich nur noch eine 3-er Behausung zu vermieten hatte und der Preis natürlich für 3 Personen gerechnet war. Zusätzlich erklärte sie mir sehr faktisch und offen, dass sie eigentlich nur 3-4 Monate im Jahr wirklich am Tourismus mitverdienen kann. Danach ist es in Florianopolis schon wieder zu kalt und die Ferienzeit der meisten Reisenden vorüber. Wie auch an anderen Orten in Brasilien wird während der 1-2 Wochen Karneval der höchste Umsatz des Jahres gemacht und die Leute müssen den Rest des Jahres ihre Rechnungen damit bezahlen. Für die meisten Rucksacktouristen ist Brasilien während der Sommermonate praktisch unerschwinglich und die Preise steigen Jahr für Jahr. Kurzum habe ich mich anhand der ehrlich tönenden Stimme schon für die Unterkunft entschieden und ein kurzes Absprechen mit Sebnem bestätigte meine Meinung; wir sagten zu. Sie erklärte mir nochmals ausführlich, wie wir von der Busstation in Florianopolis zu der Behausung in Barra da Lagoa fahren könnten. Im Prinzip sehr einfach: Man läuft aus dem Terminal hinaus und zum lokalen Busterminal etwa 100 Meter weiter vorne. Dort sucht man sich das Schild aus, wo Lagoa de Concepçaõ drauf steht und steigt in den Bus. Man bezahlt für eine Busfahrt nur einmal, dann kann man im Prinzip beliebig lange herumfahren, solange man die lokalen Busterminals nicht verlässt. Steigt man an der Haltestelle aus, dann ist bei einer späteren Weiterfahrt wieder der Preis von 2.30 Reais (1.50 CHF) zu entrichten. In Lagoa de Concepçaõ angekommen schnappt man sich den Bus Richtung Barra de Lagoa. Dabei gibt es dort zwei Haltestellen, eine wo directo und eine wo semi-directo draufsteht. Man würde meinen, dass dies Hinweise auf die Fahrtzeit und Richtung sein könnten, aber weit gefehlt. Wir wissen es bis heute nicht so genau, was der Unterschied von directo zu semi-directo in Florianopolis bedeutet und die Bewohner der Insel scheinen auch jeden Tag aufs Neue erprobt zu werden. Fragen ist hier angesagt, die Buschauffeure sind geduldig und meist sehr freundlich; auch mit Spanisch sprechenden Passagieren.

Gemäss Ida's unmissverständlicher Erklärung müsste man nach 10-15 Minuten Fahrt bei der oder kurz nach der Vorbeifahrt (Haltestelle 15, die Zahl hat keine uns erkennbare Semantik) Texaco Tankstelle aussteigen und dann noch 50 Meter laufen und schon wäre man da. Ich hatte die ganze Nacht kein Auge zu getan, denn die Sitze des Busses waren äusserst unbequem für mich. Wir stiegen also in den Bus ein und fuhren los. Nach gut vier Haltestellen und rund 5 Minuten Fahrt kamen wir an einer Texaco Tanke vorbei und ich habe sofort fast im Notaus-Prinzip die Leine zum gewünschten Stop gezogen. Unmissverständlich für normalsterbliche Leute heisst noch lange nicht, dass es für mich nicht noch einen Zweifel geben könnte; dieser jedoch war hier gänzlich unangebracht. Wir stiegen rund 10 Stationen und 10 Minuten zu früh aus. Ida in ihrer überaus freundlichen Art hatte mir schon beim ersten Telefongespräch offeriert, dass ich bei eventuellen Problemen aus Florianopolis aus jederzeit via R-Gepräch anrufen könnte. Von diesem Angebot machte ich jetzt Gebrauch und schon meldete sich eine vertraut ruhige und immer freundliche, hilfsbereite und intelligente Stimme mit mir unerklärlich vollem Verständnis für unsere Lage. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, war die Tatsache, dass hinter dieser netten Person auch eine Art Workaholic steckt und sie gerade im Begriff war den Gästen Frühstück zuzubereiten. Sie offerierte mir jedoch sofort, dass sie uns Deppen persönlich abholen kommen würde. Ida kam mit ihrem kleinen Fiat angerauscht und die Herzlichkeit und Ehrlichkeit ihrer Person widerspiegelte sich im willkommenden Lächeln. Da der Fiat ohne Probleme zwei Personen mit ein wenig Gepäck transportieren kann, jedoch nicht mit unserer Bagage klar kam, entschieden wir uns das Surfbrett durch das Fenster haltend zu transportieren; Sebnem hinten ich vorne.

Als wir auf der Pousada ankamen, erwartete uns ein einladendes Bild: im Rechteck ausgerichtet befinden sich 8 Apartments aneinander gebaut, 5 Familienapartments und 3 Doppelzimmer. Eine kleine Einfahrt mit ausreichend Autoabstellplatz führt neben einem unglaublich sauberen Schwimmbecken (Erich, Ida's Mann, testet die Wasserqualität regelmässig sogar chemisch und reinigt es auch) direkt bequem vor die Haustüren der entsprechenden Apartments. Gleich neben dem intelligent gebauten weissen Eingangstor und vor dem Schwimmbecken befindet sich eine Art überdachter Gartensitzplatz mit sehr grossem Grill und einer kleinen aber komfortablen Kochnische. Daneben eine Toilette. Unsere Blicke fielen jedoch bald auf die unglaublich gut gebauten und sehr muskulösen Körper des fast ausschliesslich männlichen Klientel und zumindest bei meiner Wenigkeit wurden diese Blicke aus suchender Art erwidert. Wir waren just zur Zeit der berühmten Florianópolis Gay Parade angekommen und um uns schwirrten die schönsten nicht für Frauen zu habende brasilianischen Männer. Die Blicke verfolgten mich immer noch aber ich bin es mir mittlerweile gewohnt eher die Blicke von schwulen Kollegen auf mich zu ziehen als von zierlichen Latinas.

Die Insel besitzt gemäss unterschiedlichen Aussagen 42 Strände und mit dem öffentlichen Bus kommt man im Prinzip in die Nähe jedes Strandes. Es kann jedoch eine Geduldsfrage sein, denn möchte man zum Beispiel von Barra da Lagoa (etwas im Norden der Insel) in den Süden fahren, muss man mit mindestens zwei Stunden rechnen. Ich weiss nicht so recht, wo ich beginnen soll mit der Erzählung unserer vielen schönen Erlebnisse, aber wenn ich schon bei den Stränden bin, kann ich hier gleich auch diejenigen beschreiben, die wir besucht haben.

Praia de Moçambique: Der Strand ist auch als Praia Grande bekannt. Der Strand ist von Menschen nicht überlaufen und gilt mit seinen 9,5 km mit weissem Sand als der längste Sandstreifen von Florianopolis. Er wird oft von Surfern besucht. Der Zugang ist eigentlich am besten mit dem Auto zu bewältigen oder mit dem Surfbus (ein Bus, der sporadisch am Morgen und Abend an allen wichtigen Surfspots vorbei fährt und hinten gepolsterte Einstellplätze für Surfbretter hat). Das erste Mal fragt man am einfachsten nach der korrekten Einfahrt, denn die Beschilderung kann rar oder irreführend sein. Man kann auch vom Barra de Lagoa Strand zum Praia de Moçambique laufen, jedoch sind dies rund 5 km im weichen Sand an der prallen Sonne. Sebnem und ich haben das natürlich gemacht ganz unserer masochistischen Ader entsprechend. Auf dem Weg dorthin kommt man an einem Campingplatz (nicht sichtbar, aber es befinden sich immer irgendwelche Leute dort) vorbei und kurz danach kann man etwa 300 Meter draussen im Meer eine Boye mit zwei bis drei schwarzen dreieckigen Fähnchen erblicken. Dort war für mich eine der besten Wellen, wenn es in Moçambique schon heftig windete und die Wellen super klein waren in Barra da Lagoa. Ist ungefähr ein Marsch von 30 Minuten.

Barra de Lagoa: direkt neben Moçambique. Mehr Leute. Hochsaison: Kinderspielplatz für Kinder, Beachvolleyball Feld, Fussballfeld, etc. Dieser Strand eignet sich bestens, um mit Surfen zu beginnen. Die Wellen sind klein und vom Wind durch die Hügel geschützt. Dies war auch der nahste Strand von unserer Unterkunft in Barra de Lagoa. Er ist aber immerhin noch gut einen Kilometer davon entfernt.

Praia Galheta: Nudistenstrand zwischen Felsen versteckt und populär unter Schwulen. Von Barra de Lagoa erreichbar über einen Berg (rund 50 Minuten Gehzeit). Oder man fährt mit dem Bus nach Praia Mole und läuft von dort aus zum Strand. Einer der optimalsten Strände um ruhig und alleine zu surfen. Die Welle ist praktisch gleich wie am 200 Meter entfernten Praia Mole, aber wie es so mit den Paradiesvögeln von Brasilianern ist, die gehen nicht an einen Strand, wo sie sich nicht präsentieren können. Praia Mole ist der Innstrand mit vorwiegend Jugendlichen und die meisten Surfer (falls sie es noch schaffen vor Mittag aufzustehen, wenn die Welle sowieso schon nicht mehr gut ist) surfen dort nur, um sich zu präsentieren. In Praia Galheta hatte ich meine erste Tube seit Jahren wieder einmal; die Welle ist nicht zu unterschätzen und kann locker 2 Meter hoch werden und ist massiv. Praia Galheta ist auch ein optimaler Ort, um wieder einmal ein paar kontrollierte Wipeouts durchzuführen, um die Angst vor der massiven Welle zu verlieren, da es ein Beachbreak ist und sich praktisch keine Steine auf dem Meeresgrund befinden.

Praia Mole: Treffpunkt der Schönen und Reichen. Mit seinen Bars optimal für Jugendliche. Anscheinend ist es die Hauptattraktion auf der Insel (für uns zwar überhaupt nicht)J. Eher ein kleiner Strand, jedoch sicher 3-4 Mal grösser als Praia Galheta. Für beide Strände gibt's ausreichend Autoparkplätze, die einen in etwa 5-10 USD pro Tag kosten. Wenn man Surfen geht, lohnt es sich früh (ca. 6.30 Uhr) am Morgen dort hin zu fahren, zu parkieren, ein paar Stunden zu surfen und dann einfach los zu fahren; so als hätte man nichts gesehen oder gehörtJ.

Praia Lagoinha do Este: Zugang im Prinzip nur zu Fuss, über einen mittelschwierigen Pfad der über einen Hügel führt; ca. 45 Min – 60 Min. Marsch. Eine Infrastruktur gibt es nicht, jedoch hat so ein Typ (manchmal?) einen kleinen Verkaufsstand, wo er Bootstickets für die Überfahrt an einen der nördlichen oder südlichen Strände offeriert und auch gekühlte Getränke verkauft. Wenn der Wellengang nicht zu grob ist, hat man nämlich auch die Möglichkeit mit dem Boot an und von dem Strand zu gelangen. Das ist für viele Leute eine lebensnotwendige Option, denn die meisten unterschätzen den Fussmarsch über den Hügel. Der Strand selbst muss man meiner Meinung nach nicht besuchen wegen der Schönheit, jedoch sicherlich wegen der Wellen. Wenn der Swell aus der richtigen Richtung kommt, tosen perfekte 3-4 Meter Tubes in diesen halben Beachbreak und Point hinein. Der Zugang ist meiner Meinung nach nur für Experten oder wirklich gute Surfer mit viel Erfahrung, denn man muss den Klippen entlang paddeln, weil dort die Weisswasserwelle kleiner ist, und dann hinter dem grossen herausragenden Felsen darauf warten, bis das grosse Set vorbei ist und dann mit Turbo hinter die brechende Wellenwand paddeln. Ansonsten wird man von der Welle erfasst und unsanft gegen die Felsen geschmettert. Ist man einmal hinter der Wand ist der Einstieg ziemlich einfach, denn eine Strömung zieht einem nicht zu schnell weg vom Felsen parallel dem Strand entlang in das Zentrum das Strandkessels. Die meisten Surfer haben einen Ride und müssen dann mit dem Weisswasser wieder an den Strand zurück und die Rundreise von neuem beginnen. Somit kann man, je nach Kondition, vielleicht 2-5 Wellen surfen bevor man eine Pause einlegen muss.

Wir sind noch an einigen weiteren Stränden vorbeigefahren, mit Bus und Auto, aber die oben erwähnten waren diejenigen, welche wir bewusst aufgesucht hatten. Was ich hier erwähnen wollte, ist dass viele Surfer behaupten, dass es in Brasilien keine guten Wellen gibt. Ich habe nun doch schon ein paar Orte auf der Welt gesehen und vielleicht hatte ich unglaublich viel Glück, aber die Wellen an den Stränden Florianópolis waren alles andere als schlecht. Im Norden der Insel scheint der Tourismus ausgeprägter zu sein, da man dort Hotel an Hotel gereiht findet und sich viele Gäste dort nieder lassen.

Wir waren natürlich nicht nur auf der Suche nach Wellen, wir wollten uns einfach wieder einmal von den Reisestrapazen erholen. Das tönt für die arbeitende Leserschaft fast schon nach Blasphemie und ich bin mir sicher, dass sich einige an dieser Stelle wünschten, sie wären in Brasilien an der Sonne und könnten ein bisschen in der Welt herumreisen; wir würden aber mit niemandem tauschen, jedoch sind wir doch etwas müde geworden vom andauernden Planen, Einpacken, Auspacken, neue Leute treffen und nie etwas Festes zu haben. Und da erstaunt es nicht, dass uns 10 Tage an einem Ort, wie so eine Art Ferien vorkommen. So werden wir es in Zukunft auch handhaben. Es lohnt sich allemal, länger an einem Ort zu bleiben, als alle möglichen Ort in kürzester Zeit abzuhaken.

Wie schon oben erwähnt, waren wir äusserst zufrieden mit unserer Unterkunft und mit unserer Gastgeberin Ida, die keine Mühe scheute, um uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Ihr Mann Eric ist ursprünglich aus Deutschland, hat vermutlich jedoch die meiste Zeit seines interessanten Lebens im Ausland verbracht. Er hat noch zu einer interessanten Zeit vor 20-30 Jahren die Chance gepackt und die Welt umrundet. Stationen seiner erlebnisreichen Reise beinhalten Singapore zu Zeiten der Matrosenkultur, Minenarbeiter in Zentralaustralien, Studium und später Professor der englischen Literatur in den vereinigten Staaten. Er lebt heute, was kaum zu glauben ist hört man seine Erzählungen, in Brasilien mit Ida. Sein Erbe zeugen ein paar Tausend Bücher, welche an der Qualität der Literatur die meisten Bibliotheken und Buchläden Südamerikas in den Schatten stellen.

Nachdem sich die gut gebauten männlichen Päärchen langsam ihren Heimweg antraten kamen Matty & Jessica, ein frisch vermähltes Päärchen aus Neuseeland mit welchen wir die meiste uns verbleibende Zeit verbrachten. Wie so oft, wenn man mit ungefähr gleichaltrigen Leuten spricht, die auch länger reisen, sind die Beweggründe der Reise erschreckend identisch. Die meisten haben sich bei der Arbeit den Arsch aufgerissen, 80 Stunden die Woche gearbeitet und sicherlich viel verdient, aber sind total ausgelaugt. Matty, auch ein ehemaliger Surfer, und Jessica haben jahrelang in London gearbeitet und sich die wohlverdiente Auszeit gegönnt. Matty und ich haben uns sofort gefunden, und nachdem er sich ein neues Surfbrett gekauft hatte, waren unsere Morgen ausgeplant mit Surfen, währenddem unsere Frauen ausschlafen durften. Nach dem Surfen brachten wir das Morgenessen und wurden meistens für unsere Absenz entschuldigt J. Der Vorteil war, dass sich Matty und Jessica ein Auto mieteten und wir davon Gebrauch machen konnten.

Wir haben fast jeden Tag zusammen mit ihnen gekocht. Einer hat den Grill angeschmissen und jeder hat irgendetwas gekocht und zum Festmahl beigetragen. So konnte man von anderen Kulturen und ihren kulinarischen Spezialitäten profitieren und einiges dazu lernen. Wir lernten endlich, wie man eine wirklich leckere Guacamole zubereitet und wir zeigten den Neuseeländern, wie man eine italienische Tomatensauce macht. Bald gesellten sich interessierte Gäste und Ida zu den Vorkostern und so ergab es sich eines Abends, dass alle Gäste und Ida je ein bis zwei Gerichte kochten und diese dann in der Gartenpergola  zusammengetragen wurden. Was uns alle sehr mundete war der gekochte leicht ausgehöhlte Kürbis von Ida, welcher gefüllt war mit Shrimps an einer Käse-Kräutersauce und die Riesenmuscheln als Vorspeise zusammen mit Wein und Zitrone. Es ging uns wirklich sehr gut in den 11 Tagen, die wir uns dort aufhielten. Die Leute waren alle auf der gleichen Wellenlänge; es kamen noch Freunde aus Argentinien, eine sehr nette Familie aus Argentinien, 3 ältere Brasilianer und weitere illustre Gäste.

Was natürlich in Brasilien an den Stränden nicht fehlen darf sind die engen Badehosen der Typen. Wir wollten Euch den Anblick natürlich nicht ersparen und haben einige Bilder geschossen. Es gibt für mich fast nichts Grässlicheres als Männer in engen Badehosen. Teilweise noch fast transparent und oft in Weiss stolzieren die Herren der Schöpfung dem Strand entlang, an einem Arm die Braut in Tangas (was natürlich ein ganz anderer und meist angenehmer Anblick) mit der freien Hand kontinuierlich am Ausrichten des besten Stücks am Manne. Dabei müssen die Herren länger fingern, als sie es jemals zugeben würden; so viel ist auch bei den Brasilianern nicht in der Hose und bis wir nach Brasilien gekommen sind, hatten wir ja keine Vergleichsmöglichkeiten J. Besser Bilder von hemmungslos halb entblössten Menschen aus Brasilien kann man jedoch in unserem Album über Rio de Janeiro sehen. Zur Verteidigung der Kultur der engen knappen Badehosen muss man natürlich anmerken, dass es, wie wir ja in unzähligen Dokumentarfilmen aus der Vorkriegszeit der letzten Jahrhundertwende erkennen können, klar einmal Mode war.
Bezüglich Essensbeschaffung würde ich es so beschreiben: gleich an der Strasse wo wir wohnten waren die lokalen Geschäfte sehr überteuert, jedoch gibt es im eigentlichen Barra da Lagoa nach dem Meer zwei sehr günstige Frucht- und Gemüsestände. Es lohnt sich daher seine täglichen Rationen an Gemüse und Früchten, Brot und Wasser lokal zu besorgen. Wenn man jedoch länger an diesem Ort zu bleiben gedenkt, ist es weise sich mit Ida abzusprechen und mit ihr oder einem Gast mit einem Auto kurz in einen der wirklich grossen und billigen Supermärkte der Insel zu fahren und Fleischwaren, Öl, Gewürze, Konfitüre, Honig, weiss der Himmel was zu kaufen. Guten und günstigen Fisch kauft man am besten am Morgen auf dem Fischmarkt in Florianópolis, obwohl es auch in Barra da Lagoa lokale Fischhändler gibt, die Fisch verkaufen. Gemäss Matty ist das Problem des lokalen Fischverkaufs, dass die Verkäufer den Fisch entweder am Markt einkaufen und dann notwendigerweise teurer verkaufen oder nicht die gewünschte Auswahl an Fisch haben. Die Auswahl an verschiedenen Fischen ist nicht überwältigend, die angebotenen Riesencrevetten jedoch sind der absolute Hammer und relativ günstig. Und wenn man sich schon im Fischmarkt befindet, kann man sich gerade noch einen frisch gepressten Saft aus Caña und Limetten gönnen. Dabei werden Caña Stücke (eine Art Bambus) mit einer hydraulischen Presse in die Mangel genommen und zusammen mit Süssholz zu einem Saft gepresst und mit Limettensaft gemischt. Der Fischmarkt befindet sich im gelben überdachten Gebäudekomplex gleich auf der gegenüberliegenden Strassenseite der lokalen Busstation. Der Komplex beherbergt weitere Stände mit Ramschware und geklauter oder Graumarktelektronik.

Unsere nächste Destination war gegeben durch ein weiteres Flugsegment unserer Weltumrundung und würde Rio de Janeiro sein, welches noch weiter nördlich von Saõ Paulo liegt. Wir waren froh, dass wir zur Nachkarnevalszeit ankommen würden, denn damit relaxten sich die Preise der Hostels immens. Nach Rio de Janeiro gibt es einen direkten Bus, der aber doch nicht so direkt ist (haben wir das nicht schon irgendwo einmal gehabt?) und eine intelligente und viel kostengünstigere Verbindung via Nachtbus nach Saõ Paulo (12h) und dann mit einem der im Viertelstundentakt losfahrenden Busse nach Rio de Janeiro (5h). Die Busfahrten in Brasilien sind, wie schon anderswo erwähnt, ungemein teurer als in anderen Ländern Südamerikas und daher entschieden wir uns immer für die schlechteste Klasse. Das bedeutet, dass man einen nicht wahnsinnig grosszügigen Sitzplatz kriegt, dessen Rückenlehne man circa 30°-40° nach hinten kippen kann. Es gibt keine erhöhte Fussstütze, wo man die Füsse abstellen könnte, damit es einem nicht die Hauptader in den Kniekehlen abdrückt und nach zwei Stunden ein Gefühl des Erwachens aus einer Spinalnarkose aufkommt. Die Stühle besitzen auch keine genug grossen Unebenheiten, wo man seine Füsse die Schwerkraft entlastend ohne Muskelkraft ablegen könnte, um die Oberschenkelmuskulatur zu lockern und zu vermeiden, dass das üble Kribbeln aufkommt, dass vor allem ältere Leute mit schlechterer Durchblutung kriegen, wenn sie länger regungslos an einen Sitz gebunden sind; auch wenn ich mich nicht als sonderlich alt bezeichnen möchte, kenne ich das leidige Gefühl bestens. Ein regungsloses Bein das einem während der ganzen Fahrt kribbelt und einem den Schlaf raubt.

Wir organisierten alles per Internet und mit der unglaublichen Hilfe von Ida, die uns die Bustickets per Telefon organisierte. Ich kam langsam an den Punkt, wo ich etwa 20% des Portugiesischen verstand, aber um ein sinnvolles Telefongespräch mit jemandem zu führen, der den ganzen Tag nur Bustickets verkauft und sich dementsprechend schnell und kurz fasst, hätte es nicht gereicht. Es war ein etwas harter Abschied, denn vieles hatte einfach gestimmt: Ida und Erik, zwei unglaublich nette und hilfsbereite Menschen, Matty und Jessica die uns ans Herz gewachsen waren und die hervorragenden Wellen, welche unüblich für diese Zeit im Süden Brasiliens an die Küste brausten. Dennoch verliessen wir den Ort auch mit Freude, denn schon bald stand für uns der grosse Abschied von Südamerika an und ehrlich gesagt, wir sind nicht wahnsinnig traurig darüber; doch dazu später noch mehr in einem separaten Bericht in Form eines Fazits der Reise durch Südamerika. Was im Moment der Abfahrt für uns jedoch noch viel erfreulicher war, war die Tatsache, dass diese zwei Busreisen bis nach Rio de Janeiro unsere zwei letzten für eine sehr lange Zeit sein würden. Ich möchte gar nicht nachrechnen, wie viele Stunden wir in Bussen verbracht hatten bis zu diesem Zeitpunkt. Netterweise wurden wir von Matty und Jessica ans Busterminal in Florianópolis gefahren und mussten so nicht unser schweres Gepäck von Bus zu Bus schleppen.

Gute Nacht, am Morgen würden wir in Saõ Paulo sein und am Mittag schon in Rio. Während wir regungslos in den unbequemen Sitzen ausgeliefert darauf warten, dass sich unser Hirn unser erbarmt und in die Schlafphase versetzt, kann sich der wache Leser hier an unserer Bilderserie ergötzen: