Sonntag, 17. Februar 2008

Brasilien: Rio de Janeiro

Rio de Janeiro. Es gäbe vermutlich unendlich zu schreiben über die ungeahnt schöne und interessante Stadt. Da wir uns verleiten liessen nur kurze Zeit in dieser Stadt zu verweilen und alle wichtigen Sehenswürdigkeiten in zwei Tagen zu besuchen, halte ich mich hier etwas kürzer J.

Sebnem hat natürlich innerhalb kurzer Zeit ihren Schönheitsschlaf gefunden und ich habe begonnen die inexistenten Strassenlaternen auf der Autostrasse von Florianópolis nach Saõ Paulo zu zählen. Wir hatten Sitz 3 & 4 direkt vorne am Bus mit Blick auf die dunkle Strasse und optimalen Blendverhältnissen, wenn wieder einmal ein Lastwagen mit Flutlicht entgegen kam. Ich war kurz vor der Erblindung als wir in Saõ Paulo ankamen und sichtlich müde. Es sind solche Momente, in welchen man in einer Partnerschaft reisend versuchen sollte, möglichst nicht viel zu sprechen oder sich zu nahe zu kommen. Man ist einfach auf alles empfindlich. Wir haben uns jedoch zusammengerauft und sind gleich hoch in den zweiten Stock des Busterminals, wo man die Tickets kaufen kann. Bei der erst besten Gesellschaft haben wir sodann die Tickets nach Rio de Janeiro gekauft und uns auf den Weg zur Plattform 14 gemacht. Dann kommt meistens der typische Ablauf nach einer Busreise: Im Tumult der sich nach vorne preschenden Lokalen sein Gepäck ergattern, gestaffelt Toiletten aufsuchen und Geschäft verrichten, Kaffeestand suchen und einen Kaffe Latte und ein Eingeklemmtes verdrücken und sich dann versuchen zu erholen. Die Wartezeit war kurz und wie so üblich war unser Bus zu spät, vielleicht eine Viertelstunde, aber die uns in der Schweiz einzementierte Pünktlichkeit lässt sich doch schwierig ausmerzen; wir sind und bleiben auch nach gut Dreivierteljahr Südamerika zeitbewusste Europäer. Die Laxheit der Lateinamerikaner imponiert, die traditionelle Genauigkeit und das leicht militante Ordnungsbewusstsein jedoch sind indoktriniert und weichen Ersterem nicht.

Die 5-Stunden Fahrt nach Rio de Janeiro verging wie im Fluge und auch die Sitze fühlten sich viel bequemer an. Ich fand sogar ein paar Stunden den dringend nötigen Schlaf. Ironisch; behaupte ich doch immer, dass wenn einer nicht schlafen kann, er auch nicht wirklich müde ist. Fährt man von Saõ Paulo nach Rio de Janeiro erwartet man als vorbereiteter Tourist jederzeit entweder die Christ Redeemer Statue oder den Zuckerhutberg zu erblicken. Meiner Meinung nach habe ich bis beim Busterminal angelangt keine der beiden Sehenswürdigkeiten gesehen. Man darf aber auch die Grösse und die Topologie von Rio de Janeiro nicht unterschätzen.

Wir oder besser gesagt Sebnem wieder einmal haben uns das Ace Hostel (Tel: (21) 2527 7452, Rua São Clemente 23, 1st Floor, Botafogo, http://www.acehostels.co.br/) im Stadtviertel Botafogo ausgesucht. Im Nachhinein gesehen für die zwei Nächte die wir nur in Rio de Janeiro verbrachten haben, eine weise Entscheidung. Das Hostel ist sehr zentral gelegen direkt am Praia Botafogo. Busse ins Zentrum und Copacabana / Ipanema sind in unmittelbarer Nähe, jedoch sind sich die Leute in der Umgebung nicht immer einig, in welche Richtung ein Bus fährt; die Buschauffeure jedoch sind unglaublich hilfsbereit und geduldig. Wir haben uns ein Doppelzimmer geleistet und abgesehen davon, dass es keine Fenster hatte und eher einem Bunker glich, war es anständig sauber und mit air conditioning. Wir hatten Glück mit dem Wetter in Rio de Janeiro; wie einer der Angestellten uns erzählte, hatte es die vorherigen 10 Tage konstant geregnet und als ich nach unserem Abflug auf die Osterinsel wieder die Wettervorhersage überprüfte, regnete es wieder in Rio.

Wir haben uns gleich auf den Weg gemacht, um die nötigen Lebensmittel einzukaufen und uns etwas zu organisieren in der Stadt. Es wurde uns empfohlen, den Pan de Azucar (Zuckerhut) gegen Abend zu besuchen, denn mit etwas Glück könne man Zeuge des wunderschönen Abendrotes über Rio werden. Zur Talstation des Pan de Azucar kann man zu Fuss gehen von unserem Hostel aus. Dort bezahlt man gesalzenen Preis (ca. USD 20$ pro Person), um dann zur Mittelstation und Endstation zu fahren. Bei der Mittelstation steigt man aus, macht einen Besichtigungsrundgang und geht dann zur zweiten Seilbahn, welche einem zur Endstation befördert. Oben angekommen hat man einen wunderschönen Rundblick auf viele Stadtviertel von Rio, inklusive den beiden berühmten Stränden Copacabana und Ipanema. Oben angelangt findet man auch noch eine Snackbude, die entsprechend der Lage angenehm günstig ist. Was noch speziell ist, ist die Tatsache, dass man immer wieder einmal jemanden von unten her die Wand heraufklettern sieht; der Zuckerhut ist ein beliebtes Kletterobjekt und es werden sogar Klettertouren für alle Grade (bis 8c+) angeboten. Da ich als Hobbykletterer sehr daran interessiert war, liefen wir zu zwei jungen lokalen Kletterern, die gerade eine 7a Wand Free Solo geklettert waren (für die Nichtkletterer unter den Lesern: Freeclimbing bedeutet nicht wie fälschlicherweise immer angenommen, das Klettern ohne Seil; Solo Klettern bedeutet klettern ohne Seil.) Die zwei gaben mir ihre Adresse für den Fall, dass ich noch Zeit und Lust finden würde, so eine Pan de Azucar Besteigung in Angriff zu nehmen.

Wir genossen noch den wenig spektakulären Sonnenuntergang und fuhren dann mit einem der letzten Talfahrten hinunter in das nicht mehr so hektische Rio de Janeiro. Wir nahmen den erst besten Bus, dessen Chauffeur uns bestätigte, dass er ins Botafogo Stadtviertel fahren würde und brausten los. Leider fuhr der Bus eine Strecke, die wir überhaupt nicht kannten in einer Stadt, die wir nicht kannten und so war es sehr schwierig abzuschätzen, wo man denn aussteigen sollte. Wie durch einen Zufall entschieden wir uns korrekt uns der Bus hielt nicht unweit vom Hostel entfernt an. Mittlerweile war es schon Nacht und wir waren froh, nicht noch lange durch die Strassen Rios zu irren.

Am darauf folgenden Tag standen wir sehr früh auf mit dem Ziel die berühmte Christusstatue, den Christ Redeemer, zu besuchen. Wir sind beide sehr fern von religiös und besitzen auch unterschiedliche Religionswurzeln, aber so eine berühmte Sehenswürdigkeit muss man sich schon angucken gehen. Es gibt von unserem Hostel aus in Botafogo zwei Busse, den 584 und den 583 Richtung Zentrum, welche einem in die Nähe der Talstation fahren. Von dort aus gibt es mehrere Möglichkeiten, den Berg hinauf zum weissen Christussymbol zu gelangen. Einen Touristenzug, ähnlich zu Machu Picchu, man kann zu Fuss oder mit dem Fahrrad hinauf fahren, oder man mietet sich ein Taxi. Bei letzterem gibt es zwei Varianten: Die normalen Taxis, welche man mit bis zu 3 oder 4 Personen teilen kann und dann gibt es noch so einen speziellen Taxiservice von Leuten, welche einen Kleinbus besitzen und einen an noch an verschiedene weitere Aussichtsorte transportieren. Sie stehen in direkter Konkurrenz zur Bahn und verlangen in etwa USD 2$ weniger für ihren Service. Dafür fahren sie aber auch nur, wenn es genügend Leute hat oder die Leute schon genügend lange warten mussten. Als uns so ein Vertreter dieses Services mit einer laminierten Tafel entgegen rannte, läuteten bei uns schon die Alarmglocken. Im Gespräch stellte es sich heraus, dass der Typ offensichtlich alles sehr legal angeht und die Touristen einfach früh abpassen muss, damit sie nicht alle auf den Zug rennen. Wir entschieden uns daher kurzfristig für den Kleinbus, ohne Aufschrift eines Reiseveranstalters oder dergleichen. Mit von der Party war noch eine junge dynamische Familie aus Saõ Paulo, welche auch etwas Zweifel hatte bei der Aktion aber vermutlich wie wir dachten, dass man halt im Notfall USD 10$ pro Person verlieren würde. Die ganze Angelegenheit entpuppte sich als den perfekten Transportservice, um die Christ Redeemer Statue zu besichtigen.

Wir fuhren zuerst zur Statue hoch, da am Morgen früh die ersten Leute oben vor dem ersten Zug und eventuell vor den unzähligen Tagestourbussen noch die Möglichkeit haben, Fotos zu schiessen, ohne darauf Dutzende von Touristenköpfen zu haben. Als wir ankamen, war es relativ ruhig, 5 Minuten danach kamen die Massen schon in Strömen hinauf geschossen und machten innerhalb wenigen Minuten ein Durchkommen zum Ausgang (ein Liftservice führt hoch und runter zur Statue auf der Bergspitze) zum Albtraum. Wir schossen noch ein paar Fotos von der Familie, da diese nicht so eine gute Kamera hatten und wir ihnen versprachen, dass sie die Fotos dann später herunterladen können. Wir hatten eine sehr amüsante Zeit mit der Familie (ein sportlicher Vater mit seinen zwei Söhnen im Mittelschulalter und seiner jungen Geliebten, die vermutlich noch jünger als ich war) und standen auf der gleichen Wellenlänge. Eigentlich wollten die uns 1.5 Stunden Zeit geben auf dem Berg, aber es fanden sich dann alle schon nach gut einer halben Stunde wieder auf dem Parkplatz ein, sehr zur Freude des Busfahrers, welcher schon bei der Abfahrt fluchte, dass es zu wenig Touristen seien für eine Kleinbusfahrt den Berg hoch. Er fuhr auch dementsprechend schnell, was für uns wiederum vorteilhaft war, denn somit kamen wir früher bei den Sehenswürdigkeiten an. Die nächste Station war ein Aussichtspunkt auf den Pan de Azucar und danach ging es weiter zu einem weiteren schönen Aussichtspunkt mit angebundenem Helikopterlandeplatz. Wir schossen ein paar Fotos und waren dann rund 2 Stunden nach der Abfahrt wieder beim Parkplatz unten angelangt.

Wir erzählten der Familie, dass wir nur zwei Tage in Rio de Janeiro bleiben würden und unbedingt noch die beiden berühmten Strände Ipanema und Copacabana sehen wollten. Sie offerierten uns kurzerhand, dass sie uns an den Copacabana Strand fahren würden; ein Angebot, das wir dankend annahmen. Nach einer kurzen Irrfahrt kamen wir beim Strand an, tauschten die Email-Adressen aus und verabschiedeten uns Richtung Strandleben.

Ich weiss nicht so recht, wie ich das Strandleben in Rio de Janeiro an den berühmten Schauplätzen beschreiben soll (man könnte Bücher darüber schreiben), daher beschränke ich mich auf ein paar kleine Details. Was uns natürlich immer wieder auffällt in Brasilien sind die Männer, die keine Mühe scheuen, um sich und ihr bestes Stück in die engsten knapp transparenten weissen oder rosaroten Badehosen zu zwängen. Wir haben versucht, das etwas auf Bild festzuhalten, jedoch wollten wir uns nicht wie Paparazzi verhalten. Nach ein paar guten Lachern waren auch schon am Ende des Strandes angelangt, wo wir der lokalen Marine einen kleinen Besuch abstatteten. Es gibt zwei Eintrittspreise für Touristen, einen mit internem Museumsbesuch gekoppelt und einer nur für die äusseren Begebenheiten. Wir entschlossen uns einstimmig, das Museum nicht zu besuchen J. In der Marina gibt es ein nettes sehr teures Kaffee, welches einem eine ruhig Ambiente mit Sicht auf den Copacabana Strand bietet.

Wir schlenderten danach weiter Richtung Ipanema Strand, welcher mir persönlich viel besser gefiel. Ich ging auch kurz ins etwas kalte Wasser, nur um sagen zu können, dass ich in Rio gebadet habe, einmal in meinem Leben. Ich würde mich niemals dazu entscheiden in diese Hektik zurückzugehen, wo man Schulter an Schulter mit Surfern (inmitten der badenden Leute), Bodysurfen, pissenden Kleinkindern und muskelbepackten Enghosenträgern den Ozean teilen muss. Die Südamerikaner stehen einfach auf geselliges Zusammensein und diese Tradition ändert sich nicht im Geringsten in Brasilien.

Nach ein paar obligatorischen Fotoschüssen mit etwas nackter braungebrannter Haut nahmen wir wieder einen Bus zurück zum Hostel und fingen an, uns auf die Weiterreise auf die Osterinsel vorzubereiten. Dies würde unsere letzte Station in Südamerika sein und wir freuten uns ungemein auf diese mystische Insel.

Rio selbst bleibt uns, obwohl nur sehr kurz besucht, in sehr guter Erinnerung: Freundliche Menschen in einer sehr interessanten vibrierenden Stadt und ich bin mir sicher, dass man ein halbes Leben in Rio verbringen könnte und immer wieder etwas Neues entdecken oder erleben würde.

Die Bilder (die Nacktbilder der Topmodels haben wir nicht hochgeladen) der Strände und den Besuchen der Sehenswürdigkeiten findet ihr hier: