Freitag, 7. Dezember 2007

Argentinien: Mendoza

Unser lang ersehnter erster Tag in Argentinien verlief leider nicht ganz optimal für uns. Im Busterminal von Mendoza angekommen, machten wir uns auf die Suche nach einem Taxi. Direkt vor dem Busterminal befindet sich nämlich eine Taxihaltestation, in welcher sich im Minutentakt neue Taxis einfinden. So standen wir verloren mit all unserem Gepäck in der Warteschlange für ein Taxi, doch kein einziger Chauffeur wollte uns und unser ganzes Gepäck transportieren. In ganz Südamerika hatten wir bisher k(l)eine Probleme mit unserem Gepäck (2 Backpacks, 2 kleinere Rucksäcke und Roberto's Surfbrett); und das war das Letzte, an was wir überhaupt hätten denken können. Argentinien, das Land mit vielen Surfern, da sollten doch die Taxichauffeure ein bisschen mehr Kulanz zeigen. Der eine Angestellte, der die Türen für die Gäste in die entsprechenden Taxis höflich öffnete, machte auch überhaupt keine Anstalten uns in irgendeiner Weise helfen zu wollen. So habe ich sogar noch mitbekommen, wie er einem Taxichauffeur zugesprochen hat, ob er uns wirklich mitnehmen wolle, wir hätten doch zu viel Gepäck dabei …

Wir wurden darauf hingewiesen dass wir doch einen Combi-Fahrer weiter vorne an der Strasse fragen sollen, ob er uns ins Hostel fahren würde. So trottelte Roberto dort hin und arrangierte einen Transport für uns und unser GepäckJ. Selbstverständlich wurden wir was den Fahrtpreis anbetrifft über den Tisch gehauen. Aber wir waren schlussendlich auf den Combi angewiesen. Hätten wir gewusst, dass das von uns im Voraus ausgesuchte Hostel in der Nähe des Busterminals liegt, wären wir von Anfang an zu Fuss gegangen und hätten uns die Unannehmlichkeiten und Schikanen ersparen können.

Ein toller erster Eindruck von Argentinien kann man wohl behauptenJ.

Da wir uns nicht im Voraus gross über Übernachtungsmöglichkeiten in Mendoza gekümmert hatten, sind wir einer Empfehlung des Lonley Planets gefolgt und sind spontan im Hostel Lao, Calle Rioja, vorbei mit dem Combi, um die aktuelle Preislage und Verfügbarkeit eines Zimmers anzufragen. Die Señorita, die in diesem Hostel arbeitet war bzw. ist sehr hilfsbereit und höflich. Leider gab es keine freien Doppelzimmer mehr; sie bot uns im Gegensatz je eine Schlafmöglichkeit in einem Dormitorio (6-Betten-Zimmer) für je $ 10.00 USD an. Da wir von der Reise ziemlich erschöpft waren und keine Lust hatten andere Hostels anzufragen, haben wir dem Angebot zugesagt. Wir mussten somit das erste Mal in einem 6-Betten-Zimmer übernachten, bzw. getrennt schlafen.

Nach dem unkomplizierten Einchecken gingen wir zu Fuss auf eine kurze Stadtbesichtung. Und das war zugleich unsere einzige Wanderung durch die Stadt Mendoza in den 2 ½ Tagen, welche wir dort verbracht haben. Wir wollten einfach ein bisschen relaxen und das Hostel hat dem sehr viel beigetragen. Das Hostel Lao wurde übrigens im Februar 2007 zu einem der besten Hostels von http://www.hostelworld.com/ gekürt. Es ist sehr sauber, bietet Internetzugang sowie Wifi-Verbindung, sehr nette Mitarbeiter, gratis Malbec Wein an bestimmten Wochentagen, ein nettes Gärtchen mit Hängematten, ein superkleines Swimmingpool im Garten, einen TV-Room und das bisher wahrscheinlich beste Frühstück (es wird von Brot, Süssgebäck bis hin zu Früchten alles aufgetischt und man kann sich frei bedienen).

Die erste Nacht im Dormitorio war ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Man muss sich nämlich an die Geräusche anderer gewöhnen, wie zum Beispiel dem Schnarchen seines Nachbarns. Natürlich hatten wir das Glück einen Marathon-Schnarcher im Zimmer zu haben, dem ich am liebsten das Kissen ins Gesicht gedrückt hätte. Er hat mich auf jeden Fall die Nacht hinüber wach gehalten. Im Zimmer befanden sich ausser uns noch ein Pärchen aus England, Pia aus Chile und eben dem komischen Schnarcher aus den USA (welcher an jenem Tag an der Weintour teilgenommen hatte und es nicht mehr geschafft hatte, den Hahn abzudrehen). Pia ist wegen eines Konzertes nach Mendoza aus Santiago de Chile gekommen und gemäss Ihren Aussagen auch wegen den Buchhandelgeschäften in Argentinien. Sie ist aber am nächsten Tag leider schon in ein anderes Hotel verschwunden und ist extra nochmals ins Hostel zurückkehrt, um sich von uns zu verabschieden. Das war echt super nett von ihr.

Unseren 2. Tag und 3. Tag verbrachten wir mehr oder weniger im Hostel selbst und haben die Sonne im Gärtchen (Roberto den Swimmingpool) mit all den anderen Gästen genossen. Es waren unter anderem einige Backpacker-Partyleute aus Manchester und Neuseeland (sie waren gerade aus Brasilien gekommen und die Stories von den Parties, die sie erzählten, glichen in etwa den Szenen im Film Turistas) im Hostel, die sich ebenfalls an der Sonne bräunten und ein Bier nach dem anderen hinunterbecherten.

Ein komischer Kauz stoss dann am zweiten Tag auch noch zu uns ins Hostel. Sein Name ist mir dummerweise entfallen, aber seine Geschichte nicht: Der Typ, ein Engländer, ist mit seinem Yamaha Motorrad von Alaska bis nach Argentinien gefahren und plant noch bis nach Ushuaia, dem südlichsten Punkt der Panamericana und des amerikanischen Kontinents zu fahren. Er hat länger mit Roberto gesprochen, da er eine Route in Afrika suchte. Er will nämlich danach zurück nach Buenos Aires fahren, mit einem Frachtschiff nach Cape Town tuckern und dann quer durch Afrika zurück nach England fahren. Er hat sich zwei Jahre Zeit genommen, etwas mehr als ein Jahr quer durch Amerika und dann den Rest noch durch Afrika. Da Roberto schon sehr viel in Afrika gereist ist, besprachen sie eine Route durch Namibia, Botswana, Zambia, Tanzania, Kongo, Camerun, Nigeria, Togo, Ghana, Mali, Senegal, Mauretanien und dann hoch bis nach Marokko. Er hat jedoch ein Problem, seine Maschine verliert sehr viel Öl und obwohl er sie schon zwei Mal komplett zerlegt hat, findet er den Defekt nicht. Leider gibt es in Südamerika nicht so viele Yamaha Vertretungen aber in Santiago de Chile gibt's eine. Dummerweise hat er ein weiteres Problem. Er ist einfach von Chile nach Argentinien gebraust, ohne einen Austrittsstempel für Chile zu holen und somit kann er nicht mehr ohne heftige Busse nach Chile reisen. Roberto und er nahmen dann noch die Chile-Argentinien Karte hervor und versuchten einen Weg über die Anden zu finden, wo es möglichst keinen oder einen kleinen Grenzübergang hat.

Mittagessen kann man sehr günstig in Mendoza. Für ca. CHF 3.50 bekommt man bereits ein Menü mit Dessert inkl. Getränk und wir haben sogar ein super Restaurant entdeckt, welches genau unserem Gusto entsprach. Es befindet sich direkt an der Hauptstrasse vom Hostel aus ins Busterminal an der linken Seite an einer Strassenecke. Am Fenster des Restaurants ist zusätzlich in grossen Buchstaben "Delivery" angeschrieben. Also unbedingt Mal auschecken, wenn Ihr mal in der Nähe sein solltetJ.

Wie schon in Chile, mussten wir in Argentinien einen neuen Adapter kaufen. Chile und Argentinien haben eigene Steckersysteme für den Strom und nicht wie der Rest Zentral- und Südamerikas das amerikanische Zweistecker-Plattsystem. Natürlich fanden wir das erst heraus, als wir gegen Abend den Laptop in Betrieb nehmen wollten. Roberto lief rund ein Dutzend Blocks, um dann in einem Viertel eine Ferreteria ("Eisenwarenhändler") zu finden, welche a) noch geöffnet hatte und b) Steckerkonverter anbot. Die Leute in diesem Laden waren die ersten Argentinier, welche freundlich und offenherzig im Sinne vom restlichen Südamerika waren. Wir waren nämlich seit unserer Ankunft in Argentinien etwas überrascht von der Reserviertheit und dem kühl-kalkulierten Europa-ismus. Aber im Zuge unseres weiteren Argentinienaufenthaltes stossen wir vermehrt auf unglaublich lustige und angenehme argentinische Zeitgenossen. Roberto kam fast nicht mehr aus dem Geschäft heraus, denn die Inhaberin wollte ihm unbedingt ein Haus im Norden Argentiniens als Ferienwohnung anbieten und erzählte von der Schönheit ihres Landes. Stolz sind fast alle Argentinier auf die Schönheit ihres grossen Landes, inklusive der Strände, aus welche wir in einem separaten Artikel zurückkehren werden. Nach langem Erzählen und Familiengeschichte konnte Roberto die Stecker erwerben. Ungeschickterweise hatten die Leute keinen Adapter mehr vom argentinischen System aufs europäische System und so musste er drei verschiedene Adapter kaufen, welche wir dann wie Lego Bausteine zusammensetzten, um Zugang zum benötigten Strom zu gewährleisten. Da es mittlerweile dunkel geworden war, fand Roberto den Rückweg nicht mehr so direkt und irrte noch ein Weilchen in Mendoza herum, bis er dann wieder auf eine Strasse traf, die er dem Namen nach kannte. Ich war erleichtert, als Roberto heil und mit den Steckern wieder im Hostel Lao eintraf.

Wie gesagt, blieben wir drei Tage in Mendoza und vielleicht zur Entrüstung einiger Weinliebhaber unserer Leser haben wir keine der vielen Weintouren durch das Paradies des Malbec und des Chardonnay gemacht. Wir sind keine grossen Weintrinker und die teuren Touren wurden alle per Fahrrad durchgeführt, was oftmals etwas heikel enden könnte. Nach diesen drei Tagen hatten wir mehr als genug von Mendoza, einer Stadt, welche wir nicht zu unseren Favoriten zählen würden; sehr zur Enttäuschung vieler Argentinier und Europäer, welche Mendoza als das Nonplusultra sehen. Eigentlich wollten wir noch nach Salta im Norden und Cordoba fahren, aber Roberto hatte zu sehr Fernweh nach dem Meer und dem Surfen. Also kauften wir kurzerhand ein Busticket nach Buenos Aires mit der Flecha Busgesellschaft.

Die Fahrt würde 14 Stunden dauern und hey, der Lonely Planet und alle Südamerika Reisenden schwärmten ja so von den Busfahrten in Argentinien, welche in höchster Qualität und zur höchsten Zufriedenheit des Kunden durchgeführt werden. Irgendwie bewahrheitete sich dieser Mythos nicht wirklich: Wir standen also rechtzeitig parat im Busterminal von Mendoza und warteten und warteten, geduldig wie wir es uns gewohnt sind, auf den Bus. Knapp eine Stunde später wendete unser Bus in das Terminal und wir luden unser Gepäck ein. Was noch verwirrend sein kann, wenn man sich in Buenos Aires nicht auskennt und das erste Mal da hin fährt: das Busterminal in Buenos Aires heisst Retiro und so nennen es die Buschauffeure auch. Wir fuhren los, luden unterwegs an zwei/drei Stellen Leute auf (so viel zum Thema direkt, welches wir schon in früheren Artikeln über Busfahrten in Südamerika erwähnten), und nach gut drei Stunden blieb der Bus mit einem irreparablen Schaden auf einer Autostrasse stehen. Die Chauffeure telefonierten anderen Buskompanien, welche nach Buenos Aires fuhren und baten um Hilfe. Die bestand darin, dass wir ohne grössere Komplikationen in vorbeifahrende Busse einsteigen und mitfahren konnten. Das Unschöne an der ganzen Sache war aber, dass der Bus, in welchen wir mitfuhren um ein Vielfaches unbequemer (wir hatten ja den Preis für Semi-Cama bezahlt) war und erst noch an unterschiedlichsten Orten auf dem Weg nach Buenos Aires hielt und die Fahrt sich dadurch um drei bis vier Stunden verlängerte. Wir kamen nach 17 Stunden um 11 Uhr morgens in Buenos Aires müde und erschöpft an. Mit uns gefahren waren auch noch ein Vater mit seinem am Down-Syndrom erkrankten Sohn aus Mendoza, welche eine Pferdefarm besitzen und extra für ein Pferderennen nach Buenos Aires fuhren. Für den Sohn war dies das erste Mal an einem Pferderennen.

Für die ungeduldigen unter Euch sind hier die Bilder: