Montag, 31. Dezember 2007

Buenos Aires Neujahr

Wir haben uns entschieden wieder einmal etwas länger als vier Tage an einem Ort zu bleiben und entschlossen uns Weihnachten und Neujahr in dieser grossen Stadt zu verbringen. Gleichzeitig wollten wir Neujahr nicht wie ansonsten üblich in einer billigen Absteige verbringen, sondern gönnten uns für die drei Tage über Neujahr eine Suite mit Jacuzzi (Sprudelbad, mas o menos) in einem 3-Sterne Hotel (Hotel A&B Internacional, Calle Montevideo 248); nobel muss die Welt untergehen (Kostenpunkt: 120 CHF pro Nacht). So zügelten wir am 30. Dezember in unsere neue Behausung, eine Art Wohnung mit King-Size Bett, einem kleinen Raum, um allfällige Streitereien auszutragen und einem riesengrossen wunderschönen Bad mit eingebautem Jacuzzi.

[Bild von Behausung]

Natürlich gehört hier in Argentinien für das Neujahrfest eine Reservation in einem guten Restaurant zum guten Ton und wir wurden auch Tage vorher auf diesen Brauch aufmerksam gemacht. Bei unseren täglichen Spaziergängen durch verschiedene Stadtviertel von Buenos Aires sind wir immer wieder auf interessant aussehende und bezahlbare Lokale gestossen. Eines hat uns jedoch besonders zugesagt, weil uns die Pasta unglaublich schmeckte. Es heisst "Il Gatto" und ist eine Art Restaurantkette mit etwa 7 Restaurants verteilt über die Stadt. Der Anlass, welcher aus Unterhaltungsmusik von einem DJ, einem 3-4 Gang Menü und so viel Alkohol, wie man trinken kann, besteht, kostete uns zusammen 150 CHF. Das war für uns bei der Reservation ein grosser Schock, aber wie es sich später herausstellte, war dies noch ein moderater Preis für ein Neujahrsessen in Buenos Aires. Man kann sich vorstellen, wie teuer der Anlass sein würde, wenn zum Beispiel noch eine Tangoshow (welche das Portemonnaie alleine über die Festtage um mindestens 100 CHF erleichtert) angeboten würde.

Die Reservierung war gemacht, was noch fehlte war eine adäquate Bekleidung für uns beide. Also machten wir uns auf den Weg Richtung der berühmten Shoppingmeile an den Strassen Florida und Santa Fe: hier schlägt das Herz jeder Frau höher. Für Sebnem haben wir ein wunderschönes goldiges Abendkleid gefunden, das perfekt zu den in Chile (auf Vorrat, man kann ja nie wissen, wenn man ein goldiges Kleid kauft) gekauften goldigen Schuhen passte. Für Roberto gab's neue Jeans, denn seine alten haben ein klaffendes Riesenloch zwischen den Beinen im Genitalbereich (keine weiteren Hinweise).

Natürlich wollten wir es nicht missen, es uns im Hotelzimmer etwas romantisch zu machen und kauften Champagnergläser und Fresito (ein süssliches Himbeer-Alkohol Gemisch) und im Shoppingmall Galerias Pacifico an der Florida Strasse fanden wir einen Laden, welcher sich auf Badezubehör spezialisierte und fein duftende Schaumbadflaschen offerierte. Sebnem sagte schon beim Einzug, dass sie mindestens zwei Mal pro Tag in der Jacuzzi verschwinden würde, um zu relaxen.

Am 31sten gingen wir beide noch zum Coiffeur und verpassten uns einen dem Anlass entsprechenden Look. Danach hiess es warten und warten auf den Abend, ohne sich die Frisur kaputt zu machen. Das war für Sebnem etwas schwierig, da sie doch so müde war und gerne ein Nickerchen gemacht hätte. Etwas Erholung vor der Party gab's dann doch noch und so machten wir uns gegen 21.30 Uhr startklar für den Abschied des Jahres. Sebnem sah einfach nur bezaubernd aus, Roberto natürlich gut wie immer. Doch sieht selbst:

[Sebnem & evt. Roberto]

Das kleine Dilemma fing damit an, dass wir es offensichtlich verpasst hatten, uns ein Taxi vorzureservieren. Nach 20 Uhr fahren nämlich nur noch sehr sporadisch Taxis herum und diese werden von vielen Touristen, welche das gleiche Schicksal getroffen haben wie wir, belagert. Da Sebnem mit Schuhen mit hohen Absätzen unterwegs war und wir zusätzlich so gegen 22 Uhr eine Reservation hatten, konnten wir die Strecke zum Restaurant nicht laufen. Zudem war es ziemlich warm. Glücklicherweise fuhren die Busse noch und so stiegen wir elegant gekleidet in einen Buenos Aires Bus und fuhren zum Plaza Mayo. Von dort aus mussten wir noch gut einen Kilometer einer viel befahrenen Strasse entlang spazieren Richtung Puerto Madeiro. Wir kamen jedoch rechtzeitig an und wurden herzlich begrüsst und zum Tisch 32 geführt.

Entgegen unserer Annahme war das Essen leider nicht so schmackhaft. Dafür war der Wein umso besser und erst noch gratis. Sebnem hat sich mit einem Chardonnay begnügt und Roberto kippte eine Flasche Malbec 2007 in sich hinein. So gegen 24 Uhr gingen die Leute nach draussen, um anzustossen. So genau wussten wir nicht, wann das neue Jahr begann, so haben wir halt einfach jede Minute einmal angestossen und den Champagner auch noch gekippt. Es gab sogar ein kleines Feuerwerk, welches aber nicht mit dem in Zürich oder Sydney oder New York oder ähnlich verglichen werden kann.

Danach ging's wieder ins Restaurant um die zweite Flasche Wein zu kippen und den Dessert zu geniessen. Mittlerweilen war die Hälfte der Gäste auf der improvisierten Tanzfläche heftig das Tanzbein am schwingen. Sogar Roberto wagte sich auf die Bühne und zeigte den jungen Leuten, wie richtig getanzt wird J, sehr zum Amüsement von Sebnem; die Weinflaschen machten sich offensichtlich bei ihm bemerkbar. Wir sind also gut und fröhlich ins neue Jahr gerutscht und auch irgendwie wieder ins Hotel gekommen. Dort angelangt fiel Roberto wie so üblich nach dem Trinken innerhalb Sekunden ins Koma, währenddessen Sebnem einer Reihe für Männer unverständlicher Dinge nachging.

Happy New Year and here are the pics:

Donnerstag, 20. Dezember 2007

Argentinen: Roadtrip Atlantikküste

Nach ein paar Tagen Buenos Aires und dem wenig erfolgreichen Versuch in Chile ein Auto zu kaufen, wollten wir dennoch etwas flexibler reisen und entschieden uns ein Auto zu mieten. Wir tätigten schon vorab Abklärungen und wussten, dass nach der zweiten Hälfte im Dezember eigentlich alle Autos vermietet sein würden. In Argentinien läuft das in etwa so: Die Autovermieter kaufen jedes Jahr fabrikneue Autos und verkaufen die Mehrzahl dann nach Ende der Saison. Die Saison dauert in Argentinien im Normalfall von Anfang Dezember bis Ende März. Die Preise sind während des ganzen Jahres gleich und obwohl die Anfrage in den Sommermonaten steigt, kaufen die Vermieter nur eine kleine Anzahl an Autos, damit sie während den Monaten der Flaute keine Verluste davon tragen. Die Preise für die Automiete haben eine interessante Geschichte und folgen keiner mir bekannten Preisregression. Gemäss Aussagen eines privaten Autovermieters definierte vor ein paar Jahren irgendeiner der Regierung auf einem Blatt Papier eine nicht-lineare Preisliste und benutzte diese, um seine Autos anzubieten. Andere folgten und kopierten die Liste einfach. Das führte dazu, dass bei allen Anbietern in Argentinien die ähnliche (relativ hohe) Preispolitik herrscht, ein ungewolltes passives Oligopol sozusagen. Kurzum, wer in den Sommermonaten in Argentinien ein Auto mieten möchte, reserviert dieses am Besten einige Wochen im Voraus. Private Händler bieten nach unseren Erfahrungen bessere Angebote für längere Mietzeit (ab einem Monat), jedoch sind die Versicherungen und die Franchisen höher. Die Franchise der Grunddeckung von Schäden ist in Argentinien auch einzigartig gelöst. Während man in anderen Ländern, gegeben man bezahlt genügend, die Franchise für äussere Schäden vertraglich auf Null setzen kann, ist dies in Argentinien nicht möglich. Normalerweise bewegt sich die Franchise im Bereich von $500-$750 USD, kann aber je nach Kategorie des Mietobjekts sehr nach oben steigen. Einige Anbieter, wie zum Beispiel Avis, kann gegen einen zusätzlichen täglichen Aufpreis die Franchise auf einen Minimalbetrag von $200 USD reduziert werden. Dies ist eine angenehme psychologische Versicherung. Das Problem besteht nämlich darin, dass die Wagen wirklich fabrikneu sind, die man bekommt und wenn man auf den Strassen Argentiniens herumfährt am Strand entlang gibt es immer irgendwo sichtliche Kratzer, ganz egal wie vorsichtig man fährt. Mit $200 USD Maximalverlust konnten wir leben. Das Angebot eines privaten Anbieters wäre etwas niedriger gewesen, jedoch war die Franchise $800 USD und das Auto, ein Fiat, bot nur 2 Türen (dies erlaubt es uns nicht, das Softrack für das Surfbrett zu montieren). Zwei letzte Hinweise: Es existiert je nach Anbieter eine threshhold-basierte Franchise, welche einem Intervallbetrag entspricht. Bis zu einem Minimalbetrag eines Schadens bezahlt man nichts, ab diesem Betrag bis zu einem Maximalbetrag bezahlt man dann die entsprechende Summe minus den Minimalbetrag. Der zweite Hinweis betrifft das Handling des so genannten "kilometraje" (Kilometer Beschränkung). In Argentinien, wie auch üblicherweise in Chile und Teilen Perus, stehen einem vertraglich pro Tag 200km zur Verfügung. Der Leser kann sich vorstellen, dass man in einem Land, wie Argentinien oder Chile, mit dieser Anzahl Kilometer nicht wirklich weit kommt. Für einen heftigen Aufpreis kriegt man natürlich das "kilometraje libre" (freie Kilometer) Paket. Das leert das Portemonnaie aber gut um einen Drittel mehr. Und wenn wir schon gerade beim Portemonnaie sind: Viele Leute (wir auch) überlegen sich ein Auto zu mieten und dann mal eben nach Ushuaia (einer der südlichstens Städte Südamerikas in Patagonien) zu fahren. Punkt 1: Es sind rund 7000km von Buenos Aires hin und zurück. Punkt 2: Viele Leute wissen es nicht, aber man muss eine Strecke durch Chile fahren; sehr viele Autovermieter offerieren einem die nötigen Passierpapiere nicht ohne weiteres oder gar nicht. Mit mindestens $300 USD Mehrkosten muss gerechnet werden. Punkt 3: Das Benzin ist zwar nicht unglaublich teuer (zumindest im Moment, Ende 2007, circa mit 90 cents der Liter), aber 7000km entsprechen bei guten Strassenverhältnissen mit mittelgrossem Neuwagen (8 Liter Verbrauch / 100km) etwa einem Betrag von $500 - $600 USD.

So, eigentlich wollte ich ja über unsere Reise der Atlantikküste entlang schreiben und langweile hier mit einem Exkurs über die Automiete in Argentinien. Ich hoffe einfach, es nutzt anderen Reisenden. Wir entschieden uns wie gesagt für das Angebot bei Avis und dem schönen 4-türigen Chevrolet. Wir fuhren gleich los Richtung Villa Gesell (www.gesell.gov.ar), einem sehr touristischen Badeort in Argentinien. Der Grund dafür war Juan Carlos Chappina, mein alter argentinischer Surffreund aus Costa Rica, mit welchem ich so einige herbe Surfsessions durchgegeben hatte arbeitet während den Sommermonaten in Villa Gesell als Lifeguard für rund $800 USD pro Monat. Er hat mir keine Adresse und keine Telefonnummer gegeben, nur gesagt, dass Villa Gesell sehr klein sei und wir uns schon treffen werden. Auch haben uns alle Leute in Argentinien vorgeschwärmt, wie schön doch die Küste Argentiniens sei. Soviel einmal vorab: Die Atlantikküste bis nach Necochea ist unserer Meinung nach alles andere als sehenswert und Villa Gesell ist alles andere als klein J.

Wir versuchten bei der Touristeninformationsstelle eine Untekunft in unserem Preissegment zu finden und sie gaben uns drei Hotels, welche maximal $30 USD kosten würden. Wir fanden keines dieser Hotels und suchten auf eigene Faust eine Unterkunft. Das Unterfangen gestaltete sich als äusserst schwierig, denn das Städtchen ist bis Mitte Dezember eigentlich komplett leer und die Türen der Hotels werden erst dann geöffnet. Überall konnte man Taglöhner bei ihrer Arbeit entdecken, dem Versuch in der letzten Woche vor dem Ansturm der Sonnenanbeter aus Buenos Aires noch alles zu reparieren und die Stadt auf Vordermann zu bringen. Es ist auch die Zeit, in welcher die Saisoniers aus Uruguay und dem Norden Argentiniens hierher kommen, um den Sommer lang gut zu verdienen.

Villa Gesell (wie der Name andeutet) wurde von dem deutschabstammenden Argentinier Carlos Idaho Gesell gegründet. Ab 1970 wuchs die Stadt kontinuierlich. Wir fanden eine sehr gute Unterkunft Dank dem Lonely Planet (endlich einmal war dieser Schinken hilfreich) für rund $17 USD die Nacht bei einem sehr netten Gastgeber: [Name des Hostels aus Lonely Planet einfügen].

Nachdem wir Juan am sehr grossen Strand nicht getroffen hatten am ersten Tag und er auch nicht auf meine Emails zu antworten schien, sanken meine Erwartungen ihn zu treffen und wir entschieden uns drei Nächte in Villa Gesell zu bleiben. Wir durch ein Wunder trafen wir ihn am zweiten Tag am Strand. Ich war überglücklich und er war sichtlich gerührt. Es lagen immerhin mindestens 10'000km und 5 Monate zwischen dem Abschied in Costa Rica und dem Versprechen ihn eines Tages in seinem Heimatland Argentinien zu besuchen und zusammen zu surfen. Leider gibt es um Villa Gesell herum nicht wirklich oft die Gelegenheit zu surfen, der Strand ist viel zu offen und die stetige Biese aus Patagonien über Bahia Blanca killt den letzten Ansatz einer guten Welle. Und hier gleich nochmals eins auf Dach für die Argentinier: Wir wissen echt nicht, woher dieser Stolz auf die Strände kommt, aber die Strände Argentiniens (zumindest in dem Streckenabschnitt, den wir gesehen haben) sind alles andere als schön. Das Wasser ist immer braun durch die konstante Aufwühlung des leichten Sandes und grosse Streckenabschnitte der Strände sind regelrechte Müllhalden. Zudem verliert man die Lust am Baden mit der konstanten Biese, die einem um die Ohren weht. Das Wasser ist auch erst ab Januar in einem Temperaturbereich, den es einem erlaubt, mehr als zwei Minuten im Wasser zu plantschen.

Am darauf folgenden Tag hatten Juan und ich Glück und konnten (trotz meiner herben Magenprobleme) ein paar Runden surfen gehen; Ziel erreicht: wir sind in Costa Rica und Argentinien zusammen gesurft. Was jetzt fehlt ist eine Surfsession in der Schweiz (gibt's die künstliche Welle noch in der Aare?). Danach haben Sebnem und ich den restlichen Tag praktisch im Internetcafe verbracht. Am Abend habe ich noch Juan von der Arbeit am Strand abgeholt und wir gingen in die Bar La Vieja Jirafa (Av. 3 / Paseo 102 y 104), wo es wohl die leckersten Burger der Stadt gibt. Eine sehr stylisch eingerichtete Bar, die sehr an europäische Nobelbars angelehnt ist. Sebnem und ich hatten uns am Morgen nach der Surfsession entschieden, Juan eines unserer Cybertools (ein Original Schweizer Sackmesser mit jeglichem Schnickschnack) zu schenken, da er immer mit ihm liebäugelte. Seine Freude war ungemein gross und er konnte es auch am Abend nicht fassen, dass wir ihm dieses Geschenk gemacht hatten. Was aber am Abend in der Bar folgte, hat mich in höchstem Masse gerührt und mir einen weiteren sehr guten Freund beschert. Juan ist unter anderem auch noch ein "Artesania", einer der von Hand Schmuckstücke herstellt, die man ähnlich in niedriger Qualität in jedem Land kaufen kann. Seine Schmuckstücke (Ohrenringe, Halsketten, Ringe und vieles mehr) sind jedoch spezielle schön gefertigt und stiessen in Costa Rica immer auf grossen Bewunderung. Dementsprechend konnte Juan auch sehr gut von seinem Hobby leben in Costa Rica und den Rest der Zeit surfen. Juan trug bis zu diesem Abend drei Jahre lang ununterbrochen eine wunderschöne einzigartige Halskette (ein metallenes Surfbrett), um die er von unzähligen Leuten geboten wurde. Es sagte sich immer, dass er sie nie weggeben oder verkaufen würde, denn sie bedeute ihm sehr viel, bringe ihm Glück und dass er keine zweite davon herstellen würde. Ich fragte ihn in Costa Rica natürlich auch, ob ich diese Kette haben könnte, jedoch ohne Chance. An diesem besagten Abend jedoch nahm er die Kette ab und schenkte sie mir unter der Bedingung, dass ich mein Leben lang surfen werde; ein Versprechen, das ich leicht machen konnte. Für viele Leute mag dies nicht so eine Bedeutung haben, aber es sind so kleine Dinge, die im Leben eben einen Unterschied machen.

Am vierten Tag ging es für uns weiter Richtung Miramar. Wir wollten am Morgen früh noch einmal surfen gehen, aber das Wetter war katastrophal und die Wellen völlig vom Wind zerstört. Wir sind dann alle kurzerhand zu Juan gefahren und haben Morgen gegessen. Danach fuhren wir Juan zur Arbeit und verliessen die Bademetropole Richtung Süden. Man kann von Villa Gesell in die etwas ruhigere Gegenden namens Mar de las Pampas und Mar Azul fahren, welche mitten in Pinienwäldern (ähnlich der Toskana) liegen. Hier findet man die Cabañas der gut betuchten Leute wieder, berühmte Sportler und Politiker sonnen sich hier um die Wette. Beides sind sehr empfehlenswerte Orte, um in Ruhe seine Sommerferien zu geniessen, vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld dafür.

Danach ging es direkt nach Miramar. Hier blieben wir insgesamt 4 Tage. Es ist ein nettes kleines Städtchen mit einladendem Strand (zumindest ausserhalb der Stadt, wo man den Strand praktisch für sich alleine hat) und optimaleren Surfmöglichkeiten. Wir logierten im sehr netten Hotel "Le Petit Chateau" (Avenida 9 N°752, Tel. (02291) 43-1654) und genossen unseren Aufenthalt fernab der Masse sehr. Was besonders erwähnenswert ist, ist das Waldgebiet mit Grilliermöglichkeiten: Bosque Energético (Parte del Complejo Turístico Las Dunas). Hier kann man sich im Schatten der hohen Bäume sehr gut erholen. Wir gingen selber am 3. Tag  Grillieren und am 2. Tag auch Picknicken); sonntags ist der Park voll mit Familien, aber durch die Grösse verteilt sich das Ganze optimal. Im kulinarischen Bereich und typisch argentinisch gibt es das Restaurant Asador Criollo (La Villa, Ruta 11 y av. Del Mar) zu erwähnen. Hier kann man so viel (hauptsächlich verschiedene Arten Fleich) Essen wie man kann für nur ca. $8 / Person. Die Argentinier nennen das "tenedor libre" und solche Angebote gibt es zuhauf in Argentinien. Nebenan befindet sich ein Kinderspielplatz; das ist noch wichtig, denn wie man ja von Kindern weiss, wollen die nicht stundenlang am Tisch hocken und essen. An diesem Ort kann man alle zufrieden stellen: vom Kind, das innerhalb 10 Minuten satt ist und sich danach im für die Erwachsenen in Sichtnähe befindenden Spielplatz die Rübe einhauen über die Eltern, welche gemütlich ein kulinarisches Festmahl mit viel Rotwein geniessen bis hin zur zahnlosen Oma, die nur noch das vorgeschnittene Fleisch mit möglichst viel Fettanteil hinunterschlürfen will.

Wir haben in Miramar teilweise sehr gutes sonniges Wetter gehabt, aber wollten trotzdem noch etwas weiter in den Süden fahren, um noch mehr von der argentinischen Küste zu sehen und vielleicht einmal noch einen schönen Strand zu finden. Wir fuhren nach Necochea, einem Ort, in welchem wir zwei Tage blieben, uns aber gerne noch etwas länger wohl gefühlt hätten. Nach kurzer Suche fanden wir ein super nettes Hotel mit sehr netten Inhabern, welche uns nach einem kurzen Gespräch über Surfen und unsere Reise einen tieferen Preis anbot: Das Windsor Hotel (Calle 4 N°3957 e/79 y 81 http://www.hotelesdenecochea.com.ar/, tel 02262 52 3177). Es ist ein freundliches familär-geführtes Hotel, welches in der Nacht jedoch ziemlich laut sein kann, wenn man ein Zimmer direkt zur Strasse ergattert hat.

In Necochea traffen wir auf gutes Wetter, nur leider mit zu starkem Wind. Wir lernten auch zwei lokale supernette Surfer kennen, die als Lifeguards arbeiten während der Sommermonate und ansonsten alltäglichen Berufen nachgehen, einer (Maximiliano) ist sogar Zahnarzt. Seine Utensilien für die Praxis verdiente er sich in Virgina (USA) nach dem Studium als Eisverkäufer für einen Juden J.

Natürlich wollten wir, wenn wir schon einmal ein Auto unter dem Arsch hatten, auch die Gegend etwas genauer erkunden. Die Strasse entlang des Strandes, vorbei am einzigen Surfspot direkt vor der Lifeguard Hütte, sah sehr einladend aus, um sie etwas besser zu erkunden. Hier ein Tip(p) für alle diejenigen, welche schon immer einmal die Physik eines Autos unter Beweis stellen wollten. Die Strasse offeriert immer wieder kleine perfekt gerundete Erhebungen, welche man schon rund 100 Meter vor dem Passieren sehen kann. Wenn man am Morgen früh über dieses Schotter- und Sandstrasse braust, besteht die seltene Möglichkeit, gegeben genügend Geschwindigkeit und etwas Mut, diese Hügelchen fliegend zu überqueren. Man sollte vorher vielleicht die Stossdämpfer etwas härter einstellen und sicherlich eine niedrige Franchise vereinbaren. Wir haben natürlich noch etwas viel Lustigeres gemacht. Angelehnt an das Sandboarden in Peru, dachte ich, dass unser treuer Chevi, wieder gegeben genügend Geschwindigkeit, die etwa 25 Meter lange und nicht identifizierbar tiefe Sandüberwehung traversieren könnte. Das Schauspiel, welches in einem abrupten Stop(p), Aufsetzen des kompletten Chassis und Abwürgen des Motors endet, beginnt mit einer Rutschpartie auf 2-4 Rädern und wechselt sich im Hundertstelsekundentakt ab mit unkontrolliertem Schleudern seitwärts. Auch nachdem ich eine halbe Stunde Sand unter dem Auto hervorgekratzt hatte, war die Tiefe der Verwehung nicht determinierbar, Bretter oder gar flache Steine, um Traktion zu erhalten, waren unauffindbar und Sebnem ergötzte sich meiner Idiotie mit einem kleinen Filmbetrag auf Videokamera und einem aussagekräftigen Foto. Sie half aber trotzdem heftig mit, obwohl sie überhaupt keine Schuld traf. Ich glaube sogar, dass Sebnem nie im Leben hätte auf die andere Seite der Sanddüne gelangen wollen, rein aus praktischer Veranlagung von Frauen. Glücklicherweise kam niemand anders auf die gleiche heroische Idee. Ein paar Hundert Meter weiter zuvor hätte es noch Baukrane gegeben, welche ich am Liebsten ausgelehnt hätte für die Buddelarbeit. Irgendwie kamen wir aus dem Schlammassel heraus, mit sandgestrahltem Unterboden, wieder einmal mit einem bis zur Unkenntlichkeit verbogenen Auspuff und mit keinem Profil mehr auf den Reifen. Der Vorteil beim Chevrolet ist, dass er nach einigen Kilometern durch den komplizierten Luftansaugmechanismus den Sand im Getriebe und Motor hinaus geblasen hat.

Unseren letzten Tag des Roatrips verbrachten wir noch einmal in Villa Gesell, um uns von Juan zu verabschieden und uns noch einmal zu bedanken für alles. Dieses Mal logierten wir im nicht weniger empfehlenswerten, jedoch teureren, Hotel Splendid (Av. 4 N 425, entre 104 y 105, Villa Gesell, Tel. (02255) 46-2326). Der Preis beträgt 80 Pesos pro Nacht (ca. $25 USD). Das Zimmer bietet eine Grundeinrichtung, ein Bett und eine Dusche. Am nächsten Morgen standen wir um 4.30 Uhr auf, damit wir um 5 Uhr losfahren konnten. Wir wollten das Auto zwischen 9 Uhr und 10 Uhr abgeben, mussten jedoch auch noch durch Buenos Aires ins Hotel fahren, um unsere Sachen abzuladen. Es sind rund 440km bis nach Buenos Aires, aber glücklicherweise interessiert es in Argentinien nicht so viele Leute, wie schnell man fährt, so lange man nicht schneller als 160km/h fährt. Was erstaunt: Offiziell sind 130km/h erlaubt (wie früher in der Schweiz), gefahren wird beliebig schnell (wie früher in der Schweiz) und oft gibt es keine Trennmauer oder ähnliches zwischen Fahr- und Gegenfahrbahn. Wir kamen rechtzeitig beim Hotel an, sogar auf die Minute genau wie ich es Sebnem gesagt hatte. Danach brachten wir den Wagen zurück und stiegen wieder um auf die öffentlichen Verkehrsmittel.

Die zehn Tage Freiheit hinsichtlich der Orte, die man besuchen konnte, ohne auf Busse angewiesen zu sein, haben wir sehr genossen. Es lohnt sich unserer Meinung nach auf alle Fälle in Argentinien (wie auch in Chile) ein Auto zu mieten und das Land so zu erkunden. Wir haben einen winzigen Teil Argentiniens gesehen und werden uns sicher noch mehr angucken. Aber vorerst kehrt etwas Ruhe ein beim Reisen, denn wir stehen zwei Tag vor Weihnachten und werden diese Weihnachten wohl ohne Christbaum (sehr zu meinem Vorteil, da ich Weihnachten nicht ausstehen kann) in einem eher kalten billigen Hotelzimmer verbringen.

Hier noch die Fotos vom Roadtrip:

Freitag, 7. Dezember 2007

Argentinien: Mendoza

Unser lang ersehnter erster Tag in Argentinien verlief leider nicht ganz optimal für uns. Im Busterminal von Mendoza angekommen, machten wir uns auf die Suche nach einem Taxi. Direkt vor dem Busterminal befindet sich nämlich eine Taxihaltestation, in welcher sich im Minutentakt neue Taxis einfinden. So standen wir verloren mit all unserem Gepäck in der Warteschlange für ein Taxi, doch kein einziger Chauffeur wollte uns und unser ganzes Gepäck transportieren. In ganz Südamerika hatten wir bisher k(l)eine Probleme mit unserem Gepäck (2 Backpacks, 2 kleinere Rucksäcke und Roberto's Surfbrett); und das war das Letzte, an was wir überhaupt hätten denken können. Argentinien, das Land mit vielen Surfern, da sollten doch die Taxichauffeure ein bisschen mehr Kulanz zeigen. Der eine Angestellte, der die Türen für die Gäste in die entsprechenden Taxis höflich öffnete, machte auch überhaupt keine Anstalten uns in irgendeiner Weise helfen zu wollen. So habe ich sogar noch mitbekommen, wie er einem Taxichauffeur zugesprochen hat, ob er uns wirklich mitnehmen wolle, wir hätten doch zu viel Gepäck dabei …

Wir wurden darauf hingewiesen dass wir doch einen Combi-Fahrer weiter vorne an der Strasse fragen sollen, ob er uns ins Hostel fahren würde. So trottelte Roberto dort hin und arrangierte einen Transport für uns und unser GepäckJ. Selbstverständlich wurden wir was den Fahrtpreis anbetrifft über den Tisch gehauen. Aber wir waren schlussendlich auf den Combi angewiesen. Hätten wir gewusst, dass das von uns im Voraus ausgesuchte Hostel in der Nähe des Busterminals liegt, wären wir von Anfang an zu Fuss gegangen und hätten uns die Unannehmlichkeiten und Schikanen ersparen können.

Ein toller erster Eindruck von Argentinien kann man wohl behauptenJ.

Da wir uns nicht im Voraus gross über Übernachtungsmöglichkeiten in Mendoza gekümmert hatten, sind wir einer Empfehlung des Lonley Planets gefolgt und sind spontan im Hostel Lao, Calle Rioja, vorbei mit dem Combi, um die aktuelle Preislage und Verfügbarkeit eines Zimmers anzufragen. Die Señorita, die in diesem Hostel arbeitet war bzw. ist sehr hilfsbereit und höflich. Leider gab es keine freien Doppelzimmer mehr; sie bot uns im Gegensatz je eine Schlafmöglichkeit in einem Dormitorio (6-Betten-Zimmer) für je $ 10.00 USD an. Da wir von der Reise ziemlich erschöpft waren und keine Lust hatten andere Hostels anzufragen, haben wir dem Angebot zugesagt. Wir mussten somit das erste Mal in einem 6-Betten-Zimmer übernachten, bzw. getrennt schlafen.

Nach dem unkomplizierten Einchecken gingen wir zu Fuss auf eine kurze Stadtbesichtung. Und das war zugleich unsere einzige Wanderung durch die Stadt Mendoza in den 2 ½ Tagen, welche wir dort verbracht haben. Wir wollten einfach ein bisschen relaxen und das Hostel hat dem sehr viel beigetragen. Das Hostel Lao wurde übrigens im Februar 2007 zu einem der besten Hostels von http://www.hostelworld.com/ gekürt. Es ist sehr sauber, bietet Internetzugang sowie Wifi-Verbindung, sehr nette Mitarbeiter, gratis Malbec Wein an bestimmten Wochentagen, ein nettes Gärtchen mit Hängematten, ein superkleines Swimmingpool im Garten, einen TV-Room und das bisher wahrscheinlich beste Frühstück (es wird von Brot, Süssgebäck bis hin zu Früchten alles aufgetischt und man kann sich frei bedienen).

Die erste Nacht im Dormitorio war ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Man muss sich nämlich an die Geräusche anderer gewöhnen, wie zum Beispiel dem Schnarchen seines Nachbarns. Natürlich hatten wir das Glück einen Marathon-Schnarcher im Zimmer zu haben, dem ich am liebsten das Kissen ins Gesicht gedrückt hätte. Er hat mich auf jeden Fall die Nacht hinüber wach gehalten. Im Zimmer befanden sich ausser uns noch ein Pärchen aus England, Pia aus Chile und eben dem komischen Schnarcher aus den USA (welcher an jenem Tag an der Weintour teilgenommen hatte und es nicht mehr geschafft hatte, den Hahn abzudrehen). Pia ist wegen eines Konzertes nach Mendoza aus Santiago de Chile gekommen und gemäss Ihren Aussagen auch wegen den Buchhandelgeschäften in Argentinien. Sie ist aber am nächsten Tag leider schon in ein anderes Hotel verschwunden und ist extra nochmals ins Hostel zurückkehrt, um sich von uns zu verabschieden. Das war echt super nett von ihr.

Unseren 2. Tag und 3. Tag verbrachten wir mehr oder weniger im Hostel selbst und haben die Sonne im Gärtchen (Roberto den Swimmingpool) mit all den anderen Gästen genossen. Es waren unter anderem einige Backpacker-Partyleute aus Manchester und Neuseeland (sie waren gerade aus Brasilien gekommen und die Stories von den Parties, die sie erzählten, glichen in etwa den Szenen im Film Turistas) im Hostel, die sich ebenfalls an der Sonne bräunten und ein Bier nach dem anderen hinunterbecherten.

Ein komischer Kauz stoss dann am zweiten Tag auch noch zu uns ins Hostel. Sein Name ist mir dummerweise entfallen, aber seine Geschichte nicht: Der Typ, ein Engländer, ist mit seinem Yamaha Motorrad von Alaska bis nach Argentinien gefahren und plant noch bis nach Ushuaia, dem südlichsten Punkt der Panamericana und des amerikanischen Kontinents zu fahren. Er hat länger mit Roberto gesprochen, da er eine Route in Afrika suchte. Er will nämlich danach zurück nach Buenos Aires fahren, mit einem Frachtschiff nach Cape Town tuckern und dann quer durch Afrika zurück nach England fahren. Er hat sich zwei Jahre Zeit genommen, etwas mehr als ein Jahr quer durch Amerika und dann den Rest noch durch Afrika. Da Roberto schon sehr viel in Afrika gereist ist, besprachen sie eine Route durch Namibia, Botswana, Zambia, Tanzania, Kongo, Camerun, Nigeria, Togo, Ghana, Mali, Senegal, Mauretanien und dann hoch bis nach Marokko. Er hat jedoch ein Problem, seine Maschine verliert sehr viel Öl und obwohl er sie schon zwei Mal komplett zerlegt hat, findet er den Defekt nicht. Leider gibt es in Südamerika nicht so viele Yamaha Vertretungen aber in Santiago de Chile gibt's eine. Dummerweise hat er ein weiteres Problem. Er ist einfach von Chile nach Argentinien gebraust, ohne einen Austrittsstempel für Chile zu holen und somit kann er nicht mehr ohne heftige Busse nach Chile reisen. Roberto und er nahmen dann noch die Chile-Argentinien Karte hervor und versuchten einen Weg über die Anden zu finden, wo es möglichst keinen oder einen kleinen Grenzübergang hat.

Mittagessen kann man sehr günstig in Mendoza. Für ca. CHF 3.50 bekommt man bereits ein Menü mit Dessert inkl. Getränk und wir haben sogar ein super Restaurant entdeckt, welches genau unserem Gusto entsprach. Es befindet sich direkt an der Hauptstrasse vom Hostel aus ins Busterminal an der linken Seite an einer Strassenecke. Am Fenster des Restaurants ist zusätzlich in grossen Buchstaben "Delivery" angeschrieben. Also unbedingt Mal auschecken, wenn Ihr mal in der Nähe sein solltetJ.

Wie schon in Chile, mussten wir in Argentinien einen neuen Adapter kaufen. Chile und Argentinien haben eigene Steckersysteme für den Strom und nicht wie der Rest Zentral- und Südamerikas das amerikanische Zweistecker-Plattsystem. Natürlich fanden wir das erst heraus, als wir gegen Abend den Laptop in Betrieb nehmen wollten. Roberto lief rund ein Dutzend Blocks, um dann in einem Viertel eine Ferreteria ("Eisenwarenhändler") zu finden, welche a) noch geöffnet hatte und b) Steckerkonverter anbot. Die Leute in diesem Laden waren die ersten Argentinier, welche freundlich und offenherzig im Sinne vom restlichen Südamerika waren. Wir waren nämlich seit unserer Ankunft in Argentinien etwas überrascht von der Reserviertheit und dem kühl-kalkulierten Europa-ismus. Aber im Zuge unseres weiteren Argentinienaufenthaltes stossen wir vermehrt auf unglaublich lustige und angenehme argentinische Zeitgenossen. Roberto kam fast nicht mehr aus dem Geschäft heraus, denn die Inhaberin wollte ihm unbedingt ein Haus im Norden Argentiniens als Ferienwohnung anbieten und erzählte von der Schönheit ihres Landes. Stolz sind fast alle Argentinier auf die Schönheit ihres grossen Landes, inklusive der Strände, aus welche wir in einem separaten Artikel zurückkehren werden. Nach langem Erzählen und Familiengeschichte konnte Roberto die Stecker erwerben. Ungeschickterweise hatten die Leute keinen Adapter mehr vom argentinischen System aufs europäische System und so musste er drei verschiedene Adapter kaufen, welche wir dann wie Lego Bausteine zusammensetzten, um Zugang zum benötigten Strom zu gewährleisten. Da es mittlerweile dunkel geworden war, fand Roberto den Rückweg nicht mehr so direkt und irrte noch ein Weilchen in Mendoza herum, bis er dann wieder auf eine Strasse traf, die er dem Namen nach kannte. Ich war erleichtert, als Roberto heil und mit den Steckern wieder im Hostel Lao eintraf.

Wie gesagt, blieben wir drei Tage in Mendoza und vielleicht zur Entrüstung einiger Weinliebhaber unserer Leser haben wir keine der vielen Weintouren durch das Paradies des Malbec und des Chardonnay gemacht. Wir sind keine grossen Weintrinker und die teuren Touren wurden alle per Fahrrad durchgeführt, was oftmals etwas heikel enden könnte. Nach diesen drei Tagen hatten wir mehr als genug von Mendoza, einer Stadt, welche wir nicht zu unseren Favoriten zählen würden; sehr zur Enttäuschung vieler Argentinier und Europäer, welche Mendoza als das Nonplusultra sehen. Eigentlich wollten wir noch nach Salta im Norden und Cordoba fahren, aber Roberto hatte zu sehr Fernweh nach dem Meer und dem Surfen. Also kauften wir kurzerhand ein Busticket nach Buenos Aires mit der Flecha Busgesellschaft.

Die Fahrt würde 14 Stunden dauern und hey, der Lonely Planet und alle Südamerika Reisenden schwärmten ja so von den Busfahrten in Argentinien, welche in höchster Qualität und zur höchsten Zufriedenheit des Kunden durchgeführt werden. Irgendwie bewahrheitete sich dieser Mythos nicht wirklich: Wir standen also rechtzeitig parat im Busterminal von Mendoza und warteten und warteten, geduldig wie wir es uns gewohnt sind, auf den Bus. Knapp eine Stunde später wendete unser Bus in das Terminal und wir luden unser Gepäck ein. Was noch verwirrend sein kann, wenn man sich in Buenos Aires nicht auskennt und das erste Mal da hin fährt: das Busterminal in Buenos Aires heisst Retiro und so nennen es die Buschauffeure auch. Wir fuhren los, luden unterwegs an zwei/drei Stellen Leute auf (so viel zum Thema direkt, welches wir schon in früheren Artikeln über Busfahrten in Südamerika erwähnten), und nach gut drei Stunden blieb der Bus mit einem irreparablen Schaden auf einer Autostrasse stehen. Die Chauffeure telefonierten anderen Buskompanien, welche nach Buenos Aires fuhren und baten um Hilfe. Die bestand darin, dass wir ohne grössere Komplikationen in vorbeifahrende Busse einsteigen und mitfahren konnten. Das Unschöne an der ganzen Sache war aber, dass der Bus, in welchen wir mitfuhren um ein Vielfaches unbequemer (wir hatten ja den Preis für Semi-Cama bezahlt) war und erst noch an unterschiedlichsten Orten auf dem Weg nach Buenos Aires hielt und die Fahrt sich dadurch um drei bis vier Stunden verlängerte. Wir kamen nach 17 Stunden um 11 Uhr morgens in Buenos Aires müde und erschöpft an. Mit uns gefahren waren auch noch ein Vater mit seinem am Down-Syndrom erkrankten Sohn aus Mendoza, welche eine Pferdefarm besitzen und extra für ein Pferderennen nach Buenos Aires fuhren. Für den Sohn war dies das erste Mal an einem Pferderennen.

Für die ungeduldigen unter Euch sind hier die Bilder:

Samstag, 1. Dezember 2007

Chile: Santiago

Nach einem sehr angenehmen Flug von Calama nach Santiago, wobei Sebnem und ich das erste Mal nicht zusammensitzen konnten, versuchten wir von Flughafen aus Richtung dem von Sebnem ausgesuchten Hostal Americano zu gelangen. Die Adresse dieses sehr empfehlenswerten Hotels lautet:

Hostal Americano, Compañia N°1906, Tel: 56-2 698 1025, http://www.hostalamericano.cl/
Centro Brasil, in der Nähe der Metrostation Santa Ana

Wieder einmal hatten wir die Chilenen in unserer Naivität unterschätzt, indem wir dachten die Taxis nehmen uns mit. Und wieder einmal waren die vielen Gepäckstücke und das Surfbrett das Thema des Tages. Wir erkundigten uns über andere Fortbewegungsmittel und stossen bald schon auf die Metro, welche sich nicht weit vom Flughafen befindet. Um diese zu erreichen muss man zuerst einen Bus stadteinwärts nehmen und dann bei einer der Metrostationen umsteigen.

Wir hatten auch eine Stadtkarte (es gibt so ein paar Dinge, welche wir mittlerweilen beim Eintreffen in ein neues Land oder eine neue Stadt schon im Voraus organisieren) und die Metrostationen waren im Prinzip auch darauf eingezeichnet. Das Problem mit den meisten Stadtkarten dieser Welt ist, dass sie wohl viele oder sogar alle Strassen eingezeichnet haben, aber äusserst selten findet man auf solchen Karten Hausnummerintervalle (zum Beispiel: Strasse x kreuzt Strasse y und in westlicher Richtung sind die Hausnummern 1600 – 1700 und in nördlicher Richtung 300-350 oder so). Lobende Ausnahmen sind zum Beispiel die Stadtkarten von Buenos Aires oder Lima. Der Vorteil ist offensichtlich: Wenn wir im Beispiel an die Compañia N°1906 wollen und entlang/parallel/in näherer Umgebung dieser Strasse fünf Metrostationen im Abstand zwischen 300 Meter bis einem Kilometer liegen, wir mit knapp 60kg Gepäck beladen sind und es draussen Mittag ist mit 30° Celsius sind, dürfte es einleuchten, dass man sich wünscht, zu wissen, welche Metrostation am nächsten zum Zielort liegt. Wie oben erwähnt, hatten wir diesen Luxus nicht, dafür sahen wir einen nicht unbeträchtlichen Teil der Stadt mit unserem Gepäck schleppend. Was auch eine hilfreiche Information ist, ist ein Massstab, damit man die Distanzen abschätzen kann. Natürlich kommt jetzt sicher so ein lesender Schlaumeier auf die gloriose Idee uns vorzuschlagen, man solle doch jemanden fragen, am besten noch die Taxifahrer. Meine Antwort schlichtweg: Good luck, gringo!

Santiago hat meiner Meinung nach ein ausgezeichnetes bargeldloses Ticketsystem. Eine unpersönliche Magnetkarte namens BIP! genügt als Zahlungsmittel für alle öffentlichen Verkehrsmittel. Die Karte kostet initial 1100 chilenische Pesos (USD 2.20$) und kann so weit ich weiss fast beliebig aufgeladen werden. Leider hatte ich meinen Kartenleser nicht dabei, ansonsten hätte ich sie selber aufgeladen (dürfte höchstens ein simples CRC Design sein, um das Ding zu knacken; falls jemand Lust hat, das System zu hacken, kann er sich bei mir melden und ich stelle ihm/ihr die Karte zur Verfügung) J. Steigt man in einen Bus oder in die Metro ein, hält man das Ding kurz so oft an den Leser, wie Personen fahren wollen. Damit kann man dann maximal 2 Stunden (Metrolinienwechsel sind beliebig viele erlaubt während dieser Zeit) im gleichen Gefährt fahren. Eine Fahrt kostet unisono 380 Pesos (80 Rappen), egal ob man eine Station fährt oder sich zum Auskurieren eines Suffs in die bequeme Metro legt. Ich wünschte es gäbe dieses System in der Schweiz, ohne den idiotischen Tarifdschungel; GA hatte ich, aber das ist nicht das gleiche Prinzip.

Ein weiteres sehr gutes soziales System, welches mir an dieser Stelle gerade einfällt und ich kontextlos beschreiben möchte, ist das semi-automatische anonyme Spenden von Rundungsfehlern beim Einkauf an eine gemeinnützige Institution. In vielen Ländern und Städten Südamerikas, wo es etwas bessere Einkaufscenter gibt, wird man am Ende des Einkaufs bei einem Betrag, welcher nicht auf die kleinste oder zweitkleinste Einheit der landestypischen Währung passt, gefragt, ob man die Rundung auf die nächst höhere Einheit einer Organisation spenden will. Bejaht man dies, werden zum Beispiel x cents zur Rechnung hinzuaddiert. Vielleicht etwas kompliziert erklärt, aber wenn ich eine Tomate einkaufen gehe, welche 0.17 was auch immer für eine Währung kostet, dann werde ich gefragt, ob ich 0.03 der Währung spenden möchte und kriege dann bei 1.00 der Währung 0.80 der Währung zurück.

Das mag als wenig erscheinen, aber wenn das genügend Leute machen, dann sieht man zum Beispiel Ende Jahr in einer chilenischen Zeitung, dass Ripley dieses Jahr USD 16'780$ an eine gemeinnützige Institution in Chile zur direkten und schnellen Hilfe im Erdbebengebiet gespendet hat (fiktives Beispiel). In der Schweiz fände ich so ein System auch vorteilhaft. So hätten wir in gewissen Sparten bessere Preispolitik und Strahm käme bei der Endrechnung des Warenkorbes etwas mehr ins Schwitzen J. Ich bin herb abgeschweift … zurück zur wunderschönen Stadt Santiago.

Angefangen hat unsere Reise zum Hotel mit dem Auffinden des Busses. Es gibt eigentlich nur einen grünen Bus, den man nehmen will Richtung Stadtzentrum und der befindet sich am Kopf der Taxi- und Bushaltestationen. Eine weitere Möglichkeit wäre für uns gewesen, den Service einer privaten Shuttle Gesellschaft zu buchen. Nachdem wir die Preise (ich meine es war so im Bereich von USD 20$ pro Person; aber ich verdränge solche Undinge mittlerweilen sehr schnell) gesehen hatten und einer sogar noch gemeint hat, dass man das Surfbrett nicht transportieren kann, haben wir uns freundlich von diesen etwas Höhenluft schnuppernden Leuten verabschiedet.

Dem Buschauffeur und seinem überaus freundlichen Helfer war es hingegen egal, was wir alles mitschleppten, solange nichts in seinem Bus zurück bleiben würde und wir nicht den ganzen Bus in Beschlag nehmen würden. Hilfsbereit öffnete er die hintere Türe, welche nur zum Aussteigen gedacht ist, und wir luden unser Gepäck auf die hintersten Sitze. Die Fahrt war adäquat billig. Wir kamen unterwegs noch ins Gespräch mit einem "Pärchen", wobei er aus Spanien war (Sevilla glaub ich) und sie aus Santiago. Er war zu Besuch eines Mathematiksymposiums in Santiago und war sehr erstaunt, dass ich ziemlich genau wusste, um was es beim Symposium ging; aber schliesslich unterrichtete ich während meiner zweiten Studienzeit lineare und abstrakte Algebra und kryptographische Systeme an der Fachhochschule Zürich.

Wir stiegen an der falschen Metrostation aus, eine weiter hätte uns einen langen Fussmarsch erspart. So liefen wir los Richtung unserer Zieldestination. Und wir liefen und liefen und liefen und machten Pausen und liefen und liefen (durch das Künstlerviertel: Gruss an dieser Stelle an den Martin, der Freund meiner Schwester und beides talentierte Vollblutmusiker; Martin war vor rund zwei Wochen in Chile, wo er zwei Konzerte gab, aber wir verpassten ihn, da wir noch im Altiplano von Bolivien rumlungerten) und kamen dann endlich bei der Compañia Strasse an. Zu unserem Pech waren wir etwa 14 Blocks zu weit vorne. Sebnem, die vorher noch ziemlich motiviert und tapfer vor mir stapfte fand das gar nicht lustig und ich war auch schon ganz ausser Atem und verschwitzt. Wir entschieden uns für den Rest der Strecke ein Taxi zu nehmen oder ein Auto zu klauen. Zum Glück für den Camaro an der Ecke kam gleich ein Taxi, welches uns sogar mit dem Surfbrett mitnahm; aber nur weil er nur noch 14 Blocks einer Strasse entlang fahren musste. Wir kamen dann nach einer kurzen Fahrt beim Hostel Americano an und es machte uns gleich einen sehr guten Eindruck. So relaxed, klein und mit super freundlichem Empfang. Wir fühlten uns sogleich sehr wohl. Das Doppelzimmer war geräumig mit sehr schönem Bad. Im hinteren Teil des Hotels befindet sich ein grosszügiger Garten mit Sitzplatz und einem grossen Grill, den ich dann noch persönlich unter Probe stellte. Wir hatten gratis und offiziell WiFi Zugang (für einmal mussten wir es uns nicht erkämpfen) sogar vom Zimmer aus und Zugang zur Küche, falls wir selber kochen wollten; was wir auch mehrmals taten im Verlauf unseres Aufenthalts. Das Frühstück war inbegriffen und wir bezahlten mit USD 32$ etwas mehr, als wir uns mit USD 30$ als Ziel gesetzt hatten, aber das war es uns schon wert.

Da wir schon in Calama ziemlich gefaulenzt hatten, waren wir wieder mit etwas mehr Tatendrang unterwegs. Wir machten uns noch auf eine kleine Erkundungstour und assen im nahegeliegenen Park "Brasil" (einem der unzähligen Parks dieser supergrünen Stadt). Schon auf unserer kleinen Tour um die Häuserblocks sahen wir viele ältere und historische Gebäude. Dummerweise ist keiner von uns eine Historiker noch irgendwie speziell mit Kulturgeschichte bewandert, darum können wir Euch hier nicht näher beschreiben, was für Epochen da genau in diesen Gebäuden zum Vorschein kommen, aber imposant sind sie ohnehin auch für uns Laien.

Die weiteren Tage verbrachten wir mit Wanderungen in der Stadt und etwas ausserhalb der Stadt zwecks aussichtslosen Autokaufs. Jaja, man liest richtig, wir wollten uns ein Auto kaufen und damit den Rest unserer Zeit in Südamerika bis Februar rumsausen. Viele Leute, welche ein Auto in Südamerika gekauft haben zu diesem Zweck, und auch Lonely Planet haben uns empfohlen, den Autokauf möglichst in Chile zu erledigen. Die Angebote sind wirklich verlockend und es gibt überaus viele Autohändler in Santiago, aber schlussendlich fanden wir dann doch nichts in unserer Preisklasse (bis 2000 CHF inkl. Zollpapiere, Zulassung und RUT Gebühr) und es wurde uns zu blöd. Was wir aber hier loswerden möchten, sind zwei Hinweise: Wir dachten, als Schweizer sollte man sicherlich zum Automotriz Suiza fahren und dort werden sie geholfen. Denkste, recht unfreundlich und mit einem bitteren Nachgeschmack hinterlassend wurden wir belehrt. Dafür war die Garage gleich nebenan super freundlich und der Autoverkäufer rief sogar extra die Behörden (in Chile herrscht existenzielle Bürokratie und auch wenn wir ziemlich gut Spanisch sprechen, reicht es für die Landsbürokratie nicht mehr aus) für uns an, um heraus zu finden, wie der Ablauf zur Erlangung einer RUT (eine RUT benötigt man in Chile, sobald man sich zum Beispiel ein Auto oder ein Stück Land kaufen möchte) für Touristen wäre.

Wie gesagt, haben wir uns den Rest der Zeit mit Spaziergängen verbracht. Es gibt so vieles zu sehen in dieser Stadt, alleine alle Parks zu besuchen würde ein paar Tage dauern. Die Stadt ist super grün (ähnlich wie Canberra in Australien), modern und sauber. Im Zentrum der Stadt findet man um die Parlamentsgebäude und den vielen Gerichtsgebäuden noch eine Unzahl an weiteren historischen Gebäuden. Am Sonntag war zudem ein Teil der grossen Strasse im Stadtzentrum auf einem guten Stück gesperrt für die Motion "gesunde Stadt, gesunde Luft". Aktivitäten wie Folklore tanzen, Klettern und die Pfadfinder waren präsent. Zudem kamen wir gerade in den Tagen des wichtigsten Fests der Stadt, dem "Teleton '07". Ein Besuch des Cerro Santa Lucia und des Cerro San Cristobal (Metropolitano) gehört ins Pflichtenheft beim Besuch Santiagos. Vorallem der Cerro Santa Lucia in der Stadtmitte ist einfach nur eine Schönheit mit den wasserfallartigen Springbrunnen und den massiven Bauten darum herum. Antike breite Treppen führen vom Eingang unten in den oberen Teil des Parks auf dem Hügel, vorbei am Wasserfall auf den Aussichtspunkt. Überall liegen grosse Steine oder teile des unterliegenden Felsens wurden freigeschaufelt; schattenspendende Bäume dürfen natürlich nicht fehlen.

Der Cerro San Cristobal Park ist eigentlich ein Konglomerat aus Parkanlagen mit verschiedenen Themata und einem Wald und ist wohl einige Quadratkilometer gross. Auf dem Hügel befinden sich zwei prestigeträchtige alte Bäder. Der Zugang erfolgt über die Hochseilbahn oder mit Taxis zum fixen Preis oder zu Fuss. Wir entschieden uns, die weiter entfernte (6km vom Fuss des Hügels) Badeanstalt zu besuchen und stiegen zusammen mit zwei Lokalen in ein Taxi. Eigentlich wollten wir die Schwebebahn nehmen, aber die war gerade an diesem Tag nicht geöffnet, da sie einen Geburtstag feierten. Als wir oben ankamen war ich schon von der äusseren Architektur des Schwimmbades positiv überrascht. Alles ist aus schönen schwarzen Natursteinen (dummerweise bin ich auch kein Geologe, sonst würde ich schon hinschreiben, was für Steine das sind) gemauert, die Wiese in einem top Zustand, überall Wassersprinkler und im Allgemeinen machte die Anstalt den Anschein einer sehr prunkvollen Privatanlage. Gemäss den Eintrittspreisen und der Tatsache, dass sich vielleicht 7 Leute im Bad befanden, dürfte dies auch der Fall sein. Ein Eintritt pro Person kostet nämlich USD 12$. Das Bad befindet sich wirklich zu oberst auf dem Berg und man hat eine wunderschöne Aussicht auf Santiago. Das Badegelände ist relativ klein, viel mehr als 100 Personen dürften da keinen Platz finden. Es befindet sich ein einziges Becken in der Badeanstalt, welches jedoch sehr zum Baden einlädt. Baden wollte ich auch, aber wir Spassvögel hatten wieder einmal die Badehosen nicht eingepackt; vor allem das wunderschöne Bikini von Sebnem, in welchem sie auf den Galapagos Inseln alle weiblichen Tiere eifersüchtig machte. So entschieden wir uns nach der Besichtigung der Anlage, uns wieder zu Fuss auf den Rückweg zu machen und anstatt dessen die anderen Parkanlagen zu besuchen.

Es ist ein sehr schöner Weg den Hügel hinunter, meist waldig, dünn besiedelt, dafür mit den verschiedensten endemischen Pflanzenarten. Wir besuchten die Parkanlage Jardin Mapulemu, in welcher die Regierung von Santiago versucht gefährdete endemische Pflanzen gezielt wieder zu züchten. Wir staunten nicht schlecht, wie viele medizinische Bäume es alleine in Chile gibt und nahmen vom Molle Baum ein paar Blätter mit, da sie so gut rochen; der Plan war es einen Tee zu kochen. Angeheitert vom Blätterklau eines nicht mehr so gefährdeten Baumes spazierten wir die ganze Anlage hinunter, in der Hoffnung weiter unten auf den japanischen Garten zu treffen. Wir kamen noch bei einem Tümpel mit Gänsen an, wo vor allem eine weisse Gans mich sofort ins Herz geschlossen hatte. Wir rannten ein paar Runden um das Gehege und ich liess mich ein paar Male beissen vom lieben Tier und dann entschieden wir, dass wir die Tiere wieder in Ruhe lassen würden. Irgendwie kam dabei ein spezieller Hunger auf, aber wir wollten ja nicht alles mitnehmen, was im Park so herumschleicht oder wächst.

Was wir jedoch mitnahmen waren die so genannten Ciruelas Früchte (Pflaumen, wie es sich später herausstellte), welche ich per Zufall entdeckte. Wir suchten den japanischen Garten und entschieden uns bei der zentralen Nadelkurve, wo sich dieser befunden hätte, eine grosse Abkürzung über die Böschung auf den weiteren Verlauf der Strasse zu gelangen. Den japanischen Garten verpassten wir vorerst, dafür entschieden wir uns einfach querbeet durch das Gelände zu marschieren. Nicht weit weg von der Strasse im Gebüsch fanden wir nebst den vielen öffentlichen Freilufttoiletten ein paar strauchartige Bäume, welche grüne, leicht gelbliche und einige rote Früchte trugen, ein bisschen grösser als eine Kirsche und etwas kleiner als eine Mirabelle. In Afrika und Asien habe ich gelernt, dass wenn etwas nicht sonderlich grässlich schmeckt, wenn man es in den Mund steckt, dann kann man es höchstwahrscheinlich essen. Ich erweiterte diese Weisheit auf Südamerika und steckte mir so eine Frucht in den Mund. Und zu meinem Erstaunen war sie sehr schmackhaft, süsslich sauer und von hoher Konsistenz, sehr fruchtig und mit einem kleinen harten Kern in der Mitte. Noch bevor wir fertig diskutiert hatten, ob wir vielleicht nur ein paar wenige dieser Früchte essen (in der wirren Hoffnung, dass Magenverstimmungsdauer proportional zur Anzahl gegessener Früchte sei), hatte sich Sebnem schon 3-4 in den Mund geschaufelt J. So fingen wir an, den Baum abzugrasen und bei jeder Frucht schauten wir uns an, und fragten uns, ob sie vielleicht doch schädlich sei. Ich entschied mich, unseren Rucksack mit ein paar Kilo dieser Frucht zu füllen und dann jemanden zu fragen, was es denn wirklich sei. Das taten wir dann auch und liefen wieder zurück auf die Strasse, dieses Mal jedoch um die Nadelkurve herum und trafen alsbald auch auf den kleinen japanischen Garten. Wir schossen ein paar Fotos und machten uns auf den Weg weiter hinunter Richtung alternativen Ausgang. Unterwegs trafen wir einen Parkangestellten, welcher uns freundlicherweise aufklärte bezüglich der Frucht und sich freute, dass wir so viele davon gefunden haben. Er erklärte uns, dass alles im Park von der Regierung bezahlt allen zur Verfügung stehe und wir kein schlechtes Gewissen haben müssen, weil wir einen halben Rucksack voller Früchte mitnahmen; das hatte ich sowieso nicht.

Wir fuhren zurück ins Hotel und kochten uns etwas Feines. Wir kochten eigentlich jeden Tag im Hotel, da es uns um einiges günstiger kam und wir dann auch etwas hatten, das wir gerne assen. Die meisten Leser wissen das vielleicht nicht, aber wir sind hervorragende Küchenmeister J. Eines der Gerichte, welches auf dem folgenden Foto ersichtlich ist, ist an die Anlehnung meiner Kindheit im Sommer im Garten meiner Eltern entstanden. Meine Mutter ist eine hervorragende Köchin verschiedener Gerichte aus unterschiedlichen Ländern, vor allem aber Schweiz, Italien (Sizilien) und China. Mein Vater kocht nicht so oft, aber im Sommer feuert er den Grill an und dann gibt's köstliche Festmahle. Eine typische sizilianische Spezialität, welche wir Kinder oft im Sommer aufgetischt bekamen, ist eine Mischung aus Zucchetti und Kartoffeln, gedünstet mit viel Pfeffer und Zwiebeln in der Bratpfanne. Frisch aus dem Boden des Gartens geschaufelt kann man dieses sehr einfache Gericht an Geschmack nicht mehr überbieten. Dazu gab es meistens in Olivenöl und Knoblauch eingelegte auf dem Feuer "gebratene" und geschälte gelbe und rote Peperoni (Paprika, wie viele Leute auch fälschlicherweise, aus Sicht eines Sizilianers, zu sagen pflegen). Das gab's bei uns auch, denn ich schmiss den Grill an und grillierte zwei Steaks und die Peperoni und Sebnem bereitete einen schmackhaften Tomaten Gurken Salat zu. Die Peperoni benötigen sehr viel Zeit auf dem Feuer, gut eine halbe Stunde. Die äussere Haut der Peperoni muss schwärzlich und voll mit Blasen sein und die Konsistenz in sich zusammen sacken. Dann schält man die Dinger, solange sie noch heiss sind und wirft sie zusammen mit sehr viel in Scheiben geschnittenem Knoblauch und relativ viel Olivenöl in einen Topf. Etwas Salz hinzu und fertig ist die Beilage, welche man gut 2-3 Tage im Kühlschrank aufbewahren kann. Zusätzlich kochten wir uns am Vorabend noch Teigwaren und hatten ein paar gekochte Broccoli übrig. Wir entschieden uns, eine Rahmsauce ("crema de leche", für andere Reisende) mit frischen Champignons zu machen und am Schluss die Broccoli hinzuzufügen. Das gab einen weiteren schmackhaften Teller für uns beide. Und so kochten wir jeden Tag etwas, was auf unserer Wunschliste stand und wir im Restaurant nicht bekommen konnten; zumindest nicht in unserer Preisklasse. In Chile lohnte es sich für uns das erste Mal wirklich selbst zu kochen. Egal wie viel Resten man hat, auf den Preis eines Mahls im Restaurant kommt man nicht. In Bolivien selbst zu kochen, ausser vielleicht einen Salat, ist unserer Meinung nach nicht preisgünstiger.

Wieder einmal waren wir in Aufbruchstimmung und wir wollten eigentlich nach La Serena fahren, wo auch schon Martin war und ein Konzert gegeben hatte. Es gibt in La Serena und in der Umgebung von 30 Kilometer davon gute Surfspots. Nach dem Wellencheck und dem Schock der meteorologischen Verhältnisse und natürlich auch den unglaublich hohen Preisen, entschieden wir uns weiter Richtung Argentinien zu fahren. La Serena und der ganze Küstenabschnitt, welcher gut in einem Tag per Bus erreichbar war, hätte uns mit 15° - 20° Celsius erwartet. Das konnten wir uns beim besten Willen nicht mehr vorstellen, zumal es hier in Santiago de Chile, immer schön um die 30° Celsius war. Wir checkten kurz die Temperaturen und den Wetterbericht einiger Städte in Argentinien und fanden ein Hoch über Mendoza; wie passend, das liegt ja gerade auf dem Weg. Die Temperaturen waren mit 35° Celsius in diesem Gebiet angegeben. So langsam wird es wärmer. Das ist das schöne, wenn man in Zentralafrika reist oder allgemein in der Nähe des Äquators in Afrika, man kann monatelang mit 35°-45° schönem Wetter rechnen und muss nicht frieren.

Wir kauften uns ein Ticket bei der Tour Bus Gesellschaft, welche eigentlich wirklich zu empfehlen ist, und fuhren los Richtung Argentinien. Unser Aufenthalt in Chile war sehr kurz, nur zwei Wochen, aber bedingt durch die hohen Preise und dem suboptimalen Wetter entlang der Küste waren wir gezwungen weiter nach Argentinien zu fahren. Die Fahrt selbst war mit 6 Stunden nach Mendoza eher kurz und schon nach kurzer Zeit kamen wir ins Gespräch mit den sehr interessierten Argentiniern und Chilenen und erzählten ein bisschen von unserer Reise. Der Grenzübergang ist sehr gross und es gibt vermutlich zu keiner Zeit grössere Wartezeite an der Grenze. Was vielleicht erstaunen mag, wenn man diese Strecke einmal selbst fahren möchte, ist die Tatsache, dass der eigentliche Grenzübergang mit den Zöllnern und Polizeibeamten, wo man den Eintritts- und Austrittsstempel kriegt, sehr weit innerhalb argentinischen Territoriums ist. Man passiert die politische Grenze auf einem Pass in den Anden und fährt dann noch gut eine halbe Stunde, bis man beim eigentlichen Grenzübergang mit obligatorischem Stop(p) ankommt.

Die restlichen Bilder findet ihr hier: