Sonntag, 10. Februar 2008

Brasilien: Florianópolis

Wie im vergangenen Bericht erwähnt fuhren wir Richtung Florianópolis, um etwas von den berühmten Stränden Brasiliens zu sehen. Für mich ist das Strandleben in Brasilien immer mit viel nackter Haut in Erinnerung gebrannt und so wollten wir doch einmal sehen, ob sich wirklich die schönsten Menschen der Welt an der brasilianischen Sonne räkeln.

Es gibt so ein paar Mythen, die man als Reisender immer wieder mitbekommt: In der Schweiz gibt es nur Schnee und kaltes Wetter, alle in der USA lebenden Leute sind Bush-Liebhaber und/oder fettleibig, Argentinien besitzt das zarteste und schmackhafteste Fleisch auf der Welt, alle Leute in Südamerika sind braun oder dunkelhäutig mit schwarzen Haaren, alle Australier sind Surfer, Asiaten vertragen keinen Alkohol, Türken sind Araber, in Afrika sind alle schwarz und arm … ich könnte fast beliebig weiterfahren. Die Leute haben wirklich unglaublich lustige Meinungen über andere Kulturen und manche Meinungen halten sich vehement fest, weil alle Reisenden schon mit dem Vorurteil in ein Land reisen und es dann solange suchen, bis sie es für sich bestätigen können. Dann wird es frohlockend weiter geleitet. Zwei für mich interessante Beispiele: Erwähnst Du in einem Hostel, dass Du nach Kolumbien fährst oder dort warst, kommen alle sofort mit der FARC und der ungezähmten Gewalt. 99% dieser Leute waren nicht einmal in Kolumbien, kennen nicht mal dessen Staatsoberhaupt oder wüssten geschwiegen dann, was FARC bedeutet. Prädominant jedoch halten sich die folgenden Aussagen, wenn man sich über Argentinien unterhält: Das Fleisch ist das Beste auf der ganzen Welt und die Frauen sind die Schönsten von ganz Südamerika. Jeder wird das schon gehört haben, wenn er mit jemanden über Argentinien diskutiert hat. Es ist jedoch beruhigend zu wissen, dass niemand jede Frau in Argentinien kennt und sicherlich auch nicht in jedem Land Fleisch gegessen hat. Die Frauen in Argentinien sind wirklich sehr schön und das Fleisch im Normalfall auch sehr gut, aber mindestens so gutes Fleisch kann man in Texas, Kroatien oder Australien essen. Die Frauen in Kolumbien sind auch wunderschön und im Gegensatz zu den Frauen in Argentinien sehr zugänglich und freundlich. So, jetzt haben wenigstens unsere Leser neue Mythen zu verbreiten.

Wie gesagt fuhren wir mit dem Bus über Nacht nach Florianópolis. Die Fahrt dauerte in etwa 12 Stunden und wir kamen ziemlich pünktlich auf der sonnigen Insel an. Obwohl wir schon des öfteren erwähnt hatten, dass uns 12-Stünder im Bus nichts mehr ausmachen, sind wir doch erleichtert zu wissen, dass die Busreisen in nicht allzu ferner Zukunft der Vergangenheit angehören werden, denn schon in wenigen Wochen werden wir Südamerika verlassen und in die Kulturen und Sprachen Polynesiens eintauchen.

Ein paar Tage zuvor hatten wir aus dem Hostel in Sao Paulo per Zufall die Adresse des Hotels Pousada do Marujo in Florianópolis gefunden und ich rief prompt dort an und war zuerst schon über das fast perfekte Englisch der mit einer gelassen-ehrlich antwortenden Frau (Ida) erstaunt. Wir verstanden uns per Telefon schon prächtig und Ida gab mir das Gefühl, dass wir einen guten Ort gefunden hätten, was sich im Nachhinein auch bestätigte. Hier zuerst einmal die Adresse:

Hotel Pousada do Marujo (Ida & Erich), Rod. João Gualberto Soares, 17.421 –Barra da Lagoa, Florianópolis – Iiha de Santa Catarina, www.guesthousemarujo.net, Tel.:0055 48 3232 33 57, 0055 48 3232 7638

Ida hatte volles Verständnis für unsere finanzielle Lage und kam uns mit dem Preis sehr entgegen (auch weil ich ihr versprach, dass wir sicherlich 10 Tage dort bleiben würden). Das Problem war, dass sie eigentlich nur noch eine 3-er Behausung zu vermieten hatte und der Preis natürlich für 3 Personen gerechnet war. Zusätzlich erklärte sie mir sehr faktisch und offen, dass sie eigentlich nur 3-4 Monate im Jahr wirklich am Tourismus mitverdienen kann. Danach ist es in Florianopolis schon wieder zu kalt und die Ferienzeit der meisten Reisenden vorüber. Wie auch an anderen Orten in Brasilien wird während der 1-2 Wochen Karneval der höchste Umsatz des Jahres gemacht und die Leute müssen den Rest des Jahres ihre Rechnungen damit bezahlen. Für die meisten Rucksacktouristen ist Brasilien während der Sommermonate praktisch unerschwinglich und die Preise steigen Jahr für Jahr. Kurzum habe ich mich anhand der ehrlich tönenden Stimme schon für die Unterkunft entschieden und ein kurzes Absprechen mit Sebnem bestätigte meine Meinung; wir sagten zu. Sie erklärte mir nochmals ausführlich, wie wir von der Busstation in Florianopolis zu der Behausung in Barra da Lagoa fahren könnten. Im Prinzip sehr einfach: Man läuft aus dem Terminal hinaus und zum lokalen Busterminal etwa 100 Meter weiter vorne. Dort sucht man sich das Schild aus, wo Lagoa de Concepçaõ drauf steht und steigt in den Bus. Man bezahlt für eine Busfahrt nur einmal, dann kann man im Prinzip beliebig lange herumfahren, solange man die lokalen Busterminals nicht verlässt. Steigt man an der Haltestelle aus, dann ist bei einer späteren Weiterfahrt wieder der Preis von 2.30 Reais (1.50 CHF) zu entrichten. In Lagoa de Concepçaõ angekommen schnappt man sich den Bus Richtung Barra de Lagoa. Dabei gibt es dort zwei Haltestellen, eine wo directo und eine wo semi-directo draufsteht. Man würde meinen, dass dies Hinweise auf die Fahrtzeit und Richtung sein könnten, aber weit gefehlt. Wir wissen es bis heute nicht so genau, was der Unterschied von directo zu semi-directo in Florianopolis bedeutet und die Bewohner der Insel scheinen auch jeden Tag aufs Neue erprobt zu werden. Fragen ist hier angesagt, die Buschauffeure sind geduldig und meist sehr freundlich; auch mit Spanisch sprechenden Passagieren.

Gemäss Ida's unmissverständlicher Erklärung müsste man nach 10-15 Minuten Fahrt bei der oder kurz nach der Vorbeifahrt (Haltestelle 15, die Zahl hat keine uns erkennbare Semantik) Texaco Tankstelle aussteigen und dann noch 50 Meter laufen und schon wäre man da. Ich hatte die ganze Nacht kein Auge zu getan, denn die Sitze des Busses waren äusserst unbequem für mich. Wir stiegen also in den Bus ein und fuhren los. Nach gut vier Haltestellen und rund 5 Minuten Fahrt kamen wir an einer Texaco Tanke vorbei und ich habe sofort fast im Notaus-Prinzip die Leine zum gewünschten Stop gezogen. Unmissverständlich für normalsterbliche Leute heisst noch lange nicht, dass es für mich nicht noch einen Zweifel geben könnte; dieser jedoch war hier gänzlich unangebracht. Wir stiegen rund 10 Stationen und 10 Minuten zu früh aus. Ida in ihrer überaus freundlichen Art hatte mir schon beim ersten Telefongespräch offeriert, dass ich bei eventuellen Problemen aus Florianopolis aus jederzeit via R-Gepräch anrufen könnte. Von diesem Angebot machte ich jetzt Gebrauch und schon meldete sich eine vertraut ruhige und immer freundliche, hilfsbereite und intelligente Stimme mit mir unerklärlich vollem Verständnis für unsere Lage. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wussten, war die Tatsache, dass hinter dieser netten Person auch eine Art Workaholic steckt und sie gerade im Begriff war den Gästen Frühstück zuzubereiten. Sie offerierte mir jedoch sofort, dass sie uns Deppen persönlich abholen kommen würde. Ida kam mit ihrem kleinen Fiat angerauscht und die Herzlichkeit und Ehrlichkeit ihrer Person widerspiegelte sich im willkommenden Lächeln. Da der Fiat ohne Probleme zwei Personen mit ein wenig Gepäck transportieren kann, jedoch nicht mit unserer Bagage klar kam, entschieden wir uns das Surfbrett durch das Fenster haltend zu transportieren; Sebnem hinten ich vorne.

Als wir auf der Pousada ankamen, erwartete uns ein einladendes Bild: im Rechteck ausgerichtet befinden sich 8 Apartments aneinander gebaut, 5 Familienapartments und 3 Doppelzimmer. Eine kleine Einfahrt mit ausreichend Autoabstellplatz führt neben einem unglaublich sauberen Schwimmbecken (Erich, Ida's Mann, testet die Wasserqualität regelmässig sogar chemisch und reinigt es auch) direkt bequem vor die Haustüren der entsprechenden Apartments. Gleich neben dem intelligent gebauten weissen Eingangstor und vor dem Schwimmbecken befindet sich eine Art überdachter Gartensitzplatz mit sehr grossem Grill und einer kleinen aber komfortablen Kochnische. Daneben eine Toilette. Unsere Blicke fielen jedoch bald auf die unglaublich gut gebauten und sehr muskulösen Körper des fast ausschliesslich männlichen Klientel und zumindest bei meiner Wenigkeit wurden diese Blicke aus suchender Art erwidert. Wir waren just zur Zeit der berühmten Florianópolis Gay Parade angekommen und um uns schwirrten die schönsten nicht für Frauen zu habende brasilianischen Männer. Die Blicke verfolgten mich immer noch aber ich bin es mir mittlerweile gewohnt eher die Blicke von schwulen Kollegen auf mich zu ziehen als von zierlichen Latinas.

Die Insel besitzt gemäss unterschiedlichen Aussagen 42 Strände und mit dem öffentlichen Bus kommt man im Prinzip in die Nähe jedes Strandes. Es kann jedoch eine Geduldsfrage sein, denn möchte man zum Beispiel von Barra da Lagoa (etwas im Norden der Insel) in den Süden fahren, muss man mit mindestens zwei Stunden rechnen. Ich weiss nicht so recht, wo ich beginnen soll mit der Erzählung unserer vielen schönen Erlebnisse, aber wenn ich schon bei den Stränden bin, kann ich hier gleich auch diejenigen beschreiben, die wir besucht haben.

Praia de Moçambique: Der Strand ist auch als Praia Grande bekannt. Der Strand ist von Menschen nicht überlaufen und gilt mit seinen 9,5 km mit weissem Sand als der längste Sandstreifen von Florianopolis. Er wird oft von Surfern besucht. Der Zugang ist eigentlich am besten mit dem Auto zu bewältigen oder mit dem Surfbus (ein Bus, der sporadisch am Morgen und Abend an allen wichtigen Surfspots vorbei fährt und hinten gepolsterte Einstellplätze für Surfbretter hat). Das erste Mal fragt man am einfachsten nach der korrekten Einfahrt, denn die Beschilderung kann rar oder irreführend sein. Man kann auch vom Barra de Lagoa Strand zum Praia de Moçambique laufen, jedoch sind dies rund 5 km im weichen Sand an der prallen Sonne. Sebnem und ich haben das natürlich gemacht ganz unserer masochistischen Ader entsprechend. Auf dem Weg dorthin kommt man an einem Campingplatz (nicht sichtbar, aber es befinden sich immer irgendwelche Leute dort) vorbei und kurz danach kann man etwa 300 Meter draussen im Meer eine Boye mit zwei bis drei schwarzen dreieckigen Fähnchen erblicken. Dort war für mich eine der besten Wellen, wenn es in Moçambique schon heftig windete und die Wellen super klein waren in Barra da Lagoa. Ist ungefähr ein Marsch von 30 Minuten.

Barra de Lagoa: direkt neben Moçambique. Mehr Leute. Hochsaison: Kinderspielplatz für Kinder, Beachvolleyball Feld, Fussballfeld, etc. Dieser Strand eignet sich bestens, um mit Surfen zu beginnen. Die Wellen sind klein und vom Wind durch die Hügel geschützt. Dies war auch der nahste Strand von unserer Unterkunft in Barra de Lagoa. Er ist aber immerhin noch gut einen Kilometer davon entfernt.

Praia Galheta: Nudistenstrand zwischen Felsen versteckt und populär unter Schwulen. Von Barra de Lagoa erreichbar über einen Berg (rund 50 Minuten Gehzeit). Oder man fährt mit dem Bus nach Praia Mole und läuft von dort aus zum Strand. Einer der optimalsten Strände um ruhig und alleine zu surfen. Die Welle ist praktisch gleich wie am 200 Meter entfernten Praia Mole, aber wie es so mit den Paradiesvögeln von Brasilianern ist, die gehen nicht an einen Strand, wo sie sich nicht präsentieren können. Praia Mole ist der Innstrand mit vorwiegend Jugendlichen und die meisten Surfer (falls sie es noch schaffen vor Mittag aufzustehen, wenn die Welle sowieso schon nicht mehr gut ist) surfen dort nur, um sich zu präsentieren. In Praia Galheta hatte ich meine erste Tube seit Jahren wieder einmal; die Welle ist nicht zu unterschätzen und kann locker 2 Meter hoch werden und ist massiv. Praia Galheta ist auch ein optimaler Ort, um wieder einmal ein paar kontrollierte Wipeouts durchzuführen, um die Angst vor der massiven Welle zu verlieren, da es ein Beachbreak ist und sich praktisch keine Steine auf dem Meeresgrund befinden.

Praia Mole: Treffpunkt der Schönen und Reichen. Mit seinen Bars optimal für Jugendliche. Anscheinend ist es die Hauptattraktion auf der Insel (für uns zwar überhaupt nicht)J. Eher ein kleiner Strand, jedoch sicher 3-4 Mal grösser als Praia Galheta. Für beide Strände gibt's ausreichend Autoparkplätze, die einen in etwa 5-10 USD pro Tag kosten. Wenn man Surfen geht, lohnt es sich früh (ca. 6.30 Uhr) am Morgen dort hin zu fahren, zu parkieren, ein paar Stunden zu surfen und dann einfach los zu fahren; so als hätte man nichts gesehen oder gehörtJ.

Praia Lagoinha do Este: Zugang im Prinzip nur zu Fuss, über einen mittelschwierigen Pfad der über einen Hügel führt; ca. 45 Min – 60 Min. Marsch. Eine Infrastruktur gibt es nicht, jedoch hat so ein Typ (manchmal?) einen kleinen Verkaufsstand, wo er Bootstickets für die Überfahrt an einen der nördlichen oder südlichen Strände offeriert und auch gekühlte Getränke verkauft. Wenn der Wellengang nicht zu grob ist, hat man nämlich auch die Möglichkeit mit dem Boot an und von dem Strand zu gelangen. Das ist für viele Leute eine lebensnotwendige Option, denn die meisten unterschätzen den Fussmarsch über den Hügel. Der Strand selbst muss man meiner Meinung nach nicht besuchen wegen der Schönheit, jedoch sicherlich wegen der Wellen. Wenn der Swell aus der richtigen Richtung kommt, tosen perfekte 3-4 Meter Tubes in diesen halben Beachbreak und Point hinein. Der Zugang ist meiner Meinung nach nur für Experten oder wirklich gute Surfer mit viel Erfahrung, denn man muss den Klippen entlang paddeln, weil dort die Weisswasserwelle kleiner ist, und dann hinter dem grossen herausragenden Felsen darauf warten, bis das grosse Set vorbei ist und dann mit Turbo hinter die brechende Wellenwand paddeln. Ansonsten wird man von der Welle erfasst und unsanft gegen die Felsen geschmettert. Ist man einmal hinter der Wand ist der Einstieg ziemlich einfach, denn eine Strömung zieht einem nicht zu schnell weg vom Felsen parallel dem Strand entlang in das Zentrum das Strandkessels. Die meisten Surfer haben einen Ride und müssen dann mit dem Weisswasser wieder an den Strand zurück und die Rundreise von neuem beginnen. Somit kann man, je nach Kondition, vielleicht 2-5 Wellen surfen bevor man eine Pause einlegen muss.

Wir sind noch an einigen weiteren Stränden vorbeigefahren, mit Bus und Auto, aber die oben erwähnten waren diejenigen, welche wir bewusst aufgesucht hatten. Was ich hier erwähnen wollte, ist dass viele Surfer behaupten, dass es in Brasilien keine guten Wellen gibt. Ich habe nun doch schon ein paar Orte auf der Welt gesehen und vielleicht hatte ich unglaublich viel Glück, aber die Wellen an den Stränden Florianópolis waren alles andere als schlecht. Im Norden der Insel scheint der Tourismus ausgeprägter zu sein, da man dort Hotel an Hotel gereiht findet und sich viele Gäste dort nieder lassen.

Wir waren natürlich nicht nur auf der Suche nach Wellen, wir wollten uns einfach wieder einmal von den Reisestrapazen erholen. Das tönt für die arbeitende Leserschaft fast schon nach Blasphemie und ich bin mir sicher, dass sich einige an dieser Stelle wünschten, sie wären in Brasilien an der Sonne und könnten ein bisschen in der Welt herumreisen; wir würden aber mit niemandem tauschen, jedoch sind wir doch etwas müde geworden vom andauernden Planen, Einpacken, Auspacken, neue Leute treffen und nie etwas Festes zu haben. Und da erstaunt es nicht, dass uns 10 Tage an einem Ort, wie so eine Art Ferien vorkommen. So werden wir es in Zukunft auch handhaben. Es lohnt sich allemal, länger an einem Ort zu bleiben, als alle möglichen Ort in kürzester Zeit abzuhaken.

Wie schon oben erwähnt, waren wir äusserst zufrieden mit unserer Unterkunft und mit unserer Gastgeberin Ida, die keine Mühe scheute, um uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Ihr Mann Eric ist ursprünglich aus Deutschland, hat vermutlich jedoch die meiste Zeit seines interessanten Lebens im Ausland verbracht. Er hat noch zu einer interessanten Zeit vor 20-30 Jahren die Chance gepackt und die Welt umrundet. Stationen seiner erlebnisreichen Reise beinhalten Singapore zu Zeiten der Matrosenkultur, Minenarbeiter in Zentralaustralien, Studium und später Professor der englischen Literatur in den vereinigten Staaten. Er lebt heute, was kaum zu glauben ist hört man seine Erzählungen, in Brasilien mit Ida. Sein Erbe zeugen ein paar Tausend Bücher, welche an der Qualität der Literatur die meisten Bibliotheken und Buchläden Südamerikas in den Schatten stellen.

Nachdem sich die gut gebauten männlichen Päärchen langsam ihren Heimweg antraten kamen Matty & Jessica, ein frisch vermähltes Päärchen aus Neuseeland mit welchen wir die meiste uns verbleibende Zeit verbrachten. Wie so oft, wenn man mit ungefähr gleichaltrigen Leuten spricht, die auch länger reisen, sind die Beweggründe der Reise erschreckend identisch. Die meisten haben sich bei der Arbeit den Arsch aufgerissen, 80 Stunden die Woche gearbeitet und sicherlich viel verdient, aber sind total ausgelaugt. Matty, auch ein ehemaliger Surfer, und Jessica haben jahrelang in London gearbeitet und sich die wohlverdiente Auszeit gegönnt. Matty und ich haben uns sofort gefunden, und nachdem er sich ein neues Surfbrett gekauft hatte, waren unsere Morgen ausgeplant mit Surfen, währenddem unsere Frauen ausschlafen durften. Nach dem Surfen brachten wir das Morgenessen und wurden meistens für unsere Absenz entschuldigt J. Der Vorteil war, dass sich Matty und Jessica ein Auto mieteten und wir davon Gebrauch machen konnten.

Wir haben fast jeden Tag zusammen mit ihnen gekocht. Einer hat den Grill angeschmissen und jeder hat irgendetwas gekocht und zum Festmahl beigetragen. So konnte man von anderen Kulturen und ihren kulinarischen Spezialitäten profitieren und einiges dazu lernen. Wir lernten endlich, wie man eine wirklich leckere Guacamole zubereitet und wir zeigten den Neuseeländern, wie man eine italienische Tomatensauce macht. Bald gesellten sich interessierte Gäste und Ida zu den Vorkostern und so ergab es sich eines Abends, dass alle Gäste und Ida je ein bis zwei Gerichte kochten und diese dann in der Gartenpergola  zusammengetragen wurden. Was uns alle sehr mundete war der gekochte leicht ausgehöhlte Kürbis von Ida, welcher gefüllt war mit Shrimps an einer Käse-Kräutersauce und die Riesenmuscheln als Vorspeise zusammen mit Wein und Zitrone. Es ging uns wirklich sehr gut in den 11 Tagen, die wir uns dort aufhielten. Die Leute waren alle auf der gleichen Wellenlänge; es kamen noch Freunde aus Argentinien, eine sehr nette Familie aus Argentinien, 3 ältere Brasilianer und weitere illustre Gäste.

Was natürlich in Brasilien an den Stränden nicht fehlen darf sind die engen Badehosen der Typen. Wir wollten Euch den Anblick natürlich nicht ersparen und haben einige Bilder geschossen. Es gibt für mich fast nichts Grässlicheres als Männer in engen Badehosen. Teilweise noch fast transparent und oft in Weiss stolzieren die Herren der Schöpfung dem Strand entlang, an einem Arm die Braut in Tangas (was natürlich ein ganz anderer und meist angenehmer Anblick) mit der freien Hand kontinuierlich am Ausrichten des besten Stücks am Manne. Dabei müssen die Herren länger fingern, als sie es jemals zugeben würden; so viel ist auch bei den Brasilianern nicht in der Hose und bis wir nach Brasilien gekommen sind, hatten wir ja keine Vergleichsmöglichkeiten J. Besser Bilder von hemmungslos halb entblössten Menschen aus Brasilien kann man jedoch in unserem Album über Rio de Janeiro sehen. Zur Verteidigung der Kultur der engen knappen Badehosen muss man natürlich anmerken, dass es, wie wir ja in unzähligen Dokumentarfilmen aus der Vorkriegszeit der letzten Jahrhundertwende erkennen können, klar einmal Mode war.
Bezüglich Essensbeschaffung würde ich es so beschreiben: gleich an der Strasse wo wir wohnten waren die lokalen Geschäfte sehr überteuert, jedoch gibt es im eigentlichen Barra da Lagoa nach dem Meer zwei sehr günstige Frucht- und Gemüsestände. Es lohnt sich daher seine täglichen Rationen an Gemüse und Früchten, Brot und Wasser lokal zu besorgen. Wenn man jedoch länger an diesem Ort zu bleiben gedenkt, ist es weise sich mit Ida abzusprechen und mit ihr oder einem Gast mit einem Auto kurz in einen der wirklich grossen und billigen Supermärkte der Insel zu fahren und Fleischwaren, Öl, Gewürze, Konfitüre, Honig, weiss der Himmel was zu kaufen. Guten und günstigen Fisch kauft man am besten am Morgen auf dem Fischmarkt in Florianópolis, obwohl es auch in Barra da Lagoa lokale Fischhändler gibt, die Fisch verkaufen. Gemäss Matty ist das Problem des lokalen Fischverkaufs, dass die Verkäufer den Fisch entweder am Markt einkaufen und dann notwendigerweise teurer verkaufen oder nicht die gewünschte Auswahl an Fisch haben. Die Auswahl an verschiedenen Fischen ist nicht überwältigend, die angebotenen Riesencrevetten jedoch sind der absolute Hammer und relativ günstig. Und wenn man sich schon im Fischmarkt befindet, kann man sich gerade noch einen frisch gepressten Saft aus Caña und Limetten gönnen. Dabei werden Caña Stücke (eine Art Bambus) mit einer hydraulischen Presse in die Mangel genommen und zusammen mit Süssholz zu einem Saft gepresst und mit Limettensaft gemischt. Der Fischmarkt befindet sich im gelben überdachten Gebäudekomplex gleich auf der gegenüberliegenden Strassenseite der lokalen Busstation. Der Komplex beherbergt weitere Stände mit Ramschware und geklauter oder Graumarktelektronik.

Unsere nächste Destination war gegeben durch ein weiteres Flugsegment unserer Weltumrundung und würde Rio de Janeiro sein, welches noch weiter nördlich von Saõ Paulo liegt. Wir waren froh, dass wir zur Nachkarnevalszeit ankommen würden, denn damit relaxten sich die Preise der Hostels immens. Nach Rio de Janeiro gibt es einen direkten Bus, der aber doch nicht so direkt ist (haben wir das nicht schon irgendwo einmal gehabt?) und eine intelligente und viel kostengünstigere Verbindung via Nachtbus nach Saõ Paulo (12h) und dann mit einem der im Viertelstundentakt losfahrenden Busse nach Rio de Janeiro (5h). Die Busfahrten in Brasilien sind, wie schon anderswo erwähnt, ungemein teurer als in anderen Ländern Südamerikas und daher entschieden wir uns immer für die schlechteste Klasse. Das bedeutet, dass man einen nicht wahnsinnig grosszügigen Sitzplatz kriegt, dessen Rückenlehne man circa 30°-40° nach hinten kippen kann. Es gibt keine erhöhte Fussstütze, wo man die Füsse abstellen könnte, damit es einem nicht die Hauptader in den Kniekehlen abdrückt und nach zwei Stunden ein Gefühl des Erwachens aus einer Spinalnarkose aufkommt. Die Stühle besitzen auch keine genug grossen Unebenheiten, wo man seine Füsse die Schwerkraft entlastend ohne Muskelkraft ablegen könnte, um die Oberschenkelmuskulatur zu lockern und zu vermeiden, dass das üble Kribbeln aufkommt, dass vor allem ältere Leute mit schlechterer Durchblutung kriegen, wenn sie länger regungslos an einen Sitz gebunden sind; auch wenn ich mich nicht als sonderlich alt bezeichnen möchte, kenne ich das leidige Gefühl bestens. Ein regungsloses Bein das einem während der ganzen Fahrt kribbelt und einem den Schlaf raubt.

Wir organisierten alles per Internet und mit der unglaublichen Hilfe von Ida, die uns die Bustickets per Telefon organisierte. Ich kam langsam an den Punkt, wo ich etwa 20% des Portugiesischen verstand, aber um ein sinnvolles Telefongespräch mit jemandem zu führen, der den ganzen Tag nur Bustickets verkauft und sich dementsprechend schnell und kurz fasst, hätte es nicht gereicht. Es war ein etwas harter Abschied, denn vieles hatte einfach gestimmt: Ida und Erik, zwei unglaublich nette und hilfsbereite Menschen, Matty und Jessica die uns ans Herz gewachsen waren und die hervorragenden Wellen, welche unüblich für diese Zeit im Süden Brasiliens an die Küste brausten. Dennoch verliessen wir den Ort auch mit Freude, denn schon bald stand für uns der grosse Abschied von Südamerika an und ehrlich gesagt, wir sind nicht wahnsinnig traurig darüber; doch dazu später noch mehr in einem separaten Bericht in Form eines Fazits der Reise durch Südamerika. Was im Moment der Abfahrt für uns jedoch noch viel erfreulicher war, war die Tatsache, dass diese zwei Busreisen bis nach Rio de Janeiro unsere zwei letzten für eine sehr lange Zeit sein würden. Ich möchte gar nicht nachrechnen, wie viele Stunden wir in Bussen verbracht hatten bis zu diesem Zeitpunkt. Netterweise wurden wir von Matty und Jessica ans Busterminal in Florianópolis gefahren und mussten so nicht unser schweres Gepäck von Bus zu Bus schleppen.

Gute Nacht, am Morgen würden wir in Saõ Paulo sein und am Mittag schon in Rio. Während wir regungslos in den unbequemen Sitzen ausgeliefert darauf warten, dass sich unser Hirn unser erbarmt und in die Schlafphase versetzt, kann sich der wache Leser hier an unserer Bilderserie ergötzen: