Samstag, 1. September 2007

Kolumbien Medellin

Nach den Strapazen in Capurgana und einem angenehmen Flug landeten wir etwas erschöpft in Medellin. Leider konnte Roberto immer noch nur Barfuss gehen, da der Fuss ins Unermessliche angeschwollen war von der Entzündung. Die Leute in Medellin scheinen im Durchschnitt sehr gebildet und immer sehr adrett gekleidet zu sein und deshalb fielen wir sofort auf: Barfuss mit zwei Surfbrettern unter dem Arm und riesen Backpacks auf dem Rücken. Was wir jedoch am wenigsten erwarteten war die unglaubliche Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit der Leute in Medellin. Diese Stadt ist für uns ein Paradebeispiel dieser Tugenden, welche man quer durch alle sozialen Schichten wieder findet. Wir erwähnen hier in diesem Bericht nur einige der Highlights unserer Erfahrungen mit den unglaublich netten Leuten in Kolumbien.

Eigentlich wollten wir gar keine Werbung für Kolumbien machen, denn wir sehen ja, was zu viel Tourismus in Ländern wie Costa Rica angerichtet hat. Am liebsten würden wir hier schreiben, dass Kolumbien das gefährlichste Land zum Reisen überhaupt ist, damit nicht zu viele Touristen diese Schönheit kaputt machen können, aber es wäre einfach eine glatte Lüge. Das Land ist mittlerweilen (im Jahre 2007) so sicher und fortschrittlich, wie vermutlich kein anderes Land in Südamerika (ausser Chile und Argentinien vielleicht). Die Leute hier haben es satt, unter der ständigen Repression und den Embargos zu leben. Sie schreien förmlich nach Änderungen und diese werden in Zukunft in der großen Masse stattfinden, Dank gebührt hier vielleicht auch dem unermüdlichen und tapferen Präsidenten Kolumbiens, Alfaro Uribe, welcher schon sieben Attacken überlebt hat und weiterhin versucht das Land sozial aus der Misere und der Korruption zu führen. Die Geschichte Kolumbiens ist vielseitig, komplex, blutig und geprägt von Korruption, Terrorismus und Willkürlichkeit.

Zurück zum Flughafen in Medellin. In Kolumbien wird jedes Problem eines Touristen auf möglichst unkomplizierteste Weise und immer zu Gunsten des Touristen gelöst. Ein "geht nicht" gibt's nicht, der Tourist wird in Kolumbien hoch angesehen und dementsprechend gut behandelt. Dasselbe gilt leider überhaupt nicht für die lokale Bevölkerung (Beispiel: Pass oder Visum für Kolumbianer) und es dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Diskrepanz der Behandlung auf Unmut in der Bevölkerung stossen wird. In unserem Falle ging es darum, ein Taxi in die Stadt zu organisieren. Das Problem war jedoch, dass uns keiner mitnehmen wollte; alle sagten, dass sie den Ort nicht kennen würden oder fuhren einfach an uns vorbei. Kein Wunder, so wie wir aussahen und vor allem die Surfbretter bereiteten den Taxifahrern Kopfschmerzen. Diesen Umstand sahen auch ein paar Polizisten, welche für Recht und Ordnung am Flughafen sorgten und fragten uns, was denn genau das Problem sei. Wir erklärten ihnen, dass uns kein Taxi mit in die Stadt nehmen wollte. Das fanden die gar nicht lustig und stoppten kurzerhand ein Taxi, erklärten dem Taxichauffeur kurz und bündig, dass er uns jetzt sofort und ohne Widerrede mitzunehmen hätte und halfen uns unser Gepäck und die Surfbretter in das Vehikel zu verfrachten. Der Taxifahrer wollte sich wehren, aber die Polizisten stellten ihn in den Senkel und so musste er uns wohl oder übel zu einem optimalen Preis und mit den Surfbrettern mitnehmen. Die Polizisten fragten uns noch, ob wir weitere Hilfe benötigten und liessen uns erst los fahren, nachdem sie sich vergewissert hatten, dass der Taxifahrer genaustens wusste, wohin er uns bringen sollte. Eine unglaublich angenehme Erfahrung!

In der Stadt angekommen, mussten wir zuerst das Hotel Goméz Cordoba ausfindig machen und das war wirklich nicht so einfach. Da die meisten Gäste, welche sich einen Flug nach Medellin leisten können auch dementsprechend logieren, kannte der Taxifahrer das Hotel nicht. Zusammen mit der Stadtkarte von Medellin im Lonely Planet und ehrgeizigen Nachfragen fanden wir es dann doch noch. Das Hotel ist einfach, (noch) kostengünstig, sehr zentral, sicher und die Angestellten sind überaus freundlich und hilfsbereit, sprechen jedoch kein Englisch.

Es war noch witzig barfuss mit zwei Surfbrettern unter dem Arm im seichten Regen durch die Hauptstrassen von Medellin zu spazieren; die Leute schienen das in der Stadt noch nie gesehen zu haben und amüsierten sich köstlich ab uns Touristen. Was uns Richtung Hoteleingang schon auffiel, war die Ordentlichkeit und Relaxtheit, welche diese Stadt und ihre Menschen ausstrahlten. Niemand fluchte, niemand belästigte einen, alles ging geschäftig-tüchtig seinen Weg; ja sogar die Strassenköter schienen figurativ eine Krawatte zu tragen.

Wir machten uns nach dem Einchecken sofort auf den Weg, um einen Happen zu futtern und fanden den wohl absolut genialsten Burgerladen in der Stadt: XXX. Die Hamburger waren preiswert, von unglaublicher Qualität und Geschmack, und man konnte von einem grossen Angebot von Zutaten zur Bereicherung des Mahls auf dem Tisch profitieren. Danach erkundigten wir die Stadt und waren überaus überrascht von der Metro. Wir haben ja schon viele Metros gesehen in dieser Welt, aber das war schon etwas Einzigartiges: Topmodern aufgebaut und alles rollstuhlgängig ausgelegt! Zudem fanden wir zu unserem Glück ein neu-eröffnetes Internetkaffee mit einem super geschäftstüchtigen und freundlichen Inhaber namens XXX. Wir redeten kurz mit ihm und fühlten uns sogleich sehr willkommen. Er interessierte sich unglaublich für die Schweiz und unsere Reise und erzählte uns von seiner Frau und seinem Sohn, der Geschichte Kolumbiens und anderen Dingen. Es war Zeit schlafen zu gehen und wir konnten es nicht erwarten am nächsten Tag mehr von der Stadt zu sehen.

Am darauf folgenden Tag standen wir schon sehr früh auf der Matte und gingen in die sagenhafte Bäckerei, welche sich 5 Meter rechts (vom Hotel innen aus gesehen) neben dem Eingang befindet. Dort kriegt man die schmackhaftesten Croissants, natur oder mit Käse gefüllt, Empanadas und allerlei Backwaren, sehr gute Fruchtsäfte und guten Kaffee. Die Bedienung, wie auch nicht anders zu erwarten, freundlich und interessiert.

Wir gingen direkt ins Internetkaffee und verbrachten auch glatt einen halben Tag darin, um alle Fotos hochzuladen und unsere Pendenzen zu erledigen. Zudem erklärte sich XXX bereit, mit seiner Frau Catalina uns noch ein wenig die Stadt zu zeigen und gab uns ein paar Empfehlungen für gute und preiswerte Restaurants. Wir trafen uns später am Nachmittag und die beiden zeigten uns das Zentrum von Medellin. Es ist eine faszinierende und lebhafte Stadt, voll mit Kunst und Kultur, situiert in einem Talkessel mit sehr mildem und gesundem Klima (im Schnitt das ganze Jahr hindurch in etwa 20°-25° Celsius).

Am Abend gingen wir noch ins Kino und guckten uns den Bourne Ultimatum Film an und schon wieder war ein Tag in dieser schönen Stadt vorüber. Jedoch konnten wir (oder besser gesagt die Spielernatur Sebnem) nicht lassen, noch kurz einen Abstecher in eines der unzähligen Spielkasinos zu machen. Wir wurden sofort mit Gratisgetränken beschenkt und fingen an zu spielen, Automatenpoker natürlich, etwas was Sebnem scheinbar in den Bann gezogen hat. Es ist ja noch nicht so weit, dass wir sie therapeutisch behandeln lassen müssen, aber die Tendenzen zeigen in diese Richtung J. Es ist sehr lustig Sebnem beim Spielen zuzuschauen, sie ist super konzentriert und nicht mehr ansprechbar, aber scheint ungeheuer Spass daran zu haben. Das Gute an Sebnem ist natürlich, dass sie auf keinen Fall viel Geld verspielen würde, dafür hat sie zu hart für die Reise gespart. Kurz nachdem wir uns entschieden, schlafen zu gehen, wollte Sebnem noch, dass Roberto Blackjack am Tisch spielen geht. Leider war er schon müde, verstand die Dame nicht richtig und der Einsatz war auch so hoch, dass er nur zwei Mal verlieren konnte, bevor alles Geld weg war; das war dann so ungefähr 2 Minuten nachdem er sich an den Tisch gesetzt hatte der Fall.

Am nächsten Tag kauften wir uns ein Busticket für die 17 Stunden Fahrt nach Cartagena (Kostenpunkt $35 USD pro Person) und entschieden uns noch etwas mehr mit der Metro zu fahren. Wir fuhren ein Weilchen und stiegen dann im ehemaligen Comune 13 Stadtviertel um auf die Seilbahn, welche uns bis auf den obersten Punkt des Hügels brachte. Von dort aus hat man einen wunderschönen Überblick auf die Stadt Medellin. Wir besuchten die moderne Bibliothek und liefen dann durch die etwas gefährlich-scheinenden Gassen des Stadtviertels "Commune 13" hinunter. Im Nachhinein (Roberto kaufte sich ein Buch der interessanten Geschichte dieses Stadtviertels, "Comune 13: chronica de una guerra urbana") stellte sich heraus, dass es wirklich nicht empfehlenswert ist, diese Gassen als Tourist hinunterzulaufen.

Wie waren erleichtert, heil wieder in der Metro Richtung Stadt zu fahren, um unser Gepäck zu holen um Richtung Busterminal Süd zu fahren. Hier stellte sich ein erneutes Problem. Da wir schon schlechte Erfahrungen mit den Taxifahrern hatten und uns die Metro gut gefiel, entschieden wir uns mit der Metro zu fahren. Dummerweise erlauben die Behörden keinen Transport von grösseren Gegenständen in der Metro (wahrscheinlich, um potentiellen Anschlägen vorzubeugen) und wir wurden abrupt von unserem Vorhaben gestoppt. Der verantwortliche Metroleiter der Haltestation liess uns nicht mit unseren Backpacks und den Surfbrettern passieren. Roberto diskutierte und diskutierte und erklärte ihm die Sachlage. Alsbald stiessen zwei weitere nette und hilfsbereite Kolumbianer zum Gespräch und halfen ihm, den Stationsleiter davon zu überzeugen, hier eine kleine Ausnahme zu machen. Es ging so lange hin und her, bis er erfuhr, dass wir Touristen waren (er dachte Roberto wäre aus Brasilien; man hätte damals eigentlich schon beim ersten Satz auf Spanisch von Roberto herausfinden können, dass dies nicht der Fall war). Das änderte die Situation augenblicklich und der Stationsleiter war wir ein umgedrehter Handschuh. Er erklärte uns, dass er dieses Mal eine Ausnahme machen und uns erlauben würde unser Gepäck inklusive Surfbretter in der Metro zu transportieren. Er wollte uns sogar unbedingt begleiten, um sicher zu stellen, dass wir nicht an der Endstation auf Probleme geraten würden, jedoch unter der Bedingung, dass wir seinem Vorgesetzten nichts erzählen würden und dass wir etwas über Medellin und die freundlichen Metromitarbeiter schreiben würden. Deal! So fuhren wir mit der Metro, dem Gepäck und den Surfbrettern unter Aufsicht des Stationsleiters und den von unserem "Sieg" begeisterten mitfahrenden Leuten zum Busterminal. Wir verabschiedeten uns freundlich und gingen unserer Wege.

Wie es sich später herausstellte, war dies nicht der letzte Besuch in Medellin. Nach dem Besuch von Cartagena/Taganga entschieden wir uns abermals in diese für uns traumhafte Stadt zurückzukehren. Hier noch die Fotos von diesen vergangenen Tagen: